Schlosstheater Neuwied: Eine Ära nähert sich dem Ende

Walter Ullrich – ein Leben auf, vor und hinter der Bühne

BLICK aktuell sprach mit dem scheidenden Intendanten

Walter Ullrich – ein Leben
auf, vor und hinter der Bühne

Walter Ullrich. Foto: Schlosstheater

27.10.2017 - 10:55

Neuwied. Bald geht eine Ära der Neuwieder Theatergeschichte zu Ende. In den letzten 38 Jahren leitete der Schauspieler, Regisseur und Intendant Walter Ullrich die Geschicke der Landesbühne in der Deichstadt. Und nicht nur das, er leitet auch seit 1958 „sein“ Kleines Theater Bad Godesberg, das heute eng mit dem Neuwieder Schlosstheater verbunden ist.


Seit 1979 Intendant in Neuwied


1979 wurde Walter Ulrich Intendant des Neuwieder Schlosstheaters, das er seither leitet. Auch auf der Bühne kann man ihn zuweilen als Darsteller erleben, und im Laufe der Zeit hat er viele Rollen gespielt und auch Regie geführt. Kleine Ensembles, wirtschaftliches Denken und dennoch gute Inszenierungen sind seit vielen Jahren sein Markenzeichen. Auch an ungewöhnliche Projekte wagte er sich stets heran. So gibt es seit neun Jahren das „Theater im Tunnel“, ein Stück über den 7. März 1945, als die Amerikaner in Remagen den Rhein überquerten. Das Stück „Die Brücke“ wird im Tunnel am Brückenkopf in Erpel gespielt und ist längst kein Geheimtipp mehr, sondern eine Erfolgsgeschichte. Und auch in vielen Film- und Fernsehproduktionen hat er mitgespielt, ein Schauspieler mit Leib und Seele. Für BLICK aktuell beantwortete er einige Fragen.

BLICK aktuell: Sie sind seit so vielen Jahren ein Begriff in Neuwied, wenn es um das Schlosstheater geht. Das Publikum erlebt Sie als engagierten Intendanten und begnadeten Schauspieler. Wie hat das alles angefangen?

Walter Ullrich: „Ich habe schon im zarten Alter von vier Jahren auf der Bühne gestanden. Mein Vater war Schauspieler, meine Mutter Sängerin. Mein Vater spielte am Freiberger Theater in Sachsen. Ich spielte das Kind in Butterfly und den Knaben bei Wilhelm Tell. In der Operette `drei arme kleine Mädels` spielte ich die kleine Beate. In der Folge musste ich oft Mädchenrollen übernehmen. Der Intendant meinte zu meinem Vater: Meinen Sie, er könnte nochmal…? Mein Vater sagte: ´Fragen Sie ihn selbst`, und so musste ich wieder einmal ins Büro des Intendanten. Ich war das einzige Kind weit und breit, das ohne sächsischen Akzent sprechen konnte, meine Familie kam ja aus Mönchengladbach. Ich hatte natürlich Angst, dass meine Schulkameraden mitbekämen, dass ich Mädchenrollen spielte.“

BLICK aktuell: Wie kam es dann, dass Sie tatsächlich Schauspieler wurden?

Walter Ullrich: „Erst einmal kam der Krieg. Mein Vater wurde eingezogen, und wir hörten lange nichts von ihm. Meine Mutter konsultierte in ihrer Verzweiflung eine Wahrsagerin, die ihr prophezeite, dass er gesund zurückkäme. Und so war es dann wirklich auch. Mir sagte sie voraus, dass ich nicht Schauspieler werden würde, sie sähe mich überwiegend mit Papier beschäftigt.

Damit hat sie im Grunde recht behalten, dreiviertel meiner Arbeit besteht aus Büro- und Verwaltungstätigkeiten. Mit 14 wurde ich zunächst zum sogenannten Volkssturm eingezogen, nach Ende des Krieges wohnte ich in Halberstadt bei einer Tante, in deren Wohnung auch Musiker und Sänger untergekommen waren. Die Stadt war nach dem Krieg zwar amerikanisch besetzt, wurde aber schon nach kurzer Zeit den Russen übergeben. Der russische Stadtkommandant war theaterbegeistert und gab die Erlaubnis das Theater wieder spielen zu lassen. Das ließen wir uns nicht zweimal sagen, wir spielten wir in der Kantine von Heines Würstchenfabrik. Ich wollte immer Schauspieler werden. Nach den Proben, wenn die anderen nach ihren Szenen nach Hause gingen, bin ich geblieben, habe gelernt von dem, was auf der Bühne geschah. Ich habe nie eine Schauspielschule besucht. Das Handwerk habe ich in der Praxis gelernt. Das wäre heute sicher nicht mehr so möglich, aber damals waren andere Zeiten.“

BLICK aktuell: Wie ging es dann weiter? Wie kamen Sie nach Neuwied?

Walter Ullrich: „Nach der Zeit in Halberstadt kamen Bad Godesberg, Hagen, Aachen und Wuppertal, und schließlich wurde ich in Bad Godesberg sesshaft. 1969 unterschrieb ich einen Vertrag mit der Stadt über das Kleine Theater. Zwei Tage später wurde die Stadt Bad Godesberg eingemeindet und ein Teil der damaligen Bundeshauptstadt Bonn. Es war sozusagen die letzte Möglichkeit hier ein eigenständiges Theater zu erhalten, allerdings für mich zu einem hohen Preis. Ich verpflichtete mich, dafür zu sorgen, dass dort 50 Jahre lang Theater gespielt wird. Die enormen Kosten für den Umbau musste ich selbst tragen. All das habe ich getan und den Vertrag erfüllt. Dieser läuft nun aus, und das ist für mich der Anlass, mich nun zur Ruhe zu setzen. Der Kritiker Andreas Pecht schrieb einmal: `Eine Reise nach Neuwied ist wie eine Reise in eine versunkene Theaterwelt. Walter Ullrich spielt Theater, als sei das moderne Regietheater noch nicht erfunden, aber eines muss man ihm lassen: Damit ist er sehr erfolgreich. `“

BLICK aktuell: Wie finden Sie Ihren Nachfolger?

Walter Ullrich: Lajos Wenzel ist ein engagierter Mann, der in den vergangenen Jahren schon gezeigt hat, dass er zu uns passt. Er wurde vom Theaterrat bestätigt und für fünf Jahre verpflichtet. Ich halte ihn für einen integren Nachfolger.

BLICK aktuell: Vielen Dank für dieses Gespräch.-he-

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