Ein Freiwilliges Soziales Jahr im Diakonischen Werk in Neuwied
„Ein Blick über den eigenen Horizont hat noch nie geschadet“
Claudius Laengner berichtet über seine Erfahrungen
Von November 2019 bis März 2020 habe ich im Diakonischen Werk in Neuwied ein freiwilliges soziales Jahr absolviert. Darauf gekommen war ich, nachdem ich vorher keinen Platz an einer Universität bekommen und eine Beschäftigung bis zum kommenden Semester gesucht hatte. Zugegeben, darüber, einen Freiwilligendienst zu leisen, hatte ich vorher nie nachgedacht; trotzdem ist die Zeit für mich zu einer wichtigen Erfahrung und Bestätigung geworden.
Meine normalen Arbeitstage fanden zweigeteilt statt. Die Vormittage habe ich im Diakonischen Werk selbst verbracht. Dabei waren meine Aufgaben hauptsächlich die Unterstützung der Mitarbeiter/-innen, Erledigungen und Besorgungen. Nachmittags, nach der Pause, habe ich im „Treff am Ring“, einem Kinder- und Jugendtreff im Neuwieder Raiffeisenring gearbeitet. Dort werden unter der Woche eine Hausaufgabenbetreuung, Spielzeiten und AGs für die Kinder im Ring angeboten.
Beide Arbeitsbereiche hatten für mich viel Interessantes und Schönes zu bieten. Vormittags habe ich einige Erfahrungen in den Bereichen der sozialen Beratung gemacht. Klar, ich bin kein professioneller Berater und konnte selbstverständlich nicht selber Gespräche mit Klient/-innen führen, aber dank der Kolleg/-innen Einblicke in Bereiche wie Migrations- oder Eheberatung bekommen, die mir sonst verschlossen geblieben wären. Außerdem war die Grundstimmung im Kollegium immer positiv und offen, sodass ich mich von der ersten Woche an intergiert und wohlgefühlt habe.
Während meiner Nachmittage im „Treff am Ring“ habe ich aber die für mich wichtigsten Erfahrungen machen können. Schon vor dem FSJ habe ich gewusst, dass ich einmal Lehrer werden möchte, aber diese authentische Erfahrung in der Arbeit mit jungen Menschen hat mich noch einmal so bestätigt in meinem Wunsch, dass alle anderen Optionen endgültig hinfällig waren. Diese Arbeit habe ich wirklich geliebt und die Kinder mochten es, mit mir zu arbeiten, zu lernen, zu spielen und zu reden. Auch, vielleicht auch weil viele Kinder im Treff Probleme in der Schule haben und nicht immer alles einfach ist, war die Zeit dort ein Schatz! Das hat mir nochmal wie nichts vorher gezeigt, dass pädagogische Arbeit meine Stärke ist und dass meine Zukunft wirklich in diesem Bereich liegt. Leider hatte am Ende meines FSJs die Coronaviruspandemie Deutschland endgültig erreicht, sodass der Treff geschlossen wurde.
Was ist jetzt für mich geblieben? Vor allem eine Fülle an Erfahrung. Ich weiß jetzt, was soziale Arbeit praktisch bedeutet, was Arbeit mit Kindern bedeutet, was es heißt, verantwortlich zu sein und wie wichtig diese Arbeitsfelder sind. Außerdem bin ich nochmal bestätigt worden in meinem Wunsch, einmal als Lehrer zu unterrichten. Außerdem habe ich gelernt, und das ist für jede/-n Einzelne/-n wichtig, wie man Verträge abschließt, wie man sich krankenversichert, wie man Urlaub beantragt, wie die Rentenversicherung funktioniert, also die Dinge, die die Schule leider (noch) nicht vermittelt. Jedem jungen Menschen kann ich nur raten, auch ein freiwilliges soziales Jahr oder einen Bundesfreiwilligendienst zu absolvieren. Ein „verschenktes Jahr“, wie es manche Menschen nennen, ist es ganz und gar nicht. Leer geht niemand aus. Mag sein, dass jemand (wie ich) bestätigt wird. Mag sein, dass jemand lernt, was er / sie auch nicht möchte. Mag sein, dass sich jemand noch einmal vollkommen umorientiert. Wie genau die Zeit wird, was man genau für Erfahrungen und Begegnungen macht, kann ich natürlich nicht sagen. Aber man lernt über sich selbst und über andere. Und ein Blick über den eigenen Horizont hat noch nie geschadet.
Claudius Laengner