80. Dienstag-Demonstration gegen Bahnlärm

Großartige Ansprachetrotz Sturm und Starkregen

Großartige Ansprache
trotz Sturm und Starkregen

Andreas Geron, Bürgermeister der Stadt Sinzig (mitte) nach seiner Ansprache in Neuwied.Foto: Hermann Winter

Neuwied. Trotz erkennbar schlechter Wetteraussichten haben sich wieder viele Menschen aus dem Unteren-Mittelrheintal und dem Moseltal bei der nun bereits 80. Dienstag-Demonstration vor dem Bahnhof in Neuwied zusammengefunden, um gegen den unerträglichen, krankmachenden und die Zukunft der Region gefährdenden Bahnlärm zu protestieren. Seit Januar 2013 wird die Demonstration, die von Franz Breitenbach als Vorsitzendem der Bad Hönninger Bürgerinitiative ins Leben gerufen wurde, von ihm und seinen Mitstreitern organisiert. Erstmalig sprach Andreas Geron als Bürgermeister der Stadt Sinzig zu den Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Unter seiner Amtsführung war die Stadt Sinzig bereits am 25. Juni 2018 der Weißenthurmer Bürgerinitiative beigetreten.

Es geht um einen leisen und

sicheren Schienenverkehr

Zu Beginn seiner Ansprache betonte Bürgermeister Geron, dass sich die Aktivitäten der Bahnlärmbetroffenen und Bürgerinitiativen in unserer Region nicht gegen den Schienenverkehr richten, sondern dass es um die Zukunft eines leiseren und sicheren Schienenverkehrs gehe. Dieser habe nur dann eine erfolgreiche Zukunft, wenn er umweltverträglich durchgeführt werde. Dazu stellte er fest: „Lärm, Erschütterungen und Feinstaub stellen große Probleme dar. Zusätzlich leben wir an der Bahnstrecke mit dem dauernden Risiko, dass es im Gütertransport zu einem Schadensereignis kommt – wir haben dies bereits alle Anfang des Jahres in Unkel erleben müssen“. Mit großem juristischem Sachverstand beleuchtete er anschließend sehr anschaulich und überzeugend die zum Teil problematischen Hintergründe bezüglich der Anwendung der „Bundesimmissionsschutzverordnung“, der Verfahrensweise bei „Planfeststellungsverfahren“, der Notwendigkeit einer „Gesamtlärmbetrachtung“, der Klagemöglichkeit auf „Unterlassung von Emissionen“ und der Bedeutung der in Einführung befindlichen „Zugmessstationen“.

Bau einer Alternativtrasse

An Bundesverkehrsminister Scheuer gerichtet, erklärte Geron bezüglich der ausbleibenden Höherstufung einer alternativen Güterverkehrsstrecke von Troisdorf bis Mainz/Bischofsheim die Vordringlichkeit im Bundesverkehrswegeplan: „Der Bedarf ist sehr wohl vordringlich, Herr Bundesverkehrsminister. Diese Strecke ist auch realisierbar und könnte als Teil des neuen Rhein-Alpen-Korridors einen wichtigen Bestandteil der Strecke von Rotterdam nach Genua bilden“. An die wiederholt heftig applaudierenden Teilnehmerinnen und Teilnehmer gerichtet fuhr er fort: „Hierfür müssen wir kämpfen. Und wenn mir jemand sagt, das dauert Jahrzehnte, dann entmutigt mich das nicht. Wir hören nicht auf zu kämpfen. Wir wollen nicht nur etwas für uns bewegen, sondern auch für unsere Kinder und Enkelkinder, für die Region, in der wir leben und die wir lieben.“

Zahlreiche andere Optionen

Neben dem langfristigen Projekt des Baus einer Alternativtrasse wies Bürgermeister Geron auch auf die zwingende Notwendigkeit von „kurz- und mittelfristigen Maßnahmen“ hin. Wir müssen auf alle Potentiale zur Geräuschminderung hinweisen! Geschwindigkeiten in Ortsdurchfahrten müssen reduziert werden, nicht nur im Hinblick auf die Geräusche, sondern auch im Hinblick auf die Sicherheit! Mit mehr als 50 km/h darf kein Gefahrguttransport durch unsere Städte fahren! Bauliche Maßnahmen wie hohe und niedere Schallschutzwände sind zu ergreifen! Der Bahnkörper bedarf nachhaltiger Kontrolle und Pflege! Effektiver Schallschutz ist auch durch sehr nahe an der Quelle stehende Schallschirme zu erreichen!“ Zusätzlich sind fahrzeugtechnische Möglichkeiten zu nutzen. Insbesondere eine rasche Modernisierung bzw. Erneuerung von teilweise sehr alten Waggons und Lokomotiven auf umweltfreundliche und damit leise Systeme, würde deutschlandweit für hunderttausende Bahnanwohner eine deutliche Verbesserung ihrer Lebenssituation bewirken. Neben der rational und emotional bewegenden Ansprache beeindruckte Andreas Geron auch durch seine Standfestigkeit, indem er sich weder durch die massiven Regenschauer, noch durch den Ausfall des Mikrofons aufgrund des Starkregens beeindrucken ließ. Mit Überzeugung und Klarheit beendete er, erneut von anhaltendem Beifall begleitet, seine Ansprache, indem er abschließend feststellte: „Es geht letztendlich um den Schutz von Leib und Leben und damit um die Durchsetzung der Grundrechte aus Artikeln des Grundgesetzes auch für die Menschen, die unter den Beeinträchtigungen und Gefährdungen durch insbesondere den Schienengüterverkehr leiden. Gefährdet sind aber auch die Privatinvestitionen in Grund und Boden im Bereich der Bahntrassen. Es geht also auch um die Eigentumsgarantie des Artikels 14 unseres Grundgesetzes. Und letztendlich um die Zukunftsfähigkeit unserer Region und unserer Heimat. Wir brauchen also einen langen Atem. Dass wir diesen haben, belegt nicht zuletzt die heutige bereits 80. Dienstag-Demonstrationen hier in Neuwied.“ Rolf Papen, Vorsitzender der Weißenthurmer Bürgerinitiative, der die Dienstag-Demonstration moderierte, dankte Bürgermeister Andreas Geron für seine großartige Ansprache und stellte abschließend fest. „Wir dürfen froh und dankbar sein, solch kompetente und engagierte Bürgermeister, aber auch Landräte und Abgeordnete an unserer Seite zu wissen. Nur im engen Zusammenwirken von Betroffenen, Bürgerinitiativen und Bürgervertretern, werden wir es gemeinsam mit Bund und Bahn schaffen, den Bahnlärm in unserer Region an Rhein und Mosel zeitnah auf ein erträgliches Maß zu reduzieren und die Gefährdung insbesondere durch Gefahrguttransporte nachhaltig zu minimieren!“

Pressemitteilung

der Bürgerinitiative „Schutz gegen Bahnlärm und Erschütterungen e.V.“