Weihnachtskonzert im Klang und Glanz der Turmbläser
„Allein Gott in der Höh‘ sei Ehr“
Sinzig. In der Sinziger Pfarrkirche St. Peter führten die Sinziger Turmbläser ihr 35. Konzert zum Weihnachtsfest auf. Als Wiederholung, denn bereits am zweiten Weihnachtsfeiertag des vergangenen Jahres zauberten die acht Blechbläser eine wunderbar dichte und anrührende Atmosphäre in das romanische Kirchenschiff der altehrwürdigen Basilika in Sinzig. Um möglichst vielen Zuhörern und Besuchern die Möglichkeit der Teilnahme an diesem beliebten Konzert zu ermöglichen, hatten die Turmbläser entschieden, aufgrund der pandemiebedingten Sitzplatzeinschränkungen das Konzert gleich zweimal aufzuführen.
Wer getestet, geimpft oder geboostert war, fand Einlass zu einem Konzert, das die Zuhörer wie in den vorangegangenen Jahren auf eine musikalische Winterreise durch die verschiedensten Epochen der Musikgeschichte mitnahm. Kompositionen der Renaissance bis zu zeitgenössischen Werken der Musikgeschichte standen auf dem Programm.
Einen warmherzigen Willkommens- und Neujahrsgruß richtete zunächst Gemeindereferentin Sabine Mombauer, Leiterin der Pfarrei St. Peter, an die zahlreich erschienenen Gäste sowie an die Musiker. Bereits vorab bedankte sie sich herzlich für die Bereitschaft der Blechbläser, die Tradition des Konzertes wie auch bereits im vergangenen Jahr allen Widrigkeiten zum Trotz aufrecht zu erhalten. Danach eröffneten die Sinziger Turmbläser, Blechblasensemble für Alte Musik, das Konzert mit einer klangewaltigen Fanfare Dietrich Buxtehudes, einem Lehrer Johann Sebastian Bachs, die gleich einem Ausrufungszeichen auf die weitere Musikabfolge hinwies. In voller Besetzung, vier Trompeten (Stefan Alfter, Achim Kistenich, Lars Heller), Horn (Martin Stender), zwei Posaunen (Gabriel Bohn und Nikolaus Hambitzer) sowie Bassposaune (Klaus Jaster), griff die Fanfare die Tradition der festlichen Intraden (höfische Einzugsmusiken) auf und bildete zugleich von Anfang an den feierlichen Rahmen des musikalischen Festes zu Ehren der Geburt des Gottessohnes. Nicht von ungefähr hatten die Musiker um den Leiter des Ensembles, Stephan Pauly, das Programm unter das Motto „Allein Gott in der Höh‘ sei Ehr“ gestellt. Und dieser inhaltlichen Ausrichtung blieben Musiker über den gesamten Abend treu: Gleich darauf folgte mit der Vertonung einer Arie „Sento la Gioia“ aus der Feder Georg Friedrich Händels nämlich eine ungemein virtuose Bearbeitung des Gesangsstückes für ein Blechblas-Quintett. Hier wechselten sich die vier Trompeter in den schnellen und langen Sechzehntelläufen immer wieder ab, sodass auch die in Terzabständen verlaufenden Stimmen immer auf den Punkt frisch und exakt intoniert erklangen. Im zweiten Satz der Arie brillierten Hornist Martin Stender und Bassposaunist Klaus Jaster mit einem Duo, das am Ende in den vollen Klang des Eingangssatzes zurückführte. Nach dieser im wahrsten Sinne atemraubenden Kostprobe des Könnens der Musiker folgte zunächst eine Verschnaufpause, die der Organist an der Sinziger Pfarrkirche, Benedikt Röhn, mit einem ausgewählten Orgelwerk des niederländischen Komponisten Jan Pieterszon Sweelinck, einem Vertreter des Übergangs von der Renaissance zum Barock, den Bläsern verschaffte.
Nach dem filigranen und mehrsätzigen Orgelwerk, das Röhn abwechslungsreich auf der großen Walckerorgel registriert hatte, erfolgte ein Ausflug in die zeitgenössische Musik der Filmwelt: Mindestens solange wie jährlich das Weihnachtskonzert in St. Peter erklingt, wird in den Tagen um das Weihnachtsfest in wiederkehrender Regelmäßigkeit den Fernsehzuschauern im öffentlich-rechtlichen Fernsehen die melodramatische Geschichte des „Kleinen Lords“ präsentiert. Die Turmbläser hatten sich der Eingangsmelodie der Filmmusik nach einer Bearbeitung von Jürgen Heller angenommen, deren Oberstimme auf einem hohen d‘‘‘ beginnt.
Stefan Alfter überzeugte hier in den Solopartien auf der Piccolo-Trompete und verlieh dem Werk eine feierliche und nahezu majestätische Brillanz. Im sich anschließenden „In the Bleak Midwinter“ vom englischen Komponisten Gustav Holst wechselten die Trompeter auf ihre Flügelhörner. Dies ist eine besondere Bauart der Trompete, die vor allem durch ihren ausgezeichnet weichen und runden Klang für die Interpretation der Musik des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts hervorragend geeignet ist. Nach der Vorstellung des Themas durch eine solistische Einführung des Horns, begleitet von Bassposaune und Tenorposaune, wurde die Melodie gesanglich weich und verträumt nach und nach durch alle Stimmlagen weitergereicht. Die Musiker bewiesen auch im Pianissimo, dass sie ihre Instrumente weitab aller Feierlichkeit und höfischer Präsenz präzise und sauber intonierend beherrschen.
Und so setzte sich das Konzert im Wechsel mit Orgelimprovisationen Benedikt Röhns über „Veni veni Emmanuel“ und „Zu Bethlehem geboren“ fort: Mal in feierlicher Großartigkeit und höfischem Glanz mit Hans-Leo Hasslers „Verbum caro factum est“; ein anderes Mal zart, in nahezu gläserner Transparenz bei Schuberts Kunstlied „Sehnsucht“, das vor allem seiner Chromatik wegen aus allen anderen Werken hervorstach. Neben Chorälen aus Bachs „Weihnachtsoratorium“, bei denen Achim Kistenich und Stephan Pauly die Stimmführung übernahmen, rührte das Publikum vor allem die modernen Sätze Roger Harveys über „Es ist ein Ros‘ entsprungen“ und dem polnischen Weihnachtslied „Er liegt in der Krippe“. Hier wurden die führenden Trompetenstimmen von Lars Heller und mit der Piccolo-Trompete von Achim Kistenich ausgestaltet; die gegenläufigen Basslinien, Glockenschlägen gleich, durch Gabriel Bohn, Nikolaus Hambitzer und Klaus Jaster gefühlvoll interpretiert.
Stephan Pauly, der mal nachdenklich und mal heiter durch das weihnachtliche Programm führte, wies am Ende des Konzerts noch vor den vom Publikum geforderten beiden Zugaben unter Beifall und „Standing Ovations“ auf die Verwendung der nach dem Konzert durchgeführten Kollekte hin: „In den vergangenen 25 Jahren ist die Pfarrkirche St. Laurentius in Ahrweiler in der engen und herzlichen Zusammenarbeit mit dem dortigen Organisten und Kantor Klaus-Dieter Holzberger so etwas wie eine zweite musikalische Heimat für uns Turmbläser geworden. Durch die verheerende Ahrflut im Juli des vergangenen Jahres wurde die Renovierung der Laurentiuskirche weit zurückgeworfen. Bitte tragen Sie heute Abend mit einer großherzigen Gabe zu einer Spende bei, die wir in den nächsten Tagen Dechant Jörg Meyrer und Kantor Holzberger überbringen werden. Neben den vielen menschlichen Tragödien ist es leider auch zu zahlreichen unersetzlichen kulturellen Verlusten gekommen.“
Zwischenzeitlich wurde bekannt, dass fast genau 1.350 Euro an den beiden Konzertabenden gesammelt werden konnten.
