Agentur für Arbeit Montabaur fördert intensiv Menschen mit Behinderungen

Mit Handicap und Selbstvertrauen im Erwerbsleben angekommen

Junger Mann findet Stelle in einer Mainzer Schreinerei

06.12.2019 - 15:23

Montabaur. Es ist offensichtlich, dass der junge Mann aus dem Rhein-Lahn-Kreis mehrere Han-dicaps hat. Er leidet unter einer Gehbehinderung, und im Gespräch dauert es eine Weile, bis er Gesagtes verstanden und eine Antwort formuliert hat. Die aber hat immer Hand und Fuß. Oliver Keller (Name geändert) besitzt ein gesundes Selbstvertrauen und ist beharrlich. Dank dieser Fähigkeiten und mit intensiver Förderung der Agentur für Arbeit Montabaur hat er sich einen Job am ersten Arbeitsmarkt erkämpft: Seit dem 1. November ist er bei der Schreinerei Schütter in Mainz-Gonsenheim angestellt.

„Es ist manchmal so, dass ich nicht alles direkt verstehe. Dann muss ich halt nachfragen.“ Mit dieser Devise ist der 32-jährige gut gefahren. Er besuchte die Förderschule für Lernbehinderte in Kastellaun und arbeitete danach neun Jahre lang in einer Werkstatt für behinderte Menschen in St. Goarshausen. Diese Zeit nutzte er, um an der VHS im Abendunterricht den Hauptschulabschluss zu machen – mit der Gesamtnote 2,4. Es folgte eine Ausbildung zum Fachpraktiker für Holzbearbeitung bei der Caritas in Montabaur. Dafür zahlte die Agentur für Arbeit Montabaur dem Arbeitgeber einen Ausbildungszuschuss, während der Azubi mit ausbildungsbegleitenden Hilfen die Berufsschule schaffte und im Juni seine theoretische und praktische Prüfung bestand. Sichtbarer Beweis ist ein selbst gebautes Wandregal.

Oliver Keller ging auf Arbeitssuche, immer unterstützt von seiner Reha-Vermittlerin. „Für mich war das ganz schön Stress mit den Bewerbungen“, erinnert er sich. Der Erfolg stellte sich im Zusammenspiel zweier Arbeitsagenturen ein. In Mainz hatte Dennis Schütter, der in elfter Generation eine Schreinerei leitet, eine Helferstelle gemeldet; diese bekam Oliver Keller als Vermittlungsvorschlag. Und dann lief alles ganz schnell und unkompliziert. „Im Handwerk gibt´s keine Einstellungstests und oft nicht mal ein Vorstellungsgespräch“, sagt Dennis Schütter. Er wollte sehen, was Oliver K. kann und lud ihn zur Probearbeit ein. Aus einer Woche wurden drei, und anschließend konnte der 32-jährige einen Zweijahresvertrag unterschreiben. Im ersten Jahr fließt ein Eingliederungszuschuss von 70 Prozent. Elmar Wagner, Chef der Agentur für Arbeit Montabaur, freut sich über die gelungene Integration: „Das ist eine echte Erfolgsgeschichte. Menschen mit so schwerwiegenden körperlichen und geistigen Handicaps gelingt es nur selten, am ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Umso wichtiger ist es, ein solch ermutigendes Beispiel vorzustellen. Intensive Beratung, Betreuung und Förderung zahlen sich aus, wenn Arbeitgeber bereit sind, Chancen zu eröffnen. Vor allem aber beeindrucken die Eigeninitiative und das Durchhaltevermögen des jungen Mannes.“

Schreinermeister Schütter leitet ein Unternehmen mit fünfzehn Beschäftigten, das auf Montage und Instandhaltung spezialisiert ist und wie viele Handwerksbetriebe Mühe hat, Mitarbeiter und Azubis zu finden: „Als ich Kind war, konnten meinen Eltern jeden Sommer aus einem großen Stapel Bewerbungen auswählen. Heute kenne ich Maler-Kollegen, die seit fünf Jahren keine Bewerbung mehr bekommen haben.“

Es erfordert Zeit und Geduld, Oliver Keller in die Abläufe einzubinden: „Bei ihm muss ich mehr erklären und kontrollieren als bei anderen“, sagt Schütter. Aber er erkennt auch das Potenzial des Neulings: „Wenn er sich die nötigen Tätigkeiten aneignet, kann er sie genauso gut erledigen wie ein Geselle. Und dann wird er natürlich auch entsprechend bezahlt.“

Der junge Mann, der seit etlichen Jahren einen Führerschein besitzt, wohnt noch bei seiner Mutter. Er fährt täglich mit dem Auto zum Arbeitsort; die einfache Strecke beträgt 50 Kilometer. Seit Wochen denkt er über einen Umzug nach Mainz nach, zumal sein Chef ihm ein Appartement zur Miete anbietet. Ganz allmählich zeichnet sich die Entscheidung ab: „Es wird Zeit, ne eigene Wohnung zu haben. Das krieg ich hin.“ Und mit Blick auf seinen Arbeitgeber: „Dann hoffe ich aber auch, dass es hier weitergeht, Dennis!“Pressemitteilung

Agentur für Arbeit Montabaur

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