Im Arp Museum Bahnhof Rolandseck glänzt „Das Licht der Medici“

Leiblichkeit und Leidenschaft

Leiblichkeit und Leidenschaft

Sir Mark Fehrs Haukohl mit Allegorie der Poesie. Fotos: HG

Leiblichkeit und Leidenschaft

Madonna von Onorio Marinari, 17. Jahrhundert, aus der Sammlung Haukohl.

Leiblichkeit und Leidenschaft

Giovanni Battista Caracciolo malte, wie Joseph sich der Verführung durch Potiphars Frau entzieht.

Leiblichkeit und Leidenschaft

Vor Montautis Reliefs von Machiavelli (v. l.) und Ficino steht die Portraitbüste des Papstes Clemens VII., ein geborener Medici, die Giovanni Angelo da Montorsoli 1532 schuf.

Leiblichkeit und Leidenschaft

Auf das Werk von Giovanni Domenica Ferretti „Harlekin und seine Dame“ aus dem 18. Jahrhundert weist Sir Mark Fehrs Haukohl hin.

Rolandseck. Die Freude könnte im Hause und bei seinen Gästen nicht größer sein: Im Arp Museum Bahnhof Rolandseck ist gerade ein großer Bahnhof bereitet für „Im Lichte der Medici“ Barocke Kunst Italiens“. Es geht sinnlich zu in den großartigen Werken barocker Meister und Schönheit ist mehr als ein Randthema dieser Augenfreuden verheißenden Ausstellung. Zu sehen sind 34 Gemälde der amerikanischen Haukohl Family Collection aus Houston, Texas, der bedeutendsten Privatsammlung Florentiner Barockmalerei außerhalb Italiens, die sich auf Europatournee befindet. Sie umfasst Allegorien, religiöse Motive, Genreszenen und Porträts. „Herzstück der Sammlung sind“, so Kuratorin Dr. Susanne Blöcker, „die Gemälde der Künstler-Familie Dandini, die im Dienste der Medici stand. Hinzukommen Bildwerke von Jacopo da Empoli, Giovanni Domenico Ferretti oder Felice Ficherelli.“ Im Ausstellungsbereich „Kunstkammer Rau“ treffen sie auf die ebenfalls an italienischen Kunstwerken reiche Sammlung Rau für Unicef, genauer auf zwölf meisthafte Exponate, darunter Gemälde und Skulpturen von Giovanni Angelo da Montorsoli, Carlo Dolci und Giovanni Battista Caracciolo.

Barock statt Renaissance

Mit dieser Schau setzt das Themenjahr „Sammlungen“ im Arp Museum, dem gleich fünf Ausstellungen gewidmet sind, bereits zu Beginn ein großes Ausrufezeichen. Nicht nur, weil sie so wunderbar anzuschauen ist. Denn sie liefert auch kunsthistorisch Rares: Sir Mark Fehrs Haukohl, welcher der Familiensammlung vorsteht, die Gemälde und weitere Sammlungen vereint, erklärt in Rolandseck: „Wir versuchen, die Entwicklung der Medici als Sammler und Förderer von der Renaissance bis zum Barock zu zeigen, und sogar bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts, während sich üblicherweise der Blick auf die Renaissance richtet.“ Die Namen der Florentiner Renaissance-Künstler Michelangelo, Leonardo da Vinci, Botticelli, ebenfalls von der einflussreichen Medici-Dynastie gefördert, überstrahlen die der Barockkünstler an Bekanntheit. Doch legt die Ausstellung offen, wie begründet Haukohls Anliegen ist, die Bedeutung der Florentiner Malerei des 16. bis beginnenden 18. Jahrhunderts für die künstlerische Nachfolge herauszuarbeiten. Deshalb unterstützt der Sammler auch die Erforschung der Archive der Medici. Vor allem aber trägt er mit Leidenschaft die kostbaren Stücke zusammen, übrigens immer darauf bedacht, auch original barocke, respektive zeittypische, prunkvolle Rahmen zu beschaffen oder anfertigen zu lassen, was nicht zu übersehen ist.

Kunst in drei Räumen

Kuratorin Dr. Susanne Blöcker lässt die Kunst akzentuiert erstrahlen. Der mittlere, vom Besucher zuerst betretene Raum hebt die Familie der Medici als Sammler und Förderer von Kunst und Wissenschaft hervor. Die Medici waren die größten Kunstförderer ihrer Zeit. Keineswegs uneigennützig, sondern im Zuge ihres Machtstrebens und Machterhalts setzten sie auf Kultur und Geistesgrößen. Lebendige barocke Stuckreliefs von Antonio Montauti, die man sich an einem Palast vorstellen kann, zeigen berühmte Gelehrte wie Galileo Galilei, Machiavelli und Marsilio Ficino. Eine marmorne Porträtbüste stellt Papst Clemens VII. dar, der als Guilio de‘ Medici geboren wurde und im späten 15. Jahrhundert aufwuchs, als die Herrschaft der Medici in Florenz durch rivalisierende Familien zunehmend unter Druck geriet. Dem Barock zugehörig portraitiert ein Ölgemälde Giancarlo de‘ Medici vor seiner Ernennung zum Kardinal. Es stammt aus der Hand des flämischen Künstlers Justus Suttermans. Dieser war sechs Jahrzehnte lang Hofmaler der Medici und nahm für sie auch Aufgaben als Diplomat und Agent wahr.

Vom Eingangsbereich biegt der Besucher links in den Raum der „Lust und Leidenschaft“ ein. Dort heißt es Schwelgen in Farbenpracht, Anmut und hohem Drama. Leicht und dynamisch bezaubert das Bild von Harlekin und seiner Dame, mit dem Giovanni Domenico Ferretti an die Tradition der Comedy Dell ‚Arte anknüpft. Und keinem geringeren Geschehen als „Gott tadelt Kain für den Mord an Abel“ widmet derselbe Maler ein Gemälde ganz in Gelb- und Brauntönen, das die Figuren der Brüder in ihrer Leiblichkeit großartig herausarbeitet. Unter den Bildwerken der Allegorien versteht sich die liebreizende Poesie etwa genauso auf den himmelnden Blick wie Felice Ficherellis wunderbar hingelagerter Heiliger Sebastian. Hingebungsvoll lässt er sich von der heiligen Irene einen Pfeil aus dem schönen Jünglingsleib entfernen. „Me too“ mit umgekehrten Vorzeichen erblickt man in Giovanni Battista Caracciolos Gemälde aus der Sammlung Rau. Joseph und Potiphars Frau sind zu sehen. Er will in der biblischen Szene fliehen, sie ihn davon abhalten, nachdem er ihrer Verführung nicht erlag. Im Raum rechts sind die religiösen Bildnisse ebenso emotional aufgeladen wie die weltlichen. Ein inniges Zeugnis der Bindung von Mutter und Kind geben die anmutigen Madonnenbilder, darunter die bis in die Handhaltungen hinein liebliche Darstellung von Onorio Marinari aus dem 17. Jahrhundert. Sie stehen alle im Dienste der Marienverehrung in der Zeit der Gegenreformation. Farbreduziert und herausragend bewegt schildert Alessandro Gherardini durch Pinselführung und Lichtregie seine Mariä Verkündigung. Nicht nur ihr Gesicht spiegelt, was in ihrem Herzen vorgeht, „das ganze Gemälde ist erfasst von ihren Empfindungen“ steht Kuratorin Blöcker mit ihrer Begeisterung der des Sammlers Haukohl in nichts nach. Mit leuchtender Farbigkeit stattet dagegen Cesare Dandini die heilige Dorothea von Kappadokien aus. Die dreifach Gemarterte wendet sich, anders als manch männlicher schmachtender Heiliger, frontal dem Betrachter zu, um mit dem Blumenwunder Gottes Größe zu preisen.

Der Katalog umfasst ausgezeichnete Abbildungen, ausführliche Beschreibungen der Werke und Aufsätze von Experten der Thematik. Die Ausstellung ist bis 8. September von Dienstag bis Sonntag und an Feiertagen von 11 bis 18 Uhr geöffnet.