Lokschuppen-Benefizsitzungen mit picke-packe vollem Programm
Karnevalisten aller Stadtteile vereinigt im Schärjerland
Neuwied. So bedauerlich der Verlust des Lokschuppens für die Karnevalisten, einer Vielzahl von Vereinen und der Engerser Bevölkerung ist: Der Stunde der Not sind auch positive Aspekte abzugewinnen. „Vielleicht müssen die Wagenbauer in Zukunft nicht mehr frieren“, flunkerte Ansgar Schunkert. Anlässlich einer Pressekonferenz der Stadt Neuwied zum Großbrand berichtete der Präsident der Großen Engerser Karnevalsgesellschaft (GEK) von einer für unmöglich gehaltenen Welle der Solidarität. Die Flammen loderten noch, da meldeten sich schon die Präsidenten der benachbarten Karnevalsgesellschaften aus Weis, Gladbach und Heimbach. In den folgenden Tagen stand das Telefon nicht still. Hilfsangebote kamen aus dem gesamten Bundesland. Trotz des tief sitzenden Schocks versichert Ansgar Schunkert, dass die Session 2024/2025 weiterläuft wie geplant. Das gilt auch für den Rosenmontagsumzug, für den sich schon zahlreiche Teilnehmer über Engers hinaus gemeldet hätten. Besonders freut sich der Präsident, dass die Karnevalsfreunde Oberbieber ihren Komiteewagen zur Verfügung stellen, mit dem sie eigentlich am Rosenmontagsumzug in Neuwied teilgenommen hätten.
Denn Prunk- und Motivwagen sind das Problem. Alle zehn Umzugswagen wurden Opfer der Flammen. Die Hänger müssen nun neu angeschafft werden, mit allen Auflagen, die für die Inbetriebnahme notwendig sind. An diesem Punkt trübte sich die Stimmung von Ansgar Schunkert. Hier stünde die GEK vor einer ebenso großen Herausforderung wie für die Halle selbst. Den historischen Lokschuppen hatten die Karnevalisten von der Stadt Neuwied gepachtet. Aufschluss über die Brandursache konnte Oberbürgermeister Jan Einig nicht geben, erwartet aber Erkenntnisse in den nächsten Tagen. Dem Vernehmen nach deutet alles auf Feuerwerkskörper hin. Auf Fragen, wie es nun weitergeht, hatte Jan Einig keine Antworten und verwies auf die kurze Zeit nach dem Brand. Zunächst müssten Gutachten eingeholt und Versicherungsfragen geklärt werden. Ob und wann die Engerser eine Wagenbauhalle bekommen, ließ der Stadtchef daher offen. Positiv sei, dass alle fünf verletzten Feuerwehrmänner wieder daheim sind. Mit Blick auf die modernen und beheizten Wagenbauhallen in den umliegenden Stadtteilen, wäre ein Neubau natürlich im Sinne der GEK. Aber nicht nur: Der Lokschuppen ist auch die Heimat der Kirmesjahrgänge, die dort alljährlich ihre Kirmeskrone bauen. Möhnenpräsidentin Anne Baugut und Maik Fischer (Flecke Gecke) zählten eine Reihe weiterer betroffene Vereine und Institutionen auf. Darunter der Bürgerverein oder der Nussknacker Verein, der die Dekorationen für den alljährlichen Weihnachtsmarkt im Lokschuppen gelagert hatte. Allen Vereinen soll mit zwei Benefizveranstaltungen am 31. Januar (ausverkauft) und 14. Februar geholfen werden. Die Idee hatte Boris Weber (Freie Bühne Neuwied), selbst eingefleischter Karnevalist aus der Hochburg Heimbach-Weis.
Hilfe statt Konkurrenz
„Nach wenigen Stunden war die erste Veranstaltung ausverkauft“, berichtete der Schauspieler. In Jens Becker und Mareike Mayer (Neuwied Musik) fand er zwei erfahrende Mitstreiter, die das Heimathaus regelmäßig mit Veranstaltungen bespielen. Das Trio berichtete, dass der Erlös aus jeder verkauften Eintrittskarte den Engersern zugutekommt. „Und außerdem werde ich noch mit dem Spendenschwein durch den Saal klimpern“, kündigte Boris Weber an. War der Kartenverkauf schon überwältigend, so dass sogleich eine zweite Veranstaltung geplant wurde, so war das Interesse der Akteure sensationell. „Eigentlich brauchte ich gar nicht groß über das Programm nachdenken“, schmunzelte Boris Weber. Vom Feedback auf die Benefizveranstaltungen sei er „überrollt“ worden. Aus dem gesamten Stadtgebiet und darüber hinaus, kamen Anfragen von Tanzgruppen, Vortragenden, Musikvereinen und Bands, die sich ohne Gage anboten. Da die Veranstalter ungern Hilfe ausschlagen wollten, sind alle gebeten, ihre Beiträge kurz zu halten. Zugaben wird es nicht geben. Für die Besucher bedeutet dies ein flottes, abwechslungsreiches Programm bis mindestens nach Mitternacht. Zu Ende ist die Party dann aber noch lange nicht. An der Sektbar kann noch stundenlang weitergefeiert werden. Neben besagter Heizung und dem Komfort einer neuen Halle zählen die Benefizveranstaltungen zu den weiteren positiven Aspekten im Unglück. Das auf ihren Stadtteil stolze und zuweilen konkurrierende Karnevalisten ausgerechnet im Schärjerland, eine Sitzung gemeinsam gestalten, hätte noch vor wenigen Tagen keiner für möglich gehalten. „Das hat es in Neuwied noch nie gegeben“, freut sich Boris Weber. FF
Schauspieler Boris Weber hob die Benefizveranstaltungen aus der Taufe und wurde von der positiven Resonanz förmlich überrollt.
Ansgar Schunkert, Präsident der Großen Engerser Karnevalsgesellschaft, berichtete über eine riesige Welle der Solidarität von Karnevalisten über die Stadtgrenzen hinaus.
