Martinsfest in der Rotweinstadt ist eine Attraktion

Martinsbräuche in Ahrweiler

Martinsbräuche in Ahrweiler

Eine kleine Pause beim Schanzenbinden der Ovvehöde Jonge. n Ahrweiler wird das Martinsbrauchtum seit Generationen gepflegt. privat

Ahrweiler. Das Martinsfest in Ahrweiler mit den Martinsfeuern und den Schaubildern ist eine Attraktion in der Rotweinstadt. Im Gegensatz zu anderen Orten gibt es in Ahrweiler nicht nur ein Feuer, sondern entsprechend der Huten (frühere Stadtteile in Ahrweiler) werden zum Sankt Martinstag vier Martinsfeuer abgebrannt. Dieses Brauchtum ist weit über hundert Jahre alt. Ab Mitte Oktober ziehen alljährlich die Schuljungen und die Junggesellen der einzelnen Huten zum Holzsammeln in die nahegelegenen Wälder der Stadt. An den Feuerplätzen brennen dann kleine Feuer, die in Ahrweiler Lockfeuerchen genannt werden. An diesen Feuern haben die meisten Jungen von Ahrweiler vieler Generationen ihre erste Zigarette geraucht, ihre erste Flasche Bier und ihr erstes Gläschen Rotwein getrunken.

Schuljungen helfen den

Junggesellen beim

Holzsammeln

Die „Schanzemännche“, wie die jungen Schulburschen auch in Ahrweiler genannt werden, dürfen mit Genehmigung des Försters und der Privatwaldbesitzer dürre Äste von Tannen und Fichten abschlagen. Mit Draht binden dann die Älteren oder die Junggesellen die Zweige zu Bündeln (Schanzen) zusammen. Am Martinstag möchte jede Hut das schönste Feuer abbrennen, denn die einzelnen Feuer werden prämiert. Für die Feuer wird eine große Menge dieser „Schanzen“ benötigt. An einem sicheren Ort, der „Schanzekaul“, werden die Reisigbündel der einzelnen Huten bis zum Martinstag zwischengelagert. Diese müssen gut versteckt werden, denn manchmal versucht eine „feindliche“ Hut die Schanzen der anderen zu stibitzen oder die Drähte aufzupitschen. Beim Schanzenbinden und am Martinsfest werden immer wieder die alten „Kampflieder“ gesungen, wobei je nach Hut der Text abgeändert wird. Harmlose Rangeleien unter den Burschen aus den einzelnen Huten ist in der Zeit des Schanzenbindens ganz normal.

Kämpfe in den Weinbergen

Anfang des letzten Jahrhunderts ging es nicht immer so friedlich zu. „Schanze stritze“ war da noch harmlos. Oft wurden unter den Burschen nach dem Abbrennen der Martinsfeuer auf den Berghöhen noch regelrechte Kämpfe mit Weinbergspfählen, Pechfackeln und Knüppeln ausgetragen, ehe man sich in Lumpenfackelzügen entlang der Weinbergspfädchen talwärts begab. Der eigentlich schöne Martinsabend fand dann auf dem Ahrweiler Marktplatz ein wüstes Ende.

Neuanfang des Martinsfestes

Im Jahre 1913 versuchte der damalige Rektor Strauck und Oberlehrer Federle, dem Fest einen geordneten Verlauf zu geben. Die Volksschulkinder versammelten sich am Niedertor und zogen ohne wüste Prügelei durch die Ahrweiler Straßen. Aber bald wurden sie durch halbwüchsige Burschen belästigt, denen die Rauferei aus den früheren Jahren mehr Freude machte. So verlor die Lehrerschaft bald wieder die Lust am geordneten Martinfest. Ab dem Kriegsjahr 1914 ruhte der Martinsbrauch. Im Jahre 1922 wurde auf Initiative von Babtist Plachner und Jean Mies noch mal ein Versuch eines geordneten Martinsfestes gewagt. Der Fackelzug und die Feuer fanden großen Anklang bei der Bürgerschaft, und in Ahrweiler wurde der erste Martinsausschuss gebildet. So lebte der Martinsbrauch weiter, mit vier Feuern der einzelnen Huten und den Lumpenfackelzügen, die fast friedlich durch die Weinberge ins Tal zogen. Der Heimatdichter Heinrich Ruland bemerkte über den Martinsbrauch 1922 in der Presse: „Glückliche Jugend, die sich im Glanze bunter Papierfackeln freut und deren Heilige noch sichtbar auf der Erde wandeln! Freilich, früher war es anders am Vorabend vom Sankt Martinstag: etwas wilder und kriegerischer, wenn richtige Fackeln in flammenden Kreisen geschwungen wurden und schimpfende Mütter sich um versengte und mit Teer beschmierte Anzüge bemühten und zerschundene Bubenköpfe verbanden. Mochte die Mutter klagen und jammern, es wurde kein Duett daraus, denn der Vater war dann immer so merkwürdig still. Und wenn die trotzigen Bubenaugen zu ihm hinüberblickten, senkte er schnell den Kopf über die Zeitung, damit wir den Glanz in den Augen nicht sehen sollten. Ich habe ihn immer im Verdacht gehabt, dass er noch selber gerne gegen die Niddehöde zu Felde gezogen wäre,.... er wurde ein bisschen Kind, der große, lange Vater ....“.

Schaubilder werden

in die Weinberge gestellt

Anfang der 50er Jahre wurden die Lumpenfackelzüge durch die ersten Schaubilder abgelöst. Hauptinitiator war damals Klaus Bruckner. Auf Holzgestellen wurden dazu die Lumpenfackeln zu Buchstaben und Schriften zusammengefügt und auf den Weinbergswegen aufgestellt. Das Schriftbild wurde Jahr für Jahr verbessert und bald kamen auch noch Bilder dazu. Seitdem stellt jede Hut an ihrem zugewiesenen Platz oben in den Weinbergen, für die Ahrweiler Innenstadt gut sichtbar, ein eigenes Schaubild auf. Für die Lumpenfackeln werden heute Pechfackeln genommen. Bis heute werden in Ahrweiler besondere Ereignisse aus dem Jahreslauf von Vereinen, von verdienten Bürgern, und Motive des Martinsbrauches und aus dem kirchlichen Bereich in Schrift und Bild dargestellt. Die Schaubilder sind einzigartig im Rheinland und stellen eine gelungene Bereicherung des Martinsbrauches dar. Auch für den Tourismus ist das Martinsfest in Ahrweiler nicht uninteressant. Von der Hotellerie wird der Martinstag sogar besonders beworben. Viele Gäste von nah und fern kommen extra zum Martinsfest nach Ahrweiler. Am Martinsabend versammelt sich an verschiedenen Plätzen eine große Anzahl von Menschen um die Feuer und die Schaubilder zu bestaunen.

Schaubilder und

Feuer werden prämiert.

Auf dem Marktplatz werden die Feuer und die Schaubilder durch den Bürgermeister, den Ortsvorsteher und den Martinsausschuss prämiert. Der Junggesellenverein der gewinnenden Hut nimmt stolz einen Teller oder eine entsprechende Plakette als Wanderpreis entgegen. Für die Kleinen findet der Martinszug mit dem Sankt Martin auf dem Pferd durch das illuminierte Ahrweiler statt. Alle Kinder erhalten danach den wohlverdienten Martinsweck.