Martin-Butzer-Gymnasium Dierdorf

Schüler verfolgen ihren Müll

Besuch der Abfallentsorgungsanlage Linkenbach und Sortieranlage von SUEZ in Ochtendung

Schüler verfolgen ihren Müll

Die Schülergruppe in Linkenbach.Foto: privat

08.05.2019 - 17:19

Dierdorf. „Am Ende wird der ganze Müll doch sowieso zusammengekippt und verbrannt!“ Diese Aussage hört man immer wieder, wenn es um das deutsche Mülltrennungssystem geht und sie wird gerne als Ausrede genutzt, den Müll nicht trennen zu müssen. Um Klarheit zu schaffen und um herauszufinden, wie sinnvoll Mülltrennung wirklich ist, besuchten 22 Schülerinnen und Schüler des Martin-Butzer-Gymnasiums in Dierdorf die Abfallentsorgungsanlage Linkenbach und das Entsorgungsunternehmen Suez in Ochtendung.

Im Rahmen des Erasmus+ Projekts „Life in Plastic – Is it fantastic?“ setzen sich die Schülerinnen und Schüler der Life in Plastic-AG des Martin-Butzer-Gymnasiums Dierdorf mit diesen und ähnlichen Fragen auseinander. Sie bereiten sich derzeit auf das nächste Treffen mit ihren Partnerschulen vor, denn zusammen mit Polen, Dänen und Italienern widmen sie sich dem aktuellen Thema „Plastik“ auf lokaler und europäischer Ebene.

Daher sind die Schüler vor Kurzem zu der größten Abfallentsorgungsanlage des Kreis Neuwieds nach Linkenbach gefahren und haben sich von einem Fachmann erklären lassen, was mit ihrem Restmüll passiert. Die Deponie ist ausschließlich für den nichtbrennbaren Anteil des Restmülls vorgesehen. Um diesen lagern zu können, muss er zunächst zerkleinert und die brennwerten Bestandteile müssen aussortiert werden. Nach der Behandlung in der Mechanisch-Biologischen Abfallbehandlungsanlage (MBA) kommt er in die Nachrotte und wird schließlich abluftbehandelt. Während des Rundgangs sahen die Schüler den Wertstoffhof, die MBA mit separater Nachrotte und die Deponie und konnten die einzelnen Schritte der Müllverarbeitung mit eigenen Augen nachverfolgen.


Vieles gehört in die grüne Tonne


Schockierend war der Anblick der Nachrotte, auf der die Schüler viel Plastikmüll erkennen konnten. Vieles davon gehört im Kreis Neuwied eigentlich in die grüne Tonne für Verpackungsabfälle beziehungsweise andernorts in den „gelben Sack“ oder die gelbe Tonne. Dieser Müll hätte wiederverwertet werden können. Da die Menschen ihn jedoch stattdessen zum Restmüll geworfen haben, können wertvolle Rohstoffe nicht weiter genutzt werden und gehen dem Kreislauf verloren. Eine Schwachstelle des Abfallsystems besteht aber auch bei jenen Kunststoffen, die dem Recycling zugeführt werden könnten, aber bisher im Restmüll und damit auf der Deponie landen müssen, da sie keine Verpackungen sind.

Positive Erkenntnis erhielten die Schüler jedoch über die Entwicklung der Restabfallmenge, die über die Jahre stark gesunken ist, woraus man schließen kann, dass mehr Stoffe recycelt werden können oder kompostiert werden und ihren Nutzen nicht verlieren, da sie im Stoffkreislauf bleiben.

Eine Woche später besichtigte die Gruppe die Sortieranlage für Leichtverpackungen des Entsorgungsunternehmens Suez am Standort in Ochtendung zwischen Koblenz und Mayen. Suez kümmert sich im Kreis Neuwied um die Leerung der grünen Tonne, also den Verpackungsmüll. Schon vor der Besichtigung der Anlage kam die Sprache auf den „Grünen Punkt“. Dieser ist ein Logo des Dualen Systems, welches 1991 eingeführt wurde, um die Menge des Restmülls zu reduzieren und mehr zu recyceln.

Der Grüne Punkt ist jedoch nur ein Teil des gelben Sacks, in dem auch noch anderer Verpackungsmüll entsorgt wird. Suez ist dafür zuständig, dass der Plastikmüll gesammelt, sortiert und weiterverarbeitet werden kann. Innerhalb der Anlage durchläuft der gelbe Sack viele Prozesse, in denen der Müll immer präziser getrennt wird. Suez nutzt dazu unter anderem 17 Scanner der Firma Tomra, die in der Stunde 17 Tonnen Müll sortieren. Am Ende des Verfahrens sind Metalle, Tetrapacks, große Folien, und Kunststoffe wie PP, PE, PET und PS aussortiert und es bleibt ein Rest von etwa 25 Prozent der Abfallmenge übrig, der verbrannt wird. Insgesamt werden also 75 Prozent des gelben Sacks recycelt. Die sortierten Rohstoffe werden an internationale Kunden verkauft, die diese zu neuen Waren verarbeiten. Zu den durchschnittlichen 25 Prozent Müll, der schließlich als Restmüll übrig bleibt und verbrannt wird, gehören viele Produkte, die fälschlicherweise in den gelben Sack gelangt sind, wie zum Beispiel Schuhe. Außerdem konnten auch hier die Schüler wieder Plastikprodukte erkennen, die eigentlich hätten recycelt werden können.

Der Leiter der Anlage bestätigte dies: Die Scanner können Verpackungen, die nicht vollständig entleert sind, nicht erkennen oder nicht per Luftstoß aussortieren, da sie zu schwer sind. Jedoch dienen die Plastikverpackungen in den Verbrennungsanlagen auch als Zündstoffe, da sie gut brennbar sind.


Schüler wollen Erkenntnisse umsetzen


Zusammenfassend haben die beiden Exkursionen den Schülerinnen und Schülern viele neue Erkenntnisse gebracht, die sie nun an die Öffentlichkeit weitergeben und zum nächsten Erasmus+ Treffen mitnehmen wollen: Zunächst haben die Schüler gelernt, dass der vom Verbraucher sortierte Müll nicht zusammengekippt wird. Mülltrennung Zuhause wie auch im öffentlichen Raum, beispielsweise in der Schule, macht Sinn und man sollte sie nicht vernachlässigen, um den Anteil des Restmülls, der deponiert werden muss, weiter zu verringern. Die sogenannte „thermische Verwertung“ von Müll – das Verbrennen beispielsweise bei der Zementherstellung – kann auch dazu dienen, andere Brennstoffe zu ersetzen. Ein Rohstoffkreislauf kann aber nur durch Recycling entstehen. Damit das Recycling aber besser funktioniert, sollte man Verpackungsprodukte schon so weit wie möglich trennen, bevor man sie in den Mülleimer wirft. Label und Etiketten sollte man dementsprechend schon vorher von den Produkten lösen. Dadurch können die Scanner in den Anlagen die einzelnen Plastikteile besser scannen und zuordnen.

Eine weitere praktische Aufgabe, die die Schüler nun umsetzen möchten, ist es, schwarzes Plastik zu vermeiden. Dieses reflektiert nämlich kein Licht und kann somit nicht von den Scannern erkannt werden. Außerdem soll man darauf achten, dass der Müll „löffelrein“ ist. Damit ist gemeint, dass in und an den Verpackungen keine großen Essensreste mehr hängen sollen. Die Schüler haben viele halb volle Flaschen auf dem Fließband mit den für die Verbrennung bestimmten Abfällen aus der Sortieranlage gesehen, die aufgrund ihres Inhalts dort gelandet sind. Außerdem bedeutet Recycling oftmals nicht, dass aus dem Joghurtbecher wieder ein Joghurtbecher wird. Stattdessen wird der Verpackungsmüll in minderwertigeren Produkten wiederverwendet. Von einer echten Kreislaufwirtschaft sind wir also noch weit entfernt.

Diese Erfahrungen, Tipps und Hinweise möchten sich die Schüler nicht nur selbst zu Herzen nehmen. Sie hoffen auch, dass sie viele Leser dazu animieren können, ihren Müll sorgfältiger zu trennen und beim Einkauf schon auf Müllvermeidung zu achten. Gleichzeitig erwarten sie, dass Politik und Wirtschaft ihren Anteil der Hausaufgaben übernehmen, indem sie beispielsweise die Abfallsysteme kontrollieren und weiterentwickeln und recyclingfreundlichere Verpackungen herstellen, anstatt lediglich einzelne Produkte mit Symbolcharakter zu verbieten.

Artikel bewerten

rating rating rating rating rating
Kommentare können für diesen Artikel nicht mehr erfasst werden.
Stellenmarkt
Weitere Berichte

Eine Umleitung wird eingerichtet

Straßenschäden bei Neuwied: L 259 wird voll gesperrt

Neuwied. Im Zeitraum vom 02.04. bis voraussichtlich 19.04.2024 werden Instandsetzungsarbeiten am Überführungsbauwerk der L 259 über die B 42 zwischen Neuwied-Block und Heimbach-Weis durchgeführt. Die Fahrbahnbefestigung im Bereich des Überführungsbauwerks weist erhebliche Schäden in Form von Rissen und Belagsausbrüchen auf. mehr...

Die Betrüger wollten vermeintlich defekte Dachrinnen zu überhöhten Preisen reparieren

Bad Hönningen: Polizei unterbindet illegale Arbeiten

Bad Hönningen. Am gestrigen Nachmittag führten Beamte der Polizei Linz eine Kontrolle an einem Mercedes Vito durch. Dabei stellten sie fest, dass die beiden Insassen im Raum Bad Hönningen Hausbesitzern Reparaturarbeiten an Dachrinnen angeboten hatten, ohne über die erforderliche Reisegewerbekarte zu verfügen. Es kam zu keinem Vertragsabschluss an diesem Tag. mehr...

Regional+
 

- Anzeige -

Ei Ei Ei – Die BLICKaktuell Osterüberraschung

Vom 18. März bis 1. April verstecken sich tolle Gewinnspiele und attraktive Aktionen von Unternehmen aus der Region in unserem Osternest. Seid gespannt, was sich hinter dem nächsten Osterei versteckt. Abonniert auch unsere Kanäle auf Facebook und Instagram, um nichts zu verpassen. mehr...

Alter Vorstand ist neuer Vorstand

Sinzig. In Sinzig fand Ende März die turnusmäßige Jahreshauptversammlung der Theatergruppe im Gasthaus „Zur Post“ statt. Der erste Vorsitzende, Wolfgang Staus, begrüßte die zahlreich erschienenen Mitglieder und ließ das vergangene Theaterjahr Revue passieren. Auch die Chronistin Christine Alfter und der Kassierer Dirk Hansen trugen zum Rückblick bei, indem sie über vergangene Ereignisse und den Kassenstand berichteten. mehr...

Anzeige
 
Sie müssen angemeldet sein, um einen Leserbeitrag erstellen zu können.
LESETIPPS
GelesenNeueste
Kommentare

Neulich im Kiosk

von Gregor Schürer

Gabriele Friedrich:
Ein echt blöder Artikel. ...
Thola2:
Sehr geehrter Herr Schürer, willkommen im Leben, willkommen in 2024! Und jetzt???? Was will mir der "Dichter" damit sagen?? Das Geschilderte ist ganz normal in Deutschland. Wollen Sie uns Belehren? Und: 8 Uhr "früh"?? Das können nur Studenten oder Arbeitslose behaupten. Ich "maloche" schon um...
K. Schmidt:
Danke für das Stichwort Weihnachtsmarkt. Zu diesen wurde, z.B. von der DUH, aber auch einigen Politikern, aufgefordert die Beleuchtung wegzulassen oder zu minimieren. Und am letzten Samstag wurde groß dazu aufgerufen, für eine Stunde soviele Lichter wie möglich abzuschalten, als Zeichen für Klimaschutz...
Julia Frericks:
Die Ramadan-Beleuchtungen in Köln und Frankfurt sind wegweisende Initiativen. Die Lichter sorgen für eine festliche Stimmung, egal welcher Religion ich angehöre. Eine Stimmung, die auch bei vielen Nicht-Christen aufkommt, wenn sie z.B. einen Weihnachtsmarkt besuchen. In Köln ging die Initiative für...
K. Schmidt:
Soviel Geld, wie der Steuerzahler für die kath. Kirchen Jahr für Jahr in die Hand nehmen darf (ich meine nicht den Kirchensteuerzahler, sondern wirklich jeden!), soviel Beleuchtung kann man für die anderen Glaubensrichtungen doch gar nicht aufstellen, sonst schaffen wir die Dunkelheit ja komplett a...

Kreishaushalte in der Krise

K. Schmidt:
Die meisten der Landrätinnen und Landräte gehören doch einer Partei an, die Fraktionen der Kreistage auch. Ein Apell des Landkreistages an die Landesregierung ist nett, aber doch nicht mehr als ein unnötiger Umweg. Die Parteien, die sich auf der Landkreisebene finden, sind am Ende die gleichen, die...
Haftnotiz+
aktuelle Beilagen
Inhalt kann nicht geladen werden

 

Firma eintragen und Reichweite erhöhen!
Service