Zukunfts-AG des Erich-Klausener-Gymnasiums auf Infrarotexkursion durch Adenau und Sinzig

77,6°C in Sinzig:Was sind Sinzigs coolste Orte?

77,6°C in Sinzig:
Was sind Sinzigs coolste Orte?

Infrarotaufnahme des Rathauses in Sinzig. Fotos: privat

77,6°C in Sinzig:
Was sind Sinzigs coolste Orte?

Schotter und Asphalt heizen sich schnell auf und gelten als Hitzetreiber.

77,6°C in Sinzig:
Was sind Sinzigs coolste Orte?

Die Stadtmauer in der Harbachstraße mit großen Temperaturschwankungen.

77,6°C in Sinzig:
Was sind Sinzigs coolste Orte?

An der Stadtmauer findet sich zur heißesten Zeit des Tages die kühlste gemessene Stelle.

Sinzig. In den vergangenen Tagen wurden europaweit und auch in Deutschland reihenweise Hitzerekorde aufgestellt. Jedermann weiß inzwischen, dass Städte zu regelrechten Hitzeinseln werden - je größer die Stadt, desto größer die Erwärmung! So weit, so bekannt. Doch wenn die Hitze den Nachtschlaf raubt, dann fragen sich viele Bürger, was das für die eigene Heimat, die eigene Stadt bedeutet. Welche Orte erhitzen sich besonders stark, welche Maßnahmen bieten Kühlung?

Schule, die Wissen schafft

Um möglichen Antworten auf diese Fragen etwas näher zu kommen, begaben sich die Oberstufenschüler Max S. und Michelle R. sowie Lehrer Sebastian Rolser der Zukunfts-AG des Erich-Klausener-Gymnasiums auf Exkursion durch Adenau und Sinzig. Das Ziel war es, mit Hilfe von Infrarotkameras Temperaturdaten zu erfassen, um Wissen zur Temperaturentwicklung unterschiedlicher Oberflächen in unseren Heimatstädten zu generieren.

Schotter, Pflaster und Beton

haben einen heißen Komplizen

Schotter, Asphalt oder Rasengittersteine - was glauben Sie ist das heißeste? Die Aufnahme von 12:13 Uhr in der Westumer Straße liefert die Antwort: Wie vermutet haben sich Schotter und Asphalt an dieser Stelle auf 50°C und mehr aufgeheizt. Die kühlsten Stellen auf dem Bild sind immer noch über 40°C heiß! Wahre Hitzetreiber also!

Aber aufgepasst! Spielen Sie das gleiche Spiel doch einmal für die Aufnahmen an der Stadtmauer: Sind auch hier die Steine im Hintergrund das heißeste? Die Aufnahme von 15:09 Uhr zeigt ein unerwartetes Ergebnis und den fulminant erschreckenden Höhepunkt des Tages. In einer windgeschützten Ecke direkt vor der Stadtmauer findet sich die heißeste gemessene Stelle des Tages. Hier erreicht die Temperatur des vertrockneten Rasens sage und schreibe 77,6°C - im wahrsten Sinne „verbrannte Erde“. Alle Messungen im Stadtgebiet bestätigten immer wieder das hier gezeigte Muster. Den ganzen Tag fand sich kein Dach, keine Schotterfläche und keine Straße, die heißer wurde als brachliegender Boden! Ein neuer Hitzetreiber in Sinzigs Stadtgebiet war gefunden!

Temperaturschwankungen

wie in der Sahara

Dem brachliegenden Boden und dessen Auflage fehlen die Fähigkeit zur Wärmeleitung, sodass nur wenige mm an der Oberfläche erhitzt werden. Entsprechend schnell kühlt „verbrannte Erde“ ohne Sonneneinstrahlung wieder ab, weshalb über diesen Flächen Temperaturschwankungen wie in der Sahara auftreten können (Die Messungen zeigen eine Abkühlung von ca. 60°C bis 6:53Uhr am 20.07. und Erwärmung bis zum Mittag um ca. 53°C). Leben suchen Sie an einem solchen Ort vergebens!

Sinzigs coolste Orte – blühende Kühlschränke und

gekrönte Klimaanlagen

Sinzig hat jedoch auch zahlreiche, im wörtlichen Sinne, coole Ort zu bieten. Unweit des Hitzepunktes an der Stadtmauer findet sich zur heißesten Zeit des Tages die kühlste gemessene Stelle der Exkursion. Während sich die Rasenfläche auch hier auf über 70°C erhitzt (Aufnahmezeitpunkt: 14:57 Uhr), kühlt die Kombination aus schattenspendender Vegetation und dem Wasser des Harbachs die Oberflächentemperaturen auf angenehme 23°C herunter!

Neben dem kühlenden Wasser bietet uns die Natur weitere Wundermaschinen gegen die Hitzeentwicklung, die uns ihre Dienste kostenfrei zur Verfügung stellen. Messungen aus dem Luna Park machen deutlich, wie effizient Bäume große Bereiche abkühlen. Die Aufnahme von 15:17 Uhr zeigt, dass die Höchsttemperatur auf dem Schotterweg hier um mehr als 25°C kühler ist als die Oberflächentemperatur auf der unbeschatteten Wiese nebenan. Die wahren Klimaanlagen unserer Städte finden sich also außerhalb unserer Wohnungen in den Baumkronen vor unserer Tür. Dies wurde spätestens bei Messungen an Hausfassaden klar: Die Dach- und Fassadentemperatur der von Bäumen beschatteten Häuser (je nach Farbe des Hauses) liegt bis zu 35°C niedriger als bei von der Sonne direkt bestrahlten Dächern oder Fassaden. Fügen Sie jetzt noch hinzu, dass jedes Blatt einer Baumkrone, jeder Quadratzentimeter Ast- und Stammfläche Regenwasser auffängt, zurückhält und so bei Starkregen zur langsamen Versickerung beiträgt, dann wird schnell klar wie sehr wir Bäume als Teil städtischer Infrastruktur betrachten müssen und zu unserem eigenen Wohl bestens pflegen sollten.

Viele schon längst dabei

Wie zeitgemäß Sinzig diesbezüglich ist, zeigt ein Blick in Parks und Straßen des Stadtgebiets. Der Kreisel am „Stadtmauredresser“ kann als vorbildlich gelten und beispielhaft zeigen wie einfach es sein kann, Natur, Heimatgeschichte und funktionierende Infrastruktur miteinander zu vereinen. Weshalb sollte nicht jeder Kreisel so oder so ähnlich aussehen? Stellen Sie sich diesen Effekt vor, wo immer das Verhältnis von Kosten und Ertrag eine Möglichkeit zur Begrünung ermöglicht. So manche Dachgeschosswohnung, ein nicht unerheblicher Teil der Garagendächer und bestimmt auch die ein oder andere Hausfassade könnten an Hitzetagen mit Leichtigkeit um 30°C heruntergekühlt werden. Vor vielen Häusern finden sich bereits tolle Vorgärten. Diese verantwortungsbewussten Gartenbesitzer gehen also nicht nur einer sinnstiftenden Tätigkeit nach, sondern sind im wahrsten Sinne viel cooler als ihr Ruf. Sie erschaffen wie die Bäume im Luna Park unser eigenes, kühles Sinziger Klima! „Wollen Sie auch so cool sein? Dann helfen Sie die Stadt zu begrünen, frei nach dem Motto: „Und wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch mein Apfelbäumchen pflanzen.“.“

Wichtig zu wissen:

- Einfach nur halb so oft mähen! Denn es reichen bereits wenige Zentimeter längere Rasenflächen für einen merkbaren Temperatureffekt.

- Eine Wildblumenwiese wachsen lassen! Die passt bestens in unsere Umwelt, muss nur zweimal im Jahr gemäht und niemals gegossen werden.

- Wo immer es möglich ist, sollten Bäume und Hecken für Kühlung sorgen.

- Vielleicht stehen ohnehin Dacharbeiten an? Die Idee der Fassaden- oder Dachbegrünung im Hinterkopf behalten.

- Das Auto wenn möglich in der Garage parken. Stehende Autos verhindern die Abkühlung des darunterliegenden Bodens.

- Wer überlegt, das eigene Haus zu streichen, wie wäre es dabei mit einer hellen Farbe für eine kühlere Umgebung?

Sebastian Rolser und

Dr. Werner Rath für die Zukunfts-AG des Erich-Klausener-

Gymnasiums Adenau