Grafschafter Bürgerinitiative veranstaltete Informationsabend

Bürger wollen Güllesee verhindern

Rund 500 Bürger informierten sich zu dem geplanten Vorhaben zwischen Gelsdorf, Vettelhoven und Eckendorf

Bürger wollen Güllesee verhindern

Reinhold Hermann (stehend), der Sprecher der Bürgerinitiative, erläuterte zusammen mit seinem Mitstreitern (v. l.) Engelbert Mohr, Reiner Wolf, Ulrich Radzey, Bauernverbands-Präsident Hans Boes und Holger Bäsel, welche Gefahren von dem geplanten Güllesee ausgehen könnten.Foto: VJ

07.10.2013 - 16:00

Gelsdorf. „Ich bin selbst überrascht, dass dieses Thema so viele Leute auf der Grafschaft bewegt, ich hätte niemals mit einem so großen Zuspruch gerechnet.“ Selbst Reinhold Hermann, der Vorsitzende der „Bürgerinitiative gegen industrielles Güllelager und Massentierhaltung in Wohnortnähe“ (BI), war verblüfft, dass rund 500 Bürger seiner Einladung gefolgt waren zu einer Bürgerversammlung, die nur ein Thema hatte: das geplante Güllebecken, das ein Gelsdorfer Landwirt auf einem Acker in der Nähe des Höhenhofes zwischen Gelsdorf und Vettelhoven bauen will.

Viele Fragen gab es an diesem Abend, doch nur wenige Antworten. Denn der Antragsteller, Landwirt Theo Münch aus Gelsdorf, blieb der Veranstaltung fern, ebenso die eingeladenen Vertreter von Kreis und Gemeindeverwaltung. Lediglich Hans Boes, der Vorsitzende des Kreisbauern- und Winzerverbands, traute sich in die „Höhle des Löwen“, wie er angesichts der anwesenden Menschenmenge mutmaßte.


„Nicht ans Kreuz nageln“


Dabei waren allerdings nicht alle Anwesenden grundsätzlich gegen das geplante Güllebecken, viele wollten sich einfach nur einmal über den Stand der Dinge informieren und sich dann eine Meinung bilden. Es wurde sogar davor gewarnt, den Landwirt öffentlich „ans Kreuz zu nageln“ und dazu geraten, lieber das Gespräch mit ihm zu suchen, um vielleicht eine Kompromisslösung zu finden, mit der alle leben könnten. Doch die Mehrzahl derjenigen, die zu Wort kamen, machten aus ihrer Abneigung gegen das Projekt kein Hehl: „Das stinkt uns, wir wollen das einfach nicht!“

So ähnlich drückte es auch Hermann aus, der es mit einer unaufgeregten Veranstaltungsleitung schaffte, trotz aller spürbaren Ängste und Emotionen eine relativ sachliche Atmosphäre bis zum Schluss durchzuhalten. „Wir wollen kein kleineres Becken, und wir wollen auch kein abgedecktes Becken - wir wollen einfach gar keinen Güllesee auf der Grafschaft“, machte der BI-Sprecher deutlich. Dabei gehe es nicht einmal in erster Linie um den befürchteten Gestank, der von der „Fäkaliengrube“ ausgehe, sondern um die umweltschädlichen und gesundheitsgefährdenden Inhaltsstoffe der Jauche, die dort gelagert werden soll.


Gefahren aus dem offenen Güllelager


Holger Bäsel von der BI hatte sich über diese eingehend informiert und berichtete dem staunenden Publikum über seine Erkenntnisse. „Wir sind nicht landwirtschaftsfeindlich, wollen aber doch wissen, welche Gefahren von einem offenen Güllelager ausgehen“, begründete er die Skepsis der BI. Herausgekommen sei, dass der „Ozonkiller“ Methangas ebenso austrete wie Lachgas oder Schwefelwasserstoff, der nicht nur nach faulen Eiern rieche, sondern zudem sehr giftig und dazu noch leicht entzündlich sei. EHEC-Erreger, Botulismus-Erreger und Nitrat gehörten ebenfalls dazu. Nicht zuletzt werde auch Ammoniak freigesetzt, der zu den giftigen und gesundheitsgefährdenden Inhaltsstoffen zählt. „Allerdings will ich auch keine Ängste schüren, denn wir wissen noch nicht, wie schnell sich das verflüchtigt und in welchem Umkreis das gefährlich bleibt“, ergänzte er.

„Wie werden unsere heimischen Bienen mit dem Ammoniak fertig?“, fragte Hermann angesichts der Tatsache, dass man hier in einer Obstbaugegend lebe, die auf die Befruchtung der Pflanzen durch Bienen angewiesen sei. Der BI-Vorsitzende machte aber auch deutlich, dass das Gülleproblem weitaus größer sei als die landläufige Geruchsbelastung, „da steckt ein viel größeres Gefahrenpotenzial dahinter.“


Ursache von Problemkeimen?


Das bestätigte der Anästhesist Dr. Gregor Rehatschek aus Vettelhoven, der in der Intensivstation der Bonner Uniklinik arbeitet und sich Tag für Tag mit „Problemkeimen“ beschäftigt. „Die Gülle von vor 40 Jahren ist nicht mehr die Gülle von heute“, wusste er. Sie werde ganz anders erzeugt, und er habe täglich mit Patienten zu tun, die todkrank seien aufgrund von diversen Problemkeimen. Es werde zwar vehement ein Zusammenhang mit der Gülle bestritten, die heute ausgebracht werde, und es sei auch nichts bewiesen. Doch es sei in jüngster Zeit immer wieder der Verdacht aufgekommen, dass diese Problemkeime ursächlich mit der Ausbildung von Gülle zusammenhingen. Es sei also nicht sicher ausgeschlossen, dass die Problemkeime aus Güllelagern stammten, deshalb könne er es nicht verantworten, diesem Projekt zuzustimmen. Gemutmaßt wurde auch von mehreren Bürgern, dass Landwirt Münch die 5000 Kubikmeter Gülle nicht nur für sein eigenes Land benötige, sondern darüber hinaus die 35 mal 40 Meter große „Güllelagune“ als industrielles Güllelager nutzen und die stinkende Jauche an die Landwirte in der Umgebung weiterverkaufen wolle. „Wir haben nichts dagegen, dass jemand Geld verdienen will - aber nicht zu Lasten aller anderen Bürger“, so Heilpraktiker Rolf Löltgen aus Eckendorf. Das ganze Projekt mit seinen fünf Millionen Litern Fassungsvermögen sei ohnehin „eine Nummer zu groß“ und wirke sich dramatisch negativ auf die Lebensqualität und auch auf die Immobilienpreise in der Grafschaft aus. Auch für den guten Ruf von Gelsdorf, der sich dank der überaus erfolgreichen „Tage der offenen Höfe“ in den letzten Jahren sehr verbessert habe, sei das Vorhaben alles andere als förderlich, so Hermann.


Gutachten verneint Geruchsbelästigung


Marion Hertel aus Gelsdorf und andere fragten sich allerdings auch, warum niemand vorab das Gespräch mit Landwirt Münch gesucht habe, um vielleicht nach einer Kompromisslösung zu suchen. „Ich bin hingegangen und habe mit seiner Tochter geredet“, berichtete sie. Demnach sei die Familie Münch wohl bereit, die „Güllelagune“ auch abzudecken, was die Belastungen erheblich verringere. Weiter merkte Ingrid Meumerzheim an, dass Münch bei der Ortsbeiratssitzung zwei Tage zuvor die Sache öffentlich vorgestellt habe, leider vor wenig Publikum. Dabei habe er auch das „Geruchsgutachten“ vorgelesen, das er für sein Vorhaben erstellen lassen musste. Demnach gehe von dem Güllelager keine relevante Geruchsbelästigung aus, zumal der Abstand zur Wohnbebauung von Gelsdorf, Eckendorf und Vettelhoven mit 850 bis 1000 Metern doch recht groß sei und der „Duft“ bis dahin „verfliege“.

Während der Veranstaltung legte die BI eine Unterschriftenliste aus, auf der sich alle eintragen konnten, die gegen das Projekt sind. Diese Unterschriftenliste will man der Kreisverwaltung überreichen mit der dringenden Bitte, das Projekt nicht zu genehmigen, so Hermann. „Wir wissen aber, dass es rechtlich wahrscheinlich gar nicht möglich ist, das zu verhindern.“ Deshalb müsse man den Protest recht breit streuen und auch andere Verfahrensschritte prüfen, wahrscheinlich werde man den Rechtsweg einschlagen. Auch über das Erstellen eines Gegengutachtens werde nachgedacht.


Das ganze Projekt noch einmal überdenken


Hermann betonte aber auch, dass man nicht auf Landwirt Theo Münch persönlich „einprügeln“ wolle, sondern sich lediglich gegen das Projekt als solches wende. „Denn wenn das hier genehmigt wird, kann das möglicherweise auch in Bölingen, Esch oder Eckendorf Nachahmer finden“, befürchtet er. Und das könne doch niemand wollen. Am Schluss räumte auch Bauernpräsident Boes ein, dass der Antragsteller angesichts der unerwartet großen Gegenbewegung lieber noch einmal über das ganze Projekt nachdenken solle.

Artikel bewerten

rating rating rating rating rating
Kommentare können für diesen Artikel nicht mehr erfasst werden.
Stellenmarkt
Weitere Berichte

Geldautomatensprengungen in Andernach und Montabaur

Polizei schnappt Automatensprenger: 20-Jähriger erbeutete mehrere hunderttausend Euro

Region. Nach einer Serie von Geldautomatensprengungen führten die Staatsanwaltschaft und die Polizei Köln am Morgen des 24. April Durchsuchungen in mehreren Privatwohnungen und Büros in Köln, Rheinbach und Heimerzheim sowie in einer Justizvollzugsanstalt in Nordrhein-Westfalen durch. Die umfangreichen Ermittlungen konzentrierten sich auf einen 20-jährigen Mann, der seit Februar 2024 in Haft ist und eine Strafe für ein Raubdelikt verbüßt. mehr...

Angeklagte sollen Frau schwer misshandelt, zur Prostitution gezwungen und getötet haben

Nach Mord im Koblenzer Rotlichtmilieu: Anklage gegen zwei Personen erhoben

Koblenz. Wie die Staatsanwaltschaft Koblenz mitteilt, wurde nach dem Tötungsdelikt im Koblenzer Rotlichtmilieu vergangenen November nun Anklage gegen eine 40-jährige Frau und einen 48 Jahre alten Mann (beide bulgarischer Nationalität) erhoben. Den beiden Beschuldigten wird zur Last gelegt, eine mit ihnen zusammenlebende 31-jährige Bulgarin grausam und aus niedrigen Beweggründen getötet zu haben.... mehr...

Regional+
 

Hartenfelser Fahne am Schmanddippen

Hartenfels. Seit Kürzem weht wieder eine neue Fahne am Schmanddippen. Die alte hatte nach knapp über einem Jahr doch deutlich „Federn gelassen“. Ebenso ist auch die Beleuchtung des Burgturms wieder vollständig. mehr...

Jugend- und Kulturzentrum „Zweite Heimat“

„Simply the Bätz - Alles gut ist auch scheiße“

Höhr-Grenzhausen. Mittlerweile ist St. Pauli sein zu Hause und auch seinen Platz in der deutschen Comedy- und Musiklandschaft hat Bätz endlich gefunden. Doch wenn er von seiner Suche, den Sackgassen Und Irrwegen berichtet, die ihn aus einem kleinen Eifeldorf in seine neue Heimat gebracht haben, dann provoziert das bei den Zuschauer*innen ungenierte Lachanfälle sowie ertapptes Schmunzeln. Ausgerüstet... mehr...

Anzeige
 
Sie müssen angemeldet sein, um einen Leserbeitrag erstellen zu können.
Weitere Berichte
Pkw prallte mit großer Wucht gegen einen Baum

Hubschraubereinsatz bei schwerem Verkehrsunfall auf der B 478 zwischen den Ortschaften Ruppichteroth Ahe und Harth

Pkw prallte mit großer Wucht gegen einen Baum

Ruppichteroth. Am Donnerstagnachmittag, 25. April 2024 um 16.20 Uhr wurde der Leitstelle der Polizei durch die Rettungsleitstelle des Rhein-Sieg-Kreises ein Verkehrsunfall mit verletzten Personen auf der B 478 zwischen den Ortschaften Ruppichteroth Ahe und Harth gemeldet. mehr...

Mehrere Drogenfahrer entlarvt

Abendliche Verkehrskontrollen der Polizei Montabaur führen zu Vielzahl an Verfahren

Mehrere Drogenfahrer entlarvt

Siershahn/Höhr-Grenzhausen. Am Donnerstag, 25. April 2024 führte die Polizei Montabaur erneut Verkehrskontrollen hinsichtlich der Verkehrstüchtigkeit von Fahrzeugführern durch. In der Zeit von 17:30 r bis 20:30 Uhr wurden in der Bunzlauer Straße in Siershahn mehrere Fahrzeugführer kontrolliert. mehr...

Knapp 30 Einsatzkräfte vor Ort

Feuerwehreinsatz wegen Gasgeruchs in Bonner Mehrfamilienhaus

Knapp 30 Einsatzkräfte vor Ort

Bonn-Mehlem. Am Donnerstagabend, 25. April 2024 meldeten Bewohner eines Mehrfamilienhauses in der Brundhildstraße in Bonn-Mehlem eine starke Geruchsbelästigung durch einen vermuteten Gasaustritt im Keller ihres Hauses. mehr...

FWG Andernach e.V. lädt ein

Infostände am 4. und 11. Mai

Andernach. Die Freie Wählergruppe Andernach e.V. (FWG) lädt die Bürgerinnen und Bürger von Andernach zu ihren Infoständen ein. Diese finden am 4. und 11. Mai am Historischen Rathaus in Andernach statt. mehr...

10 Themen für 10 Kandidierende

Ortsbeirat Bad Neuenahr

10 Themen für 10 Kandidierende

Kreisstadt Mit zehn Bewerberinnen und Bewerbern treten die Grünen in Bad Neuenahr zur Wahl des Ortsbeirats im Stadtteil Bad Neuenahr an. Ganz vorne kandidiert Ute Reuland, die bereits seit Jahren als ehrenamtliche Beigeordnete in der Stadt aktiv ist. mehr...

SC Sinzig steht im Pokalfinale

SC Sinzig steht im Pokalfinale

Sinzig. Es ist vollbracht: Der SC Rhein-Ahr Sinzig steht nach einem dramatischen 2:1-Sieg gegen die SG Dernau im Finale des Kreispokals. Für die Sinziger Treffer in einem hochspannenden Duell sorgten Daniel Schäfer und Frederic Kunik. mehr...

SRC Heimbach-Weis 2000

Viele Mitmachaktionen

Neuwied/Heimbach-Weis. Die Landesregierung, der Landessportbund Rheinland-Pfalz und die Sportbünde Pfalz, Rheinhessen und Rheinland haben im Rahmen einer neuen gemeinsamen Kampagne „Vereint in Bewegung... mehr...

LESETIPPS
GelesenNeueste
Kommentare
A.Kurth:
Naja -wenn jetzt diese schweren Missstände festgestellt worden sind ,ist die Entscheidung schon richtig Regelmäßige Vorkontrollen hatte ich besser gefunden ,im die Situation eventuell mit Hilfe Dritter abzustellen....
Diana weinend :
Ich finde das nicht okay weil Hunde sind auch Rudeltiere wie machen die das denn auf die Gnadenhöfe weltweit wo mehrere Tiere leben zueinander und untereinander gibt es auch mal Streitigkeiten okay man muss die auch dann die Hunde trennen können und derjenige der weiße ist der muss dann aus der Gruppe...
Monika Himmelberg :
Das Verwaltungsgericht wie auch das Oberverwaltungsgericht haben sich nicht die Mühe gemacht selbst zu recherchieren und sind auch nicht vor Ort gewesen. Seit 15 Jahren gab es keine Beanstandungen und erst jetzt, nach einer schmutzigen Hetzkampagne, wird Liane Olert auffällig? Recht haben und Recht...
Amir Samed :
HR Kühnert, auch Talkshow-Kevin genannt, ist allgemein bekannt für seine Forderungen nach Verstaatlichung. In seinem Weltbild ist es Diebstahl, wenn ein Mensch sein Leben lang hart arbeitet und sich zur Altersvorsorge ein Haus baut. Stattdessen sollte dieser sein hart verdientes Geld dem Staat überlassen,...
Ralph-Lothar Keller:
Wegen mir muss man in der Öffentlichkeit nicht kiffen dürfen. Wenn man das draußen tut, dann am Besten wo niemand ist. Wenn am Pavillon gerade niemand ist (sagen wir um Mitternacht), dann kann man da ja kiffen. Sonst würde ich es wo anders machen. Viel wichtiger ist, dass der Grenzwert angepasst wird....
Haftnotiz+
aktuelle Beilagen
Inhalt kann nicht geladen werden

 

Firma eintragen und Reichweite erhöhen!
Service