Drei Ereignisse waren Anlass zur Feierstunde in der ehemaligen Synagoge in Niederzissen

„Seit undenklichen Zeiten...Der jüdische Friedhof Niederzissen“

„Seit undenklichen Zeiten...
Der jüdische Friedhof Niederzissen“

Das neue Buch wurde in der ehemaligen Synagoge vorgestellt.Zahlreiche Gäste gratulierten und sprachen ihre Grußworte. Fotos: HE

„Seit undenklichen Zeiten...
Der jüdische Friedhof Niederzissen“

Richard Keuler, der Vorsitzende desHeimat- und Kulturvreins begrüßte die Gäste.

„Seit undenklichen Zeiten...
Der jüdische Friedhof Niederzissen“

Ortsbürgermeister Rolf Hans schildertesehr eindrucksvoll den Werdegang des An kaufs der Synagoge.

„Seit undenklichen Zeiten...
Der jüdische Friedhof Niederzissen“

Johannes Bell, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Brohltal zeigte sich entsetzt über die gegenwärtige politische Entwicklung.

„Seit undenklichen Zeiten...
Der jüdische Friedhof Niederzissen“

Kreisbeigeordneter Horst Gies überbrachte die Grüßedes Landrates.

„Seit undenklichen Zeiten...
Der jüdische Friedhof Niederzissen“

Der jüdische Friedhof in Niederzissen. Um dessen Erhalt kümmert sich der Kultur- und Heimatverein ehrenamtlich seit 12 Jahren.

„Seit undenklichen Zeiten...
Der jüdische Friedhof Niederzissen“

Vor zehn Jahren wurde die ehemalige Synagoge in Niederzissen nach zweijährigen Beratungen von der Gemeinde erworben.

„Seit undenklichen Zeiten...
Der jüdische Friedhof Niederzissen“

Dr. Christoph Simonis von der jüdischen Gemeinde in Koblenz: „Niemand wird als Antisemit geboren.“

Niederzissen. Der 9. November ist der Gedenktag an die Pogromnacht in Deutschland im Jahr 1938. In dieser Nacht stürmten Nazis die Synagogen im Land, plünderten und steckten sie in Brand. Jetzt – 81 Jahre später fand in der ehemaligen Synagoge in Niederzissen die Vorstellung des Buches „Seit undenklichen Zeiten... Der jüdische Friedhof Niederzissen“ von Gerdt Fried und Brunhilde Stürmer. Es ist bereits die zweite überarbeitete Auflage, denn die erste ist bereits vergriffen. Die auffällige Polizeipräsenz vor dem Gebäude wirkte erschreckend und beruhigend zugleich, war abr wohl vor allem im Zusammenhang mit dem Gedenktag erforderlich.

Der Vorsitzende des Kultur- und Heimatvereins Niederzissen begrüßte die Gäste in der ehemaligen Synagoge, so die Bürgermeister Rolf Hans, Johannes Bell und aus Brenk Bürgermeister Christoph Stenz, den Kreisbeigeordneten Horst Gies, sowie den Landtagsabgeordneten Guido Ernst. Ebenso hieß er als Vertreter der jüdischen Gemeinde Koblenz Dr. Christoph Simonis und Marina Kashdan willkommen, Abt Benedikt Müntnich und natürlich die Autorin und jetzt Trägerin des Bundesverdienstkreuzes Brunhilde Stürmer sowie ihre Mitstreiterin Brigitte Decker, die maßgeblich an der Überarbeitung des Buches beteiligt war.

„Heute vor 81 Jahren geschah es in Niederzissen, vor einem Monat, am 9, Oktober, in Halle,“ begann Richard Keuler seine Begrüßungsrede. „Im November 1938 erstürmten Schergen des Naziregimes dieses Haus, die Synagoge der jüdischen Gemeinde. Sie entweihten das damalige Versammlungs- und Gotteshaus, in dem die Menschen jüdischen Glaubens aus Niederzissen und dem Brohltal zusammen kamen, im Gebet mit Gott in Verbindung traten, lernten und die Feste im Jahreskreis feierten.“ Und im weiteren Verlauf betont er: „Das Erlebte damals und die aktuellen Ereignisse führen uns besonders vor Augen, dass die Gesellschaft endlich aufwachen und erkennen muss, wie tief und breit Antisemitismus in Deutschland verbreitet ist. Das macht mich wütend und traurig zugleich. Es bestärkt mich aber auch, und da schließe ich uns alle ein, die wir heute hier sind und besonders die, die sich hier permanent engagieren, unseren eingeschlagenen Weg der Aufklärung und aktiven Mitarbeit gegen Antisemitismus zu verstärken.“

Dies wusste auch Bürgermeister Rolf Hans zu bestätigen, indem er einen Einblick in die Geschichte der Synagoge und vor allem dem Auf und Ab des Ankaufes durch die Gemeinde gab. Vor zehn Jahren hatte diese nämlich nach zweijährigem Ringen und den Bemühungen einer Bürgerinitiative das Gebäude, das inzwischen als Schmiede und Traktorenwerkstatt genutzt wurde, gekauft, und dann begann die aufwändige Renovierung und Wiederherstellung durch den Heimat- und Kulturverein, der auch heute noch verantwortlich für den perfekten Zustand des Hauses zeichnet. Zwei Jahre lang hatten die Bürger und Ratsmitglieder beraten und gestritten, bis es zum Kaufentscheid kam. „Die Bürgerschaft der Gemeinde Niederzissen war wegen des Ankaufs zweigeteilt“, so Ortsbürgermeister Rolf Hans. „Es gab Befürworter, aber auch lautstarke Gegner. Mir Anfeindungen mussten sich zahlreiche Mitglieder des Kultur- und Heimatvereins auseinandersetzen.“

Seitdem wurde das Gebäude saniert und wiederhergestellt und dient heute als Veranstaltungsort für die Gemeinde und für Vereine und ist zusätzlich zu einem Heimat- und Kulturdenkmal geworden, das über die Grenzen des Ortes hinaus bekannt ist.

Es geschah auch bei uns

Kreisbeigeordneter Horst Gies überbrachte die Grüße des Landrates und erläuterte in seinem Grußwort: „Vor 81 Jahren brannten in Deutschland die Synagogen, wurden jüdische Geschäfte, Wohnungen und Einrichtungen verwüstet, unschuldige Menschen verhaftet, misshandelt und in Konzentrationslager verschleppt. Das geschah auch bei uns: In Niederzissen, Königsfeld, Gelsdorf, Sinzig, Remagen, Bad Neuenahr und Ahrweiler“. Das ehrenamtliche Engagement des Vereins wurde bereits 2013 durch den Kreis mit der Verleihung der Ehrenplakette gewürdigt. Ebenso sei eine finanzielle Unterstützung erfolgt, im Laufe der Jahre seien so 6.500 Euro geflossen. Die zweite, überarbeitete Auflage des Buches von Gerdt Fried und Brunhilde Stürmer sei eine hervorragende Teamarbeit und könne sich sehen lassen.

Der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Brohltal, Johannes Bell, zeigte sich bedrückt von der gegenwärtigen Entwicklung: „Die bürgerlichen Parteien der Mitte haben ihre Mehrheiten verloren.“ Dies zeige nicht nur die politische Entwicklung in Thüringen, sondern auch ein Blick in europäische Nachbarländer sowie nach Russland und in die USA. Es könne „einem angst und bange werden, die Nationalsozialisten dürfen eben nicht, wie vor 80 Jahren, erneut zum Erfolg kommen.“ Daher müsse man Einrichtungen wie die ehemalige Synagoge und damit auch den Heimatverein unterstützen. Dies bestätigte auch Dr. Christoph Simonis von der jüdischen Gemeinde in Koblenz: „Niemand wird als Antisemit geboren, dies wird im Laufe der Sozialisierung von Generation zu Generation weitergegeben. Was kann man tun? Man muss bei der jungen Generation ansetzen und durch Bildung und Information eine Entwicklung wie vor 80 Jahren verhindern.“

Im Anschluss stellten Brunhilde Stürmer und Brigitte Decker das neue Buch vor, das in einer überarbeiteten Ausgabe und mit verbessertem Kartenmaterial ab sofort in der Buchhandlung Maria Laach zum Presi von 15 Euro erhältlich sein wird.