Martin-Butzer-Gymnasium Dierdorf

Schüler verfolgen ihren Müll

Schüler verfolgen ihren Müll

Die Schülergruppe in Linkenbach.Foto: privat

Dierdorf. „Am Ende wird der ganze Müll doch sowieso zusammengekippt und verbrannt!“ Diese Aussage hört man immer wieder, wenn es um das deutsche Mülltrennungssystem geht und sie wird gerne als Ausrede genutzt, den Müll nicht trennen zu müssen. Um Klarheit zu schaffen und um herauszufinden, wie sinnvoll Mülltrennung wirklich ist, besuchten 22 Schülerinnen und Schüler des Martin-Butzer-Gymnasiums in Dierdorf die Abfallentsorgungsanlage Linkenbach und das Entsorgungsunternehmen Suez in Ochtendung.

Im Rahmen des Erasmus+ Projekts „Life in Plastic – Is it fantastic?“ setzen sich die Schülerinnen und Schüler der Life in Plastic-AG des Martin-Butzer-Gymnasiums Dierdorf mit diesen und ähnlichen Fragen auseinander. Sie bereiten sich derzeit auf das nächste Treffen mit ihren Partnerschulen vor, denn zusammen mit Polen, Dänen und Italienern widmen sie sich dem aktuellen Thema „Plastik“ auf lokaler und europäischer Ebene.

Daher sind die Schüler vor Kurzem zu der größten Abfallentsorgungsanlage des Kreis Neuwieds nach Linkenbach gefahren und haben sich von einem Fachmann erklären lassen, was mit ihrem Restmüll passiert. Die Deponie ist ausschließlich für den nichtbrennbaren Anteil des Restmülls vorgesehen. Um diesen lagern zu können, muss er zunächst zerkleinert und die brennwerten Bestandteile müssen aussortiert werden. Nach der Behandlung in der Mechanisch-Biologischen Abfallbehandlungsanlage (MBA) kommt er in die Nachrotte und wird schließlich abluftbehandelt. Während des Rundgangs sahen die Schüler den Wertstoffhof, die MBA mit separater Nachrotte und die Deponie und konnten die einzelnen Schritte der Müllverarbeitung mit eigenen Augen nachverfolgen.

Vieles gehört in die grüne Tonne

Schockierend war der Anblick der Nachrotte, auf der die Schüler viel Plastikmüll erkennen konnten. Vieles davon gehört im Kreis Neuwied eigentlich in die grüne Tonne für Verpackungsabfälle beziehungsweise andernorts in den „gelben Sack“ oder die gelbe Tonne. Dieser Müll hätte wiederverwertet werden können. Da die Menschen ihn jedoch stattdessen zum Restmüll geworfen haben, können wertvolle Rohstoffe nicht weiter genutzt werden und gehen dem Kreislauf verloren. Eine Schwachstelle des Abfallsystems besteht aber auch bei jenen Kunststoffen, die dem Recycling zugeführt werden könnten, aber bisher im Restmüll und damit auf der Deponie landen müssen, da sie keine Verpackungen sind.

Positive Erkenntnis erhielten die Schüler jedoch über die Entwicklung der Restabfallmenge, die über die Jahre stark gesunken ist, woraus man schließen kann, dass mehr Stoffe recycelt werden können oder kompostiert werden und ihren Nutzen nicht verlieren, da sie im Stoffkreislauf bleiben.

Eine Woche später besichtigte die Gruppe die Sortieranlage für Leichtverpackungen des Entsorgungsunternehmens Suez am Standort in Ochtendung zwischen Koblenz und Mayen. Suez kümmert sich im Kreis Neuwied um die Leerung der grünen Tonne, also den Verpackungsmüll. Schon vor der Besichtigung der Anlage kam die Sprache auf den „Grünen Punkt“. Dieser ist ein Logo des Dualen Systems, welches 1991 eingeführt wurde, um die Menge des Restmülls zu reduzieren und mehr zu recyceln.

Der Grüne Punkt ist jedoch nur ein Teil des gelben Sacks, in dem auch noch anderer Verpackungsmüll entsorgt wird. Suez ist dafür zuständig, dass der Plastikmüll gesammelt, sortiert und weiterverarbeitet werden kann. Innerhalb der Anlage durchläuft der gelbe Sack viele Prozesse, in denen der Müll immer präziser getrennt wird. Suez nutzt dazu unter anderem 17 Scanner der Firma Tomra, die in der Stunde 17 Tonnen Müll sortieren. Am Ende des Verfahrens sind Metalle, Tetrapacks, große Folien, und Kunststoffe wie PP, PE, PET und PS aussortiert und es bleibt ein Rest von etwa 25 Prozent der Abfallmenge übrig, der verbrannt wird. Insgesamt werden also 75 Prozent des gelben Sacks recycelt. Die sortierten Rohstoffe werden an internationale Kunden verkauft, die diese zu neuen Waren verarbeiten. Zu den durchschnittlichen 25 Prozent Müll, der schließlich als Restmüll übrig bleibt und verbrannt wird, gehören viele Produkte, die fälschlicherweise in den gelben Sack gelangt sind, wie zum Beispiel Schuhe. Außerdem konnten auch hier die Schüler wieder Plastikprodukte erkennen, die eigentlich hätten recycelt werden können.

Der Leiter der Anlage bestätigte dies: Die Scanner können Verpackungen, die nicht vollständig entleert sind, nicht erkennen oder nicht per Luftstoß aussortieren, da sie zu schwer sind. Jedoch dienen die Plastikverpackungen in den Verbrennungsanlagen auch als Zündstoffe, da sie gut brennbar sind.

Schüler wollen

Erkenntnisse umsetzen

Zusammenfassend haben die beiden Exkursionen den Schülerinnen und Schülern viele neue Erkenntnisse gebracht, die sie nun an die Öffentlichkeit weitergeben und zum nächsten Erasmus+ Treffen mitnehmen wollen: Zunächst haben die Schüler gelernt, dass der vom Verbraucher sortierte Müll nicht zusammengekippt wird. Mülltrennung Zuhause wie auch im öffentlichen Raum, beispielsweise in der Schule, macht Sinn und man sollte sie nicht vernachlässigen, um den Anteil des Restmülls, der deponiert werden muss, weiter zu verringern. Die sogenannte „thermische Verwertung“ von Müll – das Verbrennen beispielsweise bei der Zementherstellung – kann auch dazu dienen, andere Brennstoffe zu ersetzen. Ein Rohstoffkreislauf kann aber nur durch Recycling entstehen. Damit das Recycling aber besser funktioniert, sollte man Verpackungsprodukte schon so weit wie möglich trennen, bevor man sie in den Mülleimer wirft. Label und Etiketten sollte man dementsprechend schon vorher von den Produkten lösen. Dadurch können die Scanner in den Anlagen die einzelnen Plastikteile besser scannen und zuordnen.

Eine weitere praktische Aufgabe, die die Schüler nun umsetzen möchten, ist es, schwarzes Plastik zu vermeiden. Dieses reflektiert nämlich kein Licht und kann somit nicht von den Scannern erkannt werden. Außerdem soll man darauf achten, dass der Müll „löffelrein“ ist. Damit ist gemeint, dass in und an den Verpackungen keine großen Essensreste mehr hängen sollen. Die Schüler haben viele halb volle Flaschen auf dem Fließband mit den für die Verbrennung bestimmten Abfällen aus der Sortieranlage gesehen, die aufgrund ihres Inhalts dort gelandet sind. Außerdem bedeutet Recycling oftmals nicht, dass aus dem Joghurtbecher wieder ein Joghurtbecher wird. Stattdessen wird der Verpackungsmüll in minderwertigeren Produkten wiederverwendet. Von einer echten Kreislaufwirtschaft sind wir also noch weit entfernt.

Diese Erfahrungen, Tipps und Hinweise möchten sich die Schüler nicht nur selbst zu Herzen nehmen. Sie hoffen auch, dass sie viele Leser dazu animieren können, ihren Müll sorgfältiger zu trennen und beim Einkauf schon auf Müllvermeidung zu achten. Gleichzeitig erwarten sie, dass Politik und Wirtschaft ihren Anteil der Hausaufgaben übernehmen, indem sie beispielsweise die Abfallsysteme kontrollieren und weiterentwickeln und recyclingfreundlichere Verpackungen herstellen, anstatt lediglich einzelne Produkte mit Symbolcharakter zu verbieten.