Allgemeine Berichte | 19.04.2022

Erhard Wacker schreibt über die Bischofsweihe des heiligen Apollinaris

Ein Fresko und viel Hintergrundgeschichte

Ausschnitt des Gemäldes, auf dem der Patron der Kirche zum Bischof geweiht wird.  Fotos: HG

Remagen. Seit elf Jahren beschäftigt sich Erhard Wacker mit der Geschichte des Apollinarisberges, „und fast täglich findet sich wieder etwas bisher überraschendes, interessantes Neues“, schreibt er im Vorwort von Band 9 der Reihe „Remagener Apollinaris Bibliothek“, seiner jüngsten Veröffentlichung.

Darin geht es um das Wandgemälde „Die Bischofsweihe des St. Apollinaris“. Wacker behandelt es exemplarisch für die Malerei der Apollinariskirche, die den imposanten Umfang von 69 Bildern mit etwa 580 Figuren aufweist. Er verfolgt die „Lebensgeschichte eines Freskos“, so der Untertitel des Buches, von der Planung über die Entstehung und etliche Restaurierungen bis in die heutige Zeit. Ins Visier gerät ein „detailreicher Zeitschnitt von 1836“ bis zur Gegenwart. Auf diese Weise erreicht der Autor zugleich, eine Zwischenbilanz seiner Nachforschungen zur Geschichte der Apollinariskirche zu ziehen. Denn während des Quellenstudiums erweiterte sich der Wissenstand auf breiter Basis.

Womöglich ist es seiner ersten Ausbildung geschuldet - Wacker ist promovierter Physiker - dass er ausgesprochen systematisch vorgeht. Bei seinen Recherchen sammelt er nicht nur Informationen zum jeweils gerade beackerten Teilgebiet. Er hält so viel als möglich fest und ordnet das Material nach Aspekten, denen er sich zu einem späteren Zeitpunkt widmen wird: „Bis Band 16 der Reihe habe ich schon die Titel vergeben.“

1000 Archivschachteln

Apropos Zeit - bei der Recherche darf man damit nicht geizig umgehen. Denn zunächst gilt es herauszufinden, wo die Dokumente lagern. Ein Gutachten des Gemäldes befand sich etwa im Nachlass eines ehemaligen Denkmalpflegers in Baden. Geduld ist auch beim Quellenstudium gefragt. Kein Problem für Wacker, der kürzlich den Apollinarisberg Verlag gegründet (ISBN 978-3-910257-) hat: „Es macht Spaß in den alten Archiven zu recherchieren“, sagt er. So beschäftigt er sich mit den rund 1000 Archivschachteln der Freiherren von Fürstenberg, welche in den rheinischen Adelsarchiven auf Schloss Ehreshoven in Engelskirchen aufbewahrt werden. Oder er vertieft sich in die Akten des Archivs der Franziskaner. Die Mönche des Ordens betreuten von 1857 bis 2006 die Wallfahrt auf dem Apollinarisberg. Interessant ist für ihn auch der Nachlass von Andreas Müller im Kolumba Kunstmuseum des Erzbistums Köln.

Denn Andreas Müller ist der Maler der Bischofsweihe. 1836 wechselte der durch die Franzosen säkularisierte einstige Benediktinersitz auf dem Apollinarisberg für 24.000 Taler von den Brüdern Sulpiz und Melchior Boisserée zu Franz Egon von Fürstenberg-Stammheim. Wollte der vielseitig interessierte Freiherr, ab 1840 Graf, anfangs noch die alte Martinskapelle renovieren und mit Fresken ausschmücken, so verlangte deren Zustand schließlich einen Neubau. Ganz bewusst entwarf Ernst Friedrich Zwirner, Kölner Dombaumeister, die Apollinariskirche mit großen Wandflächen, als „eine Bühne für christlich-historische Wandmalerei“. 69 Bilder über das Leben Jesu, Mariens und des heiligen Apollinaris zogen dort ein.

Die Fresken schufen Ernst Deger, die Brüder Andreas und Karl Müller sowie Franz Ittenbach aus dem Kreis der religiös-patriotischen Nazarener, welche der altdeutschen Kunst und frühen italienischen Malerei nacheiferten. Andreas Müller führte die Darstellungen zu Apollinaris aus, samt Bischofsweihe durch einen thronenden Petrus, die er 1843 an die Ostwand im südlichen Querhaus malte.

Entwurf und Ausführung

Die handelnden Personen und die Geschichte des Apollinarisberges stellt Wacker kurz vor. Er erhellt Aspekte rund um die Bildentstehung, so den Vertrag mit den Künstlern, ihren Studienaufenthalt in Italien, der ihnen erst die Basis für die Ausmalung verschaffte bis zu Müllers Fresko-Entwurf und er liefert selbstredend eine Bildbeschreibung. Ebenso behandelt er die Freskomalerei, Wandbeschaffenheit und Putz, mit dem sich die Farben fest verbinden sollen, die Übertragung der Kartonzeichnungen und nennt die aus den Bauakten des Archivs der Familie Fürstenberg-Stammheim aufgeführten Tätigkeiten und Materiallieferungen.

Man staunt als Laie, wie viele Versuche nach der Fertigstellung bereits zum Erhalt unternommen wurden. Leider entstand das Gemälde der Weihe als erstes der Remagener Bilder, „als Andreas Müller die Malerei ‚a fresco‘ noch unsicher handhabte“. Infolge ungebundener Farbschichten traten Schäden auf. Im Jahr 1900 klagt der Guardian des Klosters „Trotz der reichlichen Einnahmen ‚zum Besten der Kirche‘ lässt der Herr Graf fast nichts machen, selbst das Dach war schadhaft und so litten die Bilder im Chor ungemein“. Ab 1912 gingen Nutzung und Verantwortung für die Kirche an die Franziskaner. Sofort setzten Restaurierungen ein, die immer wieder, zuletzt 2014, nötig waren. Ihnen und den Gutachten widmet Wacker zurecht viel Raum. Nicht nur für Kunstinteressierte liest sich der Kampf um die Rettung der Gemälde und der damit verbundene Methoden-Wettstreit stellenweise wie ein Krimi. Auch wegen der vielen Auszüge aus den Originalquellen ist das Buch lesenswert.

Es zählt 200 Seiten, viele, darunter 80 farbige Abbildungen, gibt es in Remagen für 10 Euro in der Apollinariskirche und in Hauffes Buchsalon. HG

Zum Bildprogramm gehörendes Schriftfeld über das Leben des Heiligen.

Zum Bildprogramm gehörendes Schriftfeld über das Leben des Heiligen. Foto: unknown

Ausschnitt des Gemäldes, auf dem der Patron der Kirche zum Bischof geweiht wird. Fotos: HG

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