In der Adventskirche in Sinzig ertönt eine neue Orgel mit vollerem Klang

„Wie ein kleines Wunder“

„Wie ein kleines Wunder“

Ulrich Kyrion baute die Orgel in 2550 Arbeits¬stunden für die katholische Heilig Geist-Kirche von Markoldendorf und machte sie schließlich zum Geschenk für die evangelische Adventskirche in Sinzig. Foto: Evangelische Kirchengemeinde Remagen-Sinzig

06.09.2022 - 09:25

Sinzig. Es hat sich etwas geändert in der Adventskirche. Eine neue Orgel ist auf die Empore gezogen und bereichert mit frischem Klang die Gottesdienste. Sie ist ein Geschenk aus Niedersachsen und wurde geschaffen, um eine Kirche voller zu machen.

Für die Sinziger Adventskirche ist die Orgel eine Neuheit, wenn auch mit bedeutsamem Vorleben. Doch die Mitglieder der Evangelischen Kirchengemeinde Remagen-Sinzig freuen sich zunächst einmal, dass sie wieder auf ein intaktes Instrument zählen können. „Die Orgel füllt die Kirche. Sie erzeugt einen schönen Klang. Vorher hat es so gepresst geklungen“, sagt Pfarrerin Kerstin Laubmann.

Ein Blick zur Empore an der Ostseite der Kirche zeigt, wie gut sich der musikalische Zuwachs zudem in die Architektur fügt. Die Anordnung der Pfeifen in Form einer beidseitig eingezogenen Wölbung korrespondiert hervorragend mit den Bögen des Gebäudes. Sie stößt nicht an die Kirchendecke, hätte aber auch nicht wesentlich größer sein dürfen. „Wir waren total überrascht, sie passt genau dahin“, stellt die Pfarrerin fest.

Die frühere, 1989 erworbene, elektronische Orgel ließ zu wünschen übrig. Vorgänger war ein Harmonium. Ob die Gottesdienstbesucher die Mängel der elektronischen Orgel hörten? Jedenfalls konnten zuletzt nicht mehr alle Töne gespielt werden. „Es rauschte, Töne blieben hängen, und es bestand die Sorge, ob das Instrument durchhält.“ Zudem berichtet Laubmann: „Es machte die Organisten nicht froh, an der Orgel zu spielen, es hieß, man könne damit nicht arbeiten, sich musikalisch nicht weiterentwickeln“. Eine Neuanschaffung schien ratsam.


Neues Instrument gesucht


So wurde Daniel Andernach, der junge, bei seiner Einführung 2019 erst 20-jährige Organist der Kirchengemeinde, mit der Suche betraut. Laubmann: „Klar war, wir können nur eine Gebrauchte kaufen, aber auch die hat ihren Preis“. Der Organist machte ein Exemplar in Oberwesel aus. Dagegen sprach: „Zu groß und nicht der richtige Prospekt.“ Auch das Gewicht spielte eine Rolle. Um die Statik-Frage zu klären, halfen alte Bauunterlagen, die der Kirchengemeinde nicht, zum Glück indes noch der Kreisverwaltung vorlagen.

Eine andere Orgel schied aus, weil es für sie keine Ersatzteile gab. Ende Mai aber teilte Andernach der Presbyteriumssitzung mit, er hätte etwas im Internet entdeckt. Gemeinsam mit Presbyter Torsten Wegel ging die Fahrt nach Niedersachsen, Markoldendorf, deren ehemalige Pfarrvikarie Heilig Geist seit 2004 zum Gemeindeverbund St. Josef Einbeck und Dassel gehörte. Ehedem wuchs die katholische Gemeinde, sodass man in Markoldendorf die 1967 eingeweihte Heilig Geist Kirche erbaute. Zuvor hatte die evangelische Gemeinde den Katholiken jahrelang Gotteshäuser zur Verfügung gestellt.

Als bereits in den 1980ern, 20 Jahre nach der Errichtung der Heilig Geist Kirche, der Gottesdienstbesuch stetig zurückging, fragte sich Ulrich Kyrion, Organist der Kirche, „ob eine richtige Orgel wohl dazu beitragen kann, wieder mehr Menschen in die Kirche zu führen“? Denn auch in Markoldendorf hatte man sich bislang mit einem schwachen Instrument begnügt. Kyrion stellte sich selbst der Mammutaufgabe. Er plante und baute eine dem Kirchenraum in Lautstärke, Klang und Erscheinung angepasste Orgel. Im Oktober 1985 begann er. Nach sechseinhalb Jahren Bauzeit und 2550 in Urlaub und Freizeit geleisteten Arbeitsstunden stellte er die „maßgeschneiderte“ Orgel fertig. Um Kosten einzudämmen, stellte er alle Bauteile eigenhändig her. Nur Bausätze der Metallpfeifen, die Klaviaturen und das Pedalregister kaufte er zu.


„Ökumenische Orgel“ gefunden


Die Orgel besitzt zwei Manuale, vier Metallregister und sieben Holzregister. Sie besteht, Kleinteile nicht mitgerechnet, aus 8112 verbauten Einzelteilen, davon allein 3070 für die Holzpfeifen-Herstellung. Vier Monate dauerte es nach der Aufstellung, bis das neue Instrument mit seinen 670 Pfeifen für den Kirchenraum gestimmt war. Im Pfarrbrief März bis Mai 2019 steht: „1992 fand die feierliche Einweihung der Orgel statt. Seit dieser Zeit trägt dieses Instrument mit seinem über die Jahre unverändert harmonischen Klang ganz wesentlich zur Gestaltung würdiger Gottesdienste in Heilig Geist bei.“

Das ist Vergangenheit. Die Kirche wurde profaniert. Durch das großzügige Geschenk des Orgelbauers, der während der Verhandlungen, die sein Sohn Peter fortführte, verstarb, hat das Instrument eine Zukunft in Sinzig gefunden. „Eine Orgel aus einer katholischen Gemeinde für unsere evangelische Gemeinde, das ist auch ein Stück Ökumene“, sagt Pfarrerin Laubmann. Und ein Kreis schließt sich, bedenkt man, dass die Katholiken Markoldendorfs und Umgebung von den evangelischen Christen unterstützt wurden.

Die Remagener Orgelbau-Firma Merten wurde mit dem Transport, Aufbau, Überprüfung, Reinigung und Stimmung des Instruments beauftragt. Inhaber Martin Hiltmann staunt, „es ist, als wäre sie für die Kirche gemacht.“ Kerstin Laubmann sagt, „für mich ist es wie ein kleines Wunder, dass sie bei uns gelandet ist“.


Benefizgottesdienst


Auch eine geschenkte Orgel kostet Geld: Sie musste abgebaut, nach Sinzig transportiert, in ihren vielen Einzelteilen wieder aufgebaut und teils gereinigt werden. Die Kosten betragen 16.000 Euro. Daher sind der Evangelischen Kirchengemeinde Spenden willkommen. Sie lädt ein für Samstag, 24. September, 18 Uhr, zum Benefizkonzert zur Einweihung der neuen Orgel in der Adventskirche Sinzig. Die Besucher erwartet eine musikalische Reise durch verschiedene Epochen, gespickt mit Informationen zum neuen Instrument. Abschließend gibt es für technisch Interessierte eine Orgelführung. Der Eintritt ist frei, um eine Spende für die Kirchenmusik und die Anschaffung dieses Instruments wird gebeten.

HG

Artikel bewerten

rating rating rating rating rating
Kommentare können für diesen Artikel nicht mehr erfasst werden.
Stellenmarkt
Weitere Berichte

Stadt rät dazu, in Flussnähe parkende Fahrzeuge wegzufahren

Mayen: Nette droht überzutreten

Mayen. Die Stadtverwaltung Mayen warnt aktuell vor einem Übertreten der Nette. Der Pegel der Nette ist durch die Regenfälle der letzten Tage bereits erhöht und obwohl es nicht regnet, sinkt der Pegel nicht, sondern stagniert nur. Bei weiteren Niederschlägen rechnet die Stadt daher mit einem Steigen des Pegels und einem damit einhergehenden Übertreten der Nette. mehr...

Aktuelle Lage im Kreis Ahrweiler

Kreis Ahrweiler: Ahr-Pegel aktuell „nicht besorgniserregend“

Kreis Ahrweiler. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) hat eine Vorabinformation zu möglichen schweren Gewittern für den Kreis Ahrweiler herausgegeben. Demnach sind ab dem frühen Dienstagnachmittag, 21. Mai, und bis in die Nacht zu Mittwoch, 22. Mai, hinein gebietsweise schwere Gewitter möglich. Dabei kann es örtlich auch zu kleinkörnigem Hagel und Sturmböen um 75 km/h kommen. Lokal ist mit heftigem Starkregen bis 40 l/qm in kurzer Zeit – vereinzelt auch darüber – zu rechnen. mehr...

Regional+
 

Mittlerweile sind mehr Details zum Unfall auf der Mosel bekannt

Schiffsunfall auf der Mosel: Erheblicher Schaden, ein Verletzter

Cochem. Das Schweizer Tanklastschiff „RP Zug“ fuhr in den frühen Abendstunden die Mosel flussaufwärts Richtung Trier.Unterhalb der Skagerrak-Brücke (alte Cochemer Moselbrücke) geriet der Schiffsführer bei Gegenverkehr zu weit nach links und prallte mit seinem Führerstandaufbau gegen den Brückenbogen. Dabei entstand an dem Schiffaufbau erheblicher Schaden.Während ein Besatzungsmitglied eine Schnittwunde am Oberschenkel erlitt, kam der Schiffsführer wohl mit dem Schrecken davon. mehr...

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN/ÖDP Fraktion im Stadtrat Münstermaifeld

BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN/ÖDP sorgt für Beteiligung von Münstermaifeld am Entschuldungsfond des Landes R

Münstermaifeld. Bei der Entscheidung zum Programm „Partnerschaft zur Entschuldung der Kommunen in Rheinland-Pfalz (PEK-RP)“ hat sich die Stadtratsfraktion von BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN/ÖDP klar gegen den ablehnenden Rat des Verbandsbürgermeisters Mumm und für die Beteiligung der Stadt Münstermaifeld durchgesetzt. mehr...

Anzeige
 
Sie müssen angemeldet sein, um einen Leserbeitrag erstellen zu können.
Weitere Berichte
VG Unkel: Unbekannte sprühen Hakenkreuze

Straßenschilder, Laternen und eine Bushaltestelle besprüht

VG Unkel: Unbekannte sprühen Hakenkreuze

Bruchhausen. In der Nacht vom 18. auf den 19. Mai wurden in Bruchhausen mehrere Straßenschilder, Laternen und eine Bushaltestelle mit schwarzer Farbe besprüht. Dabei wurden unter anderem Hakenkreuze angebracht. mehr...

Infos über wichtige kommunalpolitische Themen

SPD Kottenheim

Infos über wichtige kommunalpolitische Themen

Kottenheim. Die SPD Kottenheim möchte die Bürgerinnen und Bürger über ihre Arbeit in den Gremien der Orts- und Verbandsgemeinde und die Ziele für die kommende Ratsperiode informieren. Die Kandidatinnen und Kandidaten sowie Ortsbürgermeister Thomas Braunstein beantworten gerne Fragen. mehr...

Es liegt was in der Luft…–
Götterglanz im Bendorf-Sayner Fußball

Finaleinzug der Herren und Rheinland-Liga-Ambitionen in der Jugend des SC Bendorf-Sayn

Es liegt was in der Luft…– Götterglanz im Bendorf-Sayner Fußball

Bendorf-Sayn. Mit dem Finaleinzug durch den verdienten 2:0-Sieg gegen den haushohen Favoriten aus Weißenthurm markierte die 1. Herren-Mannschaft des SC Bendorf-Sayn einen bedeutenden Meilenstein in der sportlichen Entwicklung des Vereins. mehr...

Mangelnde Trefferausbeute
als größtes Manko

Sportverein 1919 Ochtendung e. V. - Juniorenfußball - Der SV Ochtendung unterliegt unter Wert

Mangelnde Trefferausbeute als größtes Manko

Ochtendung. Auch wenn man dem Tabellenzweiten und Aufsteiger in die Kreisliga B, dem Lokalrivalen SV Ruitsch-Kerben, am Ende deutlich 0:3 unterlag, war man in den Reihen der Gastgeber nicht unzufrieden mit den eigenen Leistungen. mehr...

LESETIPPS
GelesenNeueste
Kommentare
Amir Samed:
Demokratie ist für alle da, oder für keinen! Dies ist wirkliche Toleranz!...
Amir SAmed:
Frau Dreyer (SPD), Herr Lewentz (SPD) und Frau Spiegel (Grüne) haben in der Aufarbeitung der Ahrflut und in ihrere damaligen (und heutigen, bis auf Fr. Spiegel) Position als Verantwortliche, in einer Weise Schaden angerichtet, die unglaublich peinlich sind. Und damit das Fehlverhalten und die Unterlassungen...

Region: Neue Unwetterfront zieht auf

Klaus S.:
Danke für die Info. Aber die Zeilenumbrüche hätte man etwas leserlicher gestalten können....
Haftnotiz+
aktuelle Beilagen
Inhalt kann nicht geladen werden

 

Firma eintragen und Reichweite erhöhen!
Service