Waldnutzung vor 100 Jahren

Der Wald ein Wirtschaftsfaktor für die Menschen an Ahr und Eifel

Von Werner Schüller

Der Wald ein Wirtschaftsfaktor
für die Menschen an Ahr und Eifel

Das Fällen mit einer Handsäge war eine zeitraubende Angelegenheit

24.01.2017 - 17:13

Bei steigenden Energiepreisen hat der Wald als Brennholzlieferant wieder an Bedeutung gewonnen. In vielen Haushalten ist der gute alte Ofen wieder in die Wohnstube eingezogen, sei es als Metall- Speckstein oder auch als Kachelofen. Wer in der Vergangenheit auf Gas oder Öl gesetzt hatte und dafür nur einen Kamin im Haus für die Heizung einbaute, muss jetzt mit dem Bau eines Rauchabzugrohres an der Außenwand nachrüsten.

Die Nachfrage nach Brennholz ist gerade seit den letzten Jahren stark gestiegen. Auch steigt die Zahl derer, die sich im kommunalen Forst selbst Holz für ihren Ofen machen wollen stetig. Gegenüber früher kann mit den heutigen Motorsägen der private Bedarf für eine Ofenheizung mit wenig Arbeitsaufwand in kurzer Zeit bewältigt werden. Motorsägen, wie man sie heute kennt, gab es erst Ende der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts. Für Privatleute oder für einen kleinen Bauernbetrieb mit zugehörigem Wald waren die Geräte damals zu teuer und nicht rentabel.


Privater Brennholzbedarf und Werkzeuge


Brennholz wurde dringend gebraucht, denn die meisten Haushalte, besonders auf den Dörfern, hatten keine zentrale Heizung. Zum Kochen und Heizen gab es in der Küche einen Küchenherd und die „gute Stube“ wurde mit einem Ofen beheizt. Auch im Schlafbereich stand manchmal ein kleiner Ofen, aber dieser wurde nur bei extremen Minustemperaturen benutzt. Zur Holzernte im bäuerlichen und dörflichen Bereich bediente man sich bis zum Einsatz der Motorsägen der Werkzeuge, wie sie seit Jahrhunderten benutzt wurden. Das waren Trummsäge, Bügelsäge, Axt und Spaltkeile.

Die Menschen hatten eine enge Beziehung zum Forst, denn der Wald war ihnen Arbeitgeber und Rohstofflieferant.

Lohe

Im Frühjahr wurde die Eichenlohe zum gerben von Leder geschält und nach dem trocknen verkauft. Das geschälte Holz war durch schnelleres trocknen beliebtes Brennholz. Dazu wurden aus dem Gemeindewald Flächen mit Eichen-Schwachholz zugewiesen.

Die Flächen mussten nach der Lohverwertung komplett geräumt werden.Die Flächen nannte man im Dialekt „Luloss“. Zum Verkauf musste die Lohe zu Sammelstelle an die Bahnhof in den Städten gebracht werden.

Futter

Der Wald war auch Futterlieferant für das Vieh. Bei strengen und harten Wintern war oft im Frühjahr das Futter für das Vieh knapp. Es gab nur noch wenig Heu.

Die eingekellerten Rüben waren auf ein kleines Häufchen zusammengeschrumpft. Die eigenen Wiesen mussten für die kommende Heuernte geschont werden und so wurde ab Mai das Vieh in den Wald geführt um an den Wegrändern oder auf den wenig befahrenen Wegen zu weiden. Daher kommt auch der Begriff Hütewald (kommt von hüten ). Auch zogen die Frauen mit Sichel und Krauttuch in den Wald um mit der Sichel frisches Gras als Viehfutter zu schneiden(im Dialekt hieß das „Krogge“). Das Futter wurde in dem Krauttuch als Bündel zusammengeschnürt und auf dem Kopf nach Hause getragen. Wege von vielen Kilometern wurden dabei in Kauf genommen.

Streu

Da meistens auch das Stroh zum Frühjahr zur Neige ging, wurde als Ersatz für die Streu Heidekraut und Waldbeersträucher im Wald abgemäht und in die Scheune gefahren. Bevor die Sträucher mit dem Rest Stroh vermischt werden konnte, wurden sie mit der Häckselmaschine grob zerkleinert. Dieses Gemisch diente dann als Streu.

Beeren

Im August kam die Zeit der Wald- oder Heidelbeeren. Ganze Familien zogen dann zu den Lichtungen in den Wald um die kleinen blauen Beeren zu pflücken, die dann am Abend zum Verkauf zur Sammelstelle gebracht wurden. Der Verkauf war für die Leute ein wichtiges Zubrot. Ebenso wurden auch Himbeeren und Brombeeren gesammelt und verkauft. Die größere Bedeutung hatte jedoch der Heidelbeerverkauf. Die Heidelbeeren heißen im rheinischen Dialekt Morbele oder Worpele. Für den Eigenbedarf wurden noch je nach Familiengröße Heidelbeeren in Gläser eingeweckt. Eine Torte mit selbst gepflückten Heidelbeeren war immer ein besonderer Genuss. Auch Pfannkuchen mit wilden Heidelbeeren waren sehr beliebt.

Bucheckern

Bei einem guten Bucheckernjahr zogen die Familien im Herbst wieder in den Wald um die ölhaltigen Buchensamen zu sammeln. Dieses war auch eine mühevolle Arbeit in gebückter Haltung. Manche hatten sich dabei etwas einfallen lassen und benutzten im Wald direkt vor Ort eine Getreidereinigungsmaschine. Die Bucheckern wurden in den Trichter der Maschine geschaufelt. Durch die Windentwicklung und durch die entsprechenden Sieben trennte sich auch hier die Spreu von den Früchten. So konnte die Ausbeute erheblich gesteigert werden. Die Eckern brachte man zur Ölmühle und bekam dort entweder Öl oder Geld. Heute ist Bucheckern Öl recht selten und teuer.


Holzwirtschaft und Holzeinschlag


War für den Landmann und den Winzer Frühling, Sommer und Herbst für Saat, Pflege und Ernte bestimmt, so war der Winter von November bis März für die Brennholzbeschaffung reserviert. Wohl dem der eigenen Wald besaß. Manche Landwirte und Winzer hatten zwar Wald, aber die vorherigen Generationen hatten das Holz schon längst verwertet. So gab es in diesen Waldstücken nur schwaches Holz aus Stockausschlägen. Um aus solchen Stockausschlägen wieder einigermaßen Holz zu ernten vergingen in der Regel 40 bis 70 Jahre. Diese Art der Waldnutzung nennt man Niederwald oder Bauernwald.

Bei den staatlichen und kommunalen Waldbesitzern war im letzten Jahrhundert der Wald noch überwiegend als Wirtschaftswald zu sehen. Das Nutzholz fand guten Absatz bei steigender Wirtschaft stetiger Nachfrage und guten Preisen. Damals waren Kommunen mit viel Wald reiche Gemeinden. Verwendet wurde das Holz z. B. als Bauholz, für Bahnschwellen in der Papier- und Möbelindustrie, und im Bergbau als Grubenholz.

So mancher Abwasserkanal und so manche Straße konnte aus dem Erlös aus Nutzholzverkäufen finanziert werden. In Gemeinderats und Stadtratssitzungen war der Satz „Zur Finanzierung machen wir einen Sonderholzeinschlag“ zu hören. Der gute Gewinn bei den Holzverkäufen war auch ein Grund des damaligen Umdenkens in der Forstwirtschaft. Um schnell mehr Holz zu erzeugen stieg man bei Neuanlagen von den langsam wachsenden Harthölzern, wie z.B. Eiche und Buche, auf Nadelhölzer wie z.B. Tanne, Fichte und Kiefer um.

Diese Hölzer waren schnellwüchsiger und stellten auch geringe Anforderungen an die Böden. Um den Nadelwald möglichst schnell zu vermehren wurden Niederholzflächen kahl geschlagen.

Bei diesen Abholzungen kamen auch die Privatleute zum Zug, denn eine Rodung mit eigenen Leuten kam die Kommunen wesentlich teurer. Die vorgesehene Rodungsfläche wurde in mehrere nummerierte Parzellen eingeteilt. Für wenig Geld konnten Privatleute solche Flächen zum Abernten des Schwachholzes erwerben. In der Umgangssprache nannte man diese Flächen „LOSE“, denn die Flächen wurden ausgelost. Die Erwerber verpflichteten sich die Bäume so tief am Boden wie möglich abzuschneiden und das zugewiesene Gebiet zum Pflanztermin im Frühjahr vollkommen zu räumen. Das Brennholz wurde mit dem Fuhrwerk nach Hause gefahren. Dünnes Geäst aus der Baumkrone, welches nicht mehr als Brennholz verwertbar war, wurde an Ort und Stelle verbrannt.

Neupflanzung

Beim Pflanzen neuer Nadelhölzer, waren es oft Einzelflächen über mehrere Hektar. Dazu wurden viele Arbeitskräfte benötigt. So konnten auch Jugendliche aus den umliegenden Gemeinden nach ihrer Schulentlassung mit 14 Jahren schon bei den Arbeiten helfen. Die Arbeiten gingen meistens über zwei bis drei Monate im Frühjahr. Die Jungpflanzen kamen aus extra angelegten Pflanzgärten, welche an geeigneten Stellen im Wald angelegt wurden. In diesen Pflanzgärten wurden die Jungpflanzen von der Saat bis zur Jungpflanze verschult. In den Neukulturen kamen drei- bis fünfjährige Pflänzchen zum Einsatz.

Die Hauptpflanzsorten waren: Fichte, Weißtanne, Kiefer, Lärche und später Douglasie.

Neukulturpflege

Wenn ab Mai das Gras die kleinen Kulturpflänzchen überwucherte, waren wieder viele fleißige Hände gefragt. Auch da konnten häufig junge Leute mithelfen und sich etwas Geld für bescheidene Extrawünsche verdienen.

Arbeitsplatz

Der größte Teil der Bauern und Winzern unserer Gegend konnte von der Landwirtschaft und dem Weinbau alleine nicht leben. Größere Industriebetriebe gab es in dieser Region auch nicht. So arbeiteten viele als Tagelöhner in den kommunalen und staatlichen Forstbetrieben und als Nebenerwerb auf ihren Höfen als Landwirt oder Winzer.

Holztransport

Für den Holztransport gab es selbstständige Fuhrleute mit Pferdefuhrwerken z.B. in Walporzheim, Ahrweiler und Ramersbach. Das Nutzholz musste mit Rückepferden zuerst von der Fällstelle zum nächsten Waldweg geschleppt werden. Nach dem Verladen auf stabile Wagen brachte man die Fracht für den Weitertransport zu den nächsten Bahnhöfen oder an den Rhein zu den Schiffen.

Köhlerei

Erwähnt werden muss auch noch die Köhlerei, die allerdings in der Region nur bis Mitte des 19. Jahrhunderts betrieben wurde. Schon zur Römerzeit standen Köhlermeiler im Ahrweiler Wald, denn dort war eine römische Eisenschmelze.

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