Sechster Begegnungsnachmittag des Flüchtlingsnetzwerkes in Kesseling
Eine Gemeinschaft, die anpackt
Kesseling. Im Alten Pfarrhaus saßen rund 80 Kesselinger - vom Kind bis zum Rentner - bei Kaffee und köstlichen Kuchen zusammen. Sie hörten in diesem lichtdurchfluteten Raum beim nun sechsten Begegnungsnachmittag des Flüchtlingsnetzwerkes in der Verbandsgemeinde Altenahr achtsam und freundlich zu.
Vorne stellten sich zehn junge Syrer, einer nach dem anderen, vor. Zum Beispiel Humam Al Hellow, 32, Lehrer, der sich wünscht, auch hier als Pädagoge arbeiten zu können. Er verbringt seine Zeit damit, intensiv Deutsch zu lernen. Karam Al Munajed, 23, Friseur und LKW-Fahrer, hofft darauf, die deutsche Führerscheinprüfung auf Arabisch ablegen zu können. Alaa Salloum, 21, hatte sich gerade für ein Architekturstudium eingeschrieben, bevor er Hals über Kopf fliehen musste. Ahmad Nasrei, Elektrotechniker, verließ die Heimat, weil er zum Militär sollte: Er will noch nicht sterben.
Islamwissenschaftlerin Dr. Petra Uphoff moderierte die Runde kundig erläuternd und einfühlsam. Jedem Einzelnen der jungen Syrer dankten die Kesselinger mit herzlichem Applaus für seine Worte. Man merkte: Fremd sind die jungen Männer hier schon lange nicht mehr. Sie sind Nachbarn, denen man hilft, wo man kann.
Gregor Doege vom Flüchtlingsnetzwerk ist es „ein Herzensanliegen, das Engagement der Ortschaften in der Verbandsgemeinde zu vernetzen“. Als er mit der Koordination der ehrenamtlichen Arbeit begann, führte ihn einer seiner ersten Besuche nach Kesseling.
„Und als ich Rita Simon und ihr Team kennenlernte, wusste ich, da kann ich mich zurücklehnen. Hier läuft es. Das ist eine Ortsgemeinschaft, die anpackt.“ Aber auch die anderen Freiwilligen vom Flüchtlingsnetzwerk in der Verbandsgemeinde zeigten so viel Einsatz, hätten so viele Ideen, „da bekomme ich Gänsehaut“.
Doege warb eindringlich um weitere Helfer für das Team Haben&Geben, das Wohnungen einrichtet, für die Sprachfördergruppe, die mit Flüchtlingen Deutsch übt, den Zirkel „Freizeit“ und das Paten-Team. Gesucht wird weiterhin eine Koordinatorin für den Fahrdienst, damit die ehrenamtliche Arbeit auf mehr Schultern verteilt wird.
Spontan meldeten sich denn auch unter anderem Bri Werner, eine Tischlerin, und Karl-Heinz Fuchs, leidenschaftlicher Wanderer, der Exkursionen anbieten will.
Er weiß ganz viel über die Gegend.
Natürlich auch alles über das alte Pfarrhaus aus dem achten Jahrhundert, eines der ältesten Gebäude im Kreis. Fuchs, integrierter Sachse, fand es prima, dass dies schon der zweite Begegnungsnachmittag in Kesseling ist. „Den ersten haben wir sehr früh angeboten“, sagte Rita Simon.
„Wir wollten, dass die Kesselinger Ängste abbauen. Das hat funktioniert.“ Sie hat sich sehr über die vielen Kuchenspenden gefreut.
Und genoss sichtlich die friedliche Stimmung, wie auch Dr. Petra Uphoff, die ebenfalls das große Engagement der Kesselinger würdigte. Das geht über herzliche Nachbarschaftshilfe im Übrigen weit hinaus.
Bürgermeister Guido Schmitz berichtete von dem Plan, die Lehrerwohnung der Alten Schule Staffel für Flüchtlinge auszubauen. „Wir sind die erste Ortsgemeinde, die eine Wohnung in dieser Weise komplett neu herrichtet und zur Verfügung stellt.“ 95.000 Euro soll das kosten. Schmitz ist ebenfalls sichtlich stolz auf diese Leuchtturmgemeinde. Anna Rosinsky, eine junge Studentin mit Vorfahren aus Ungarn und Ostpreußen, war hin und weg von der Offenheit der Kesselinger. „Wahnsinn, dieses Interesse an Neuem und diese Bereitschaft, Menschen aufzunehmen.“