Gemeinderat Grafschaft macht den Weg frei

Künftige Goldbärenhöhlesoll Sogwirkung entfalten

Künftige Goldbärenhöhle
soll Sogwirkung entfalten

Wo derzeit noch Felder und Obstplantagen sind, soll schon im kommenden Jahr das neue Logistikzentrum des Süßwarenherstellers Haribo entstehen. Der Grafschafter Gemeinderat gab den Startschuss für den Bebauungsplan der Bauabschnitte fünf und sechs des Innovationspark Rheinland bei Ringen. VJ

Grafschaft. Es war ein deutliches Zeichen auch an die Adresse künftiger Investoren, vor allem aber für das Bonner Goldbärchen-Imperium, dass in der Gemeinde Grafschaft die Uhren schneller und investorenfreundlicher ticken als anderswo. Keine elf Tage, nachdem der Süßwarenhersteller Haribo seine Entscheidung bekannt gegeben hatte, zunächst sein Logistikzentrum und später auch noch einen Produktionsstandort im Innovationspark Rheinland zu errichten, ebnete der Grafschafter Gemeinderat diesem Vorhaben formal den Weg. In einer eilig einberufenen Sondersitzung brachte das Gremium einstimmig den Bebauungsplan für die künftige „Goldbärenhöhle“ auf den Weg.

„Wenn alles optimal läuft, dann können in sieben Monaten schon die ersten Bagger auf dem Haribo-Gelände im Innovationspark Rheinland anrollen“, erläuterte Fachbereichsleiter Klaus Becker. Doch als ersten Schritt müsse der Rat zunächst einmal den Aufstellungsbeschluss für den entsprechenden Bebauungsplan fassen. Betroffen seien die Bauabschnitte fünf und sechs des Innovationsparks Grafschaft, der sich im Westen an die Unternehmen Frutania, Taglieri und Schnitzler anschließe, etwa da, wo die Umleitungsstrecke jetzt den Knick mache. Das gesamte Gebiet umfasse 27 Hektar und soll als im Flächennutzungsplan festgesetztes Industriegebiet an die Belange von Haribo angepasst werden. Vor dem künftigen Werkstor des Goldbären-Produzenten soll es einen Kreisverkehr geben, während man die Innenerschließung dem künftigen Eigentümer überlassen möchte.

Gewerbesteuer fließt früher

„Jeden Monat, den wir früher mit unserem Part anfangen, sind wir früher fertig“, erläuterte Bürgermeister Achim Juchem. Entsprechend könne Haribo früher anfangen zu bauen, die ersten Beschäftigten nähmen früher die Arbeit auf - „aber das Wichtigste für die Gemeinde Grafschaft: Die Gewerbesteuer fließt früher“, so Juchem. Deshalb setze man alles daran, das Bebauungsplan-Verfahren so viel möglich in Gang zu setzen. Er freue sich sehr, dass auch der Rat voll und ganz mitziehe und sich kurz vor den Herbstferien zu einer außerplanmäßigen Sitzung bereit erklärt habe - dem Anlass entsprechend mit Gummibärchen als Tisch-Snack.

Nachdem das Gremium einstimmig den Startschuss gegeben hat, werde im Laufe des Verfahrens die Planung konkretisiert. Dabei werden auch die Bürger angehört, sowie die Träger öffentlicher Belange zu Wort kommen. Juchem zeigte sich zuversichtlich, dass binnen sieben Monaten die Baureife gegeben sei und die Baugenehmigung für die Erdarbeiten erteilt werden könne. Mit der Erteilung der kompletten Baugenehmigung für das Projekt, in das Haribo angeblich eine halbe Milliarde Euro investieren will, rechnet der Bürgermeister im Juli 2014.

Die Goldbären können kommen

„Die Goldbären können kommen“, rief Thomas Schaaf und sagte als Vorsitzender der CDU-Fraktion die volle Unterstützung zu. „Wir freuen uns über die Entscheidung von Haribo, bei uns in der Grafschaft zu siedeln.“ Der Innovationspark Rheinland könne bei ansiedlungswilligen Firmen insbesondere mit der guten Verkehrsanbindung sowie der räumlichen Nähe zu Mittel- und Oberzentren punkten. Die Haribo-Entscheidung bedeutet den Durchbruch für die zweite große Gewerbesiedlungsfläche in der Gemeinde Grafschaft nach dem etwa 45 Hektar großen Gewerbepark in Gelsdorf mit seinen etwa 1400 Arbeitsplätzen. „Mit der Ansiedlungsentscheidung von Haribo wird sich der Zuzug weiterer Firmen beschleunigen“, glaubt Schaaf. Das künftige Logistikzentrum des Goldbären-Herstellers und die später folgende Produktionserweiterung werde in den kommenden Jahren für eine stetig wachsende Zahl von zusätzlichen Arbeitsplätzen in der Grafschaft sorgen. So sicherten die beiden Gewerbestandorte in Ringen und Gelsdorf der Bevölkerung nachhaltig Arbeit und Einkommen. Mit dem jetzigen Aufstellungsbeschluss gebe der Rat den Startschuss für das größte gewerbliche Einzelprojekt, das jemals auf der Grafschaft geplant worden sei. Er dankte aber besonders der Verwaltung, allen voran Bürgermeister Achim Juchem und seinen engsten Mitarbeitern, für das hohe Engagement dieser Sache: „Mit Geduld und Freundlichkeit haben Sie es geschafft, nicht nur ein großes und renommiertes Unternehmen wie Haribo für die Grafschaft zu begeistern, sondern auch Klein- und Mittelbetrieben mit ihren Arbeitskräften bei uns eine dauerhafte Bleibe zu geben.“

Gewinner in einem

harten Wettbewerb

Den Dankesworten schloss sich auch Hubert Münch (SPD) an und erinnerte daran, dass die Sache den Rat schon seit mindestens 17 Jahren beschäftige. Deshalb sei es umso schöner, dass man jetzt zu einem Abschluss gekommen sei. „Wir haben Haribo immer ein sehr gutes und hochkarätiges Angebot unterbreitet und stehen letztlich als Gewinner in einem Wettbewerb mit vielen Konkurrenten da“, konnte er seinen Stolz über den Erfolg nicht verhehlen. Er wies allerdings auch darauf hin, dass die rheinland-pfälzische Landesregierung mit ihrem Engagement wohl den letzten Ausschlag gegeben habe für die Entscheidung zugunsten der Grafschaft. „Und unser heutiger Beschluss ist auch ein Symbol dafür, dass wir alles unternehmen werden, um Haribo froh zu machen.“

FDP-Fraktionschefin Christina Steinheuer (FDP) sah in der Entscheidung des Bonner Süßwarenherstellers auch einen Vertrauensvorschuss für die Kommune, denn es falle wohl keinem Unternehmen leicht, seinen angestammten Heimatort zu verlassen. „Wir sollten alles tun, um das Vertrauen zu rechtfertigen“, wünschte sie sich. Schließlich gehe es auch um das Image der Grafschaft als Wirtschaftsstandort. Sie will übrigens auch erfahren haben, dass nicht zuletzt die weichen Standortfaktoren wie kostenlose Kindertagesstätten-Plätze für die Mitarbeiter eine wesentliche Rolle bei der Standortentscheidung gespielt hätten.

FOC bleibt eine weitere Option

Richard Horn (FWG) wusste: „Ein Erfolg hat viele Väter, und diese Sache wird ein Erfolg für die Grafschaft werden.“ Auch er dankte der Verwaltung um Achim Juchem für ihre hervorragende Arbeit. Und auf Nachfrage von Wilfried Klein bestätigte Juchem auch, dass das geplante, aber umstrittene Factory-Outlet-Center weiterhin eine zusätzliche Option für den Innovationspark Rheinland bleibe: „Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.“