Allgemeine Berichte | 05.09.2022

Zerstörte Gedenktafel an der Mikwah in Selters

Bürgermeister setzt Belohnung aus

Die Tafel im unversehrten Zustand.  Foto: KH

Selters. Es ist eine Tat, die kaum jemanden unbewegt lässt. Am Sonntag, 28. August wurde gegen Mitternacht die gläserne Gedenktafel an der Mikwah in der Bahnhofstraße eingeschlagen und zerstört. Die Mikwah, eine Art im Boden eingelassenes Badebecken, diente den Angehörigen der einst großen jüdischen Gemeinde in Selters der Reinigung von Seele und Herz.

Um 1820 lebten 62 Menschen jüdischen Glaubens in der Stadt, die insgesamt zehn Prozent der gesamten Bevölkerung der damaligen Zeit ausmachte. Nach 1933 wurden auch die Selterser Juden Opfer von politisch motivierten Repressalien der Nationalsozialisten. 1938 kam es zunächst zu Aufständen, die in ungezügelter Gewalt mündeten. Im September wurden Fensterscheiben eingeschmissen und im November brannte die Synagoge von Selters, als die Gewalt ihren traurigen Höhepunkt nahm. 36 Juden wurden in den Vernichtungslagern der Nazis umgebracht. Mit Simon Danzig verließ am 3. Oktober 1939 den Ort. Selters galt als „judenfrei“, wie es im Jargon der NS-Schergen hieß.

„Widerlich und abscheulich“

Die Mikwah ist einer der letzten Orte, die von der einst blühenden jüdischen Kultur in Selters zeugt. Dass die Tafel, die gleich bei der Mikwah in der Arkade der Bahnhofstraße nun zerstört werde, stimmt viele Menschen traurig, darunter auch Rolf Jung, Stadtbürgermeister von Selters. „Es ist schlimm“, sagt Jung. „Es trifft ins Herz.“ Jung vermutet, dass die Schautafel mit einem Schlagwerkzug zerstört wurde, möglicherweise mit einem Baseballschläger oder einem Nageleisen. Für Hinweise, die zur Aufklärung führen, lobte Jung vergangene Woche einen Betrag von 500 Euro aus.

Mit Betroffenheit reagierte auch die Beauftragte der Ministerpräsidentin für jüdisches Leben und Antisemitismusfragen, Monika Fuhr, auf die Zerstörung der Gedenktafel für Juden in Selters. „Der Angriff auf die Gedenktafel ist widerwärtig und abscheulich,“ erklärte die Beauftragte. Monika Fuhr versicherte den jüdischen Bürgerinnen und Bürgern ihre Solidarität. „Jüdisches Leben und jüdische Kultur gehört zu Rheinland-Pfalz.“ Dafür, dass Rolf Jung nun eine Belohnung ausgelobt hat, dankte Fuhr dem Bürgermeister. „Ich hoffe, dass wir schnell Klarheit darüber bekommen, wer die Tafel zerstört hat“, fügt sie hinzu.

Zeugen und Hinweise gesucht

Hinweise nimmt die Polizeiinspektion in Montabaur entgegen. Zeugen, die sachdienliche Angaben zur Tat beziehungsweise den Tätern machen können, werden gebeten sich mit der Polizei n Verbindung zu setzen:

Tel.: (0 26 02) 92 26, E-Mail: pimontabaur@polizei.rlp.de, ROB

Die Tafel im unversehrten Zustand. Foto: KH

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