Kreisverwaltung Neuwied setzt Frist zum Rückbau „Little Britains“
Do we need another Brexit?!
Über 1.000 Unterschriften wurden binnen weniger Tage für den Erhalt gesammelt - Landrat möchte vermitteln
Linz/Erpel. Als die „Steel Buddies“ aus dem Westerwald („Stahlharte Geschäfte“, DMAX) gerade die ersten Schritte unternahmen, den Friedenspanzer von „Little Britain“ auf Solarstrom umzurüsten, und Gary Blackburn sich in den letzten Zügen seiner Urlaubsvorbereitungen befand, flatterte ein unangenehmer Brief ins Haus, der Blackburns Urlaub komplett auf den Kopf stellen sollte: Die Kreisverwaltung Neuwied verbot mit sofortiger Wirkung die von ihm zusammengestellte Umsonst-und-Draußen-Ausstellung „Little Britain“. Ihm wurde mitgeteilt, er habe umgehend eine Schranke zu errichten und sämtliche Teile der Anlage zu entfernen – unabhängig davon, ob es sich um dekorative Gegenstände wie die Figuren der Queen oder von Mr. Bean handelt oder um den baurechtlich umstrittenen Panzer. Bei Androhung von Bußgeldern in Höhe von 1.000 Euro – die sich der Kreis vorbehielt, beliebig häufig zu verhängen, solange die Ausstellung weiter existiere – sollte er den Ort, den er in Erinnerung an seine alte Heimat Großbritannien „Little Britain“ getauft hatte, sofort wieder in das ungenutzte Stück Brachland an der Böschung der Kasbachtalbahn verwandeln, das er zuvor gewesen ist.
Schranke soll nach Willen des Kreises Besucher fernhalten
Die Erklärung, inwiefern der Kreis auf Privatgrund zu entscheiden hat, welche Autos dort geparkt werden dürfen (bis auf den Panzer sind alle angemeldet und zugelassen) oder welche Gartenzwerge dort erlaubt sind (vielleicht ist der „Verrückte Hutmacher“ aus Alice im Wunderland nicht jedermanns Sache), wurde in dem Schreiben nicht erläutert. Ebenso wenig die Sinnhaftigkeit der Errichtung einer Schranke an der Grundstückgrenze, die Wanderer am Betreten des Privatgrunds hindern soll – Wanderer, die Gary Blackburn explizit auf seinem Grundstück willkommen heißen möchte und für die er all die Figuren und Sitzgelegenheiten überhaupt erst aufgebaut hat. Wanderer, die ohnehin nichts mehr zu sehen bekommen, wenn sich die Kreisverwaltung mit ihrem Vorhaben durchsetzt. „Sie wollen Mr. Bean mitnehmen, sie wollen die Queen mitnehmen!“, so der Brite ganz verzweifelt, „Ich will weder die Gemeinde noch die Wanderer aussperren. Ich mache das doch alles für sie.“
Verwaltung hätte Entscheidungsspielraum
Schon seit langem bemüht sich der Eigentümer des Baumdienstes Siebengebirge um eine Einigung mit der Gemeinde Erpel, zu der sein Haus und Grund gehören. Im Laufe der Jahre hat er verschiedenste Vorschläge gemacht, wie sein „Vergnügungspark“ im Rahmen der Vorgaben der verschiedenen hiesigen Ämter zu realisieren sei. Doch ob als Freilichtmuseum oder als Werbeanlage – eine Genehmigung erhielt Gary Blackburn nicht. Sicherlich hätte er um eine Baugenehmigung für die beiden Hütten ersuchen müssen, die er mit seiner Crew für regnerische Zeiten als gemütlichen Unterstand aus Westerwälder Eiche gezimmert hat. Aber auch hier hätte die Verbandsgemeinde Unkel Spielraum gehabt, zugunsten des spleenigen Engländers und seiner Idee vom kostenlosen Freizeitgelände für jedermann zu entscheiden.
Denn seine Idee wird dankbar angenommen: Ob Spaziergänger aus dem benachbarten Altersheim, die die rollstuhlgerechte Anlage in ihrer Nähe lieben, Familien, die ein kostengünstiges Naherholungsziel suchen und hier mit ihren Kindern eine bunte Fantasiewelt mit echten Hasen und Hunden eintauchen können, oder Wandergruppen auf dem Weg zur Kasbachtalbahn – sie alle verbringen schöne Stunden in „Little Britain“. Völlig umsonst und draußen in der Natur.
„Little Britain“ erhält von vielen Seiten Unterstützung
So ist es auch nicht verwunderlich, dass sich sofort Widerstand gegen die Entscheidung der Kreisverwaltung formierte: Sämtliche Medien der Rheinschiene berichteten über das Aus von „Little Britain“, im Internet wurde eine Petition gestartet, bei der innerhalb weniger Tage über 1.000 Unterschriften zum Erhalt „Little Britains“ gesammelt werden konnten. Fans und Unternehmen sagten ihre Unterstützung zu.
Immerhin erhielt Blackburn einen Aufschub für den Rückbau „Little Britains“ bis zum 15. September 2018 - immer noch eine viel zu kurze Zeit, um all das abzureißen, was er in den letzten zweieinhalb Jahren aufgebaut hat. „Ich will keinen neuen Brexit – ich mache das doch alles für die englisch-deutsche Freundschaft“, ist es Gary Blackburn wichtig zu betonen. „Mittlerweile begrüßen wir an den Wochenenden hunderte von Wanderern, die hier gern Rast machen und mit uns Zeit verbringen“, ergänzt sein Sohn Luke. Nach anfänglicher Skepsis gegenüber der eigenwilligen Idee des Vaters steht mittlerweile die ganze Familie hinter Garys Idee – und ist bereit, für den väterlichen Traum zu kämpfen. „Letzte Woche haben wir noch 47 Lavendelstauden in ‚Little Britain‘ gepflanzt“, veranschaulicht Garys Sohn Luke den familiären Zusammenhalt.
Und seit neuestem scheint auch wieder Hoffnung am Horizont aufzuleuchten: Landrat Achim Hallerbach soll sich persönlich in den Fall eingeschaltet haben. Offenbar sieht er durchaus Möglichkeiten, zu einer Einigung zwischen den verschiedenen Parteien zu kommen, und strebt nach der Sommerpause ein Gespräch zwischen der Gemeinde Erpel, der Kreisverwaltung und der Familie Blackburn an. Einfach wird eine Vermittlung jedoch sicherlich nicht werden. -KBL-
Der Obstbauer Helmut Palmer, der Vater des grünen Oberbürgermeisters von Tübingen, Boris Palmer, war in Baden-Württemberg ein berühmter und geschätzter Rebell gegen die Obrigkeit, bekannt als „Remstal-Rebell“. Einen vergleichbaren Kultstatus-Palmer haben wir im nördlichen Rheinland-Pfalz noch nie gehabt. Insofern ist es begrüßenswert, dass der Landrat Achim Hallerbach hilfsweise eingreift und vor allem beim Erpeler Gemeinderat Überzeugungsarbeit leisten will, um die Entscheidung korrigieren zu lassen, dass die Anfang Juli für „Little Britain“ notwendige Aufstellung eines Bebauungsplans abgelehnt wurde. Es ist sicherlich unstrittig, dass die Gemeinde Baurecht schaffen muss, damit der Kreis eine Genehmigung erteilen kann. In Indien wurde es toleriert, dass ein Mann sich zeitlebens seine Fingernägel nicht geschnitten hatte, so dass sie fast zwei Meter lang wurden. Erst wegen seiner alterbedingten Schwierigkeit, damit gut schlafen zu können, hat er selbst beschlossen, sie zu kürzen. Im Vergleich dazu ist „Little Britain“ ein gemäßigtes Beispiel sympathischer britischer Exzentrik, die man im Übrigen auch touristisch nicht unterschätzen sollte. Zur Behauptung, die Aufstellung eines ehemaligen Panzers der Schweizer Armee sei als „eine Verhöhnung der Menschen“ zu werten, „die durch Kriegserlebnisse belastet und traumatisiert sind“, empfehle ich einen Besuch in unserem Nachbarland Belgien. Beispielsweise in Bastogne steht ein Sherman-Panzer als unumgängliche Attraktion. Dem Landrat Achim Hallerbach wünsche ich als Ersatzrebellen gegen kleinkariertes Denken somit gutes Gelingen.
Siegfried Kowallek, Neuwied
Wieso dieser harmlose Mann, auf seinem Grundstück (!), nicht einfach seiner Obsession nachgehen darf, erschließt sich mal wieder niemanden, außer dem "Amtsschimmel" oder vielmehr den dahinter sehenden Personen, denen dies (vermutlich PERSÖNLICH!) ein "Dorn im Auge" ist, und die deshalb Paragraphen bemühen müssen um ihre Interessen durchzusetzen!