Aschermittwoch der Künstler führt Kultur und Kirche zusammen
Alle Geschöpfe als gleichwertig betrachten
Koblenz. Eine schwarze Bühne, Scheinwerfer und ein Mischpult neben dem Altar, im Hintergrund Balletttänzer, ein Opernchor, junge Nachwuchsschauspieler und versierte Musiker, die auf ihren Auftritt warten: In der Herz-Jesu-Kirche begegneten sich wieder Kunst, Kultur und Kirche zum „Aschermittwoch der Künstler“. Mehrere Hundert Menschen besuchten den ökumenischen Gottesdienst, der traditionell von Künstlerinnen und Künstlern gestaltet wird und dieses Jahr unter dem Thema „aufgeschlossen“ stand. „Ich freue mich über ein so volles Haus“, begrüßte der Koblenzer Dechant Thomas Hüsch die Gottesdienstbesucher und erinnerte daran, dass mit dem Aschermittwoch für Christen die 40-tägige Fastenzeit bis zum Osterfest beginne. „Wir dürfen uns heute von der Begegnung zwischen Kunst und Glaube inspirieren lassen und unsere Eindrücke mit in die Fastenzeit nehmen.“ Das Thema „aufgeschlossen“ rege zum Nachdenken an, wie offen jeder Einzelne auf fremde oder anders wirkende Menschen reagiere, etwa auf psychisch Kranke oder Menschen mit Behinderung. Stephan Wolff, stellvertretender Dechant, ging später auf das Symbol des Aschekreuzes ein. „Gott fragt nicht danach, wer oder was wir im Leben gewesen sind, er baut auf die Glut in der Asche, die auf das Osterfeuer hindeutet“, ermutigte er die Besucher. Auch die Ansprache von Dr. Manfred Lütz, Theologe und Leiter einer Klinik für psychisch Kranke in Köln, nahm sich des Themas „aufgeschlossen“ an. Die täglichen Nachrichten über Steuerbetrüger, Macht versessene Diktatoren und betrügende Politiker ließen ihn oft daran zweifeln, ob sein Berufsstand nicht vielleicht die Falschen behandle und die angeblich „Normalen“ nicht vielmehr das Problem seien. „Sind nicht vielleicht die psychisch Kranken oder auch die andersdenkenden Menschen eigentlich interessanter, origineller und individueller?“ Allzu leicht betitele man böse Menschen mit dem Begriff „krank“, aber Hitler und Stalin seien nicht im medizinischen Sinne krank gewesen. „Wir diskriminieren so die wirklich Kranken“, sagte Lütz. Papst Franziskus habe kürzlich aufgefordert, an die Ränder der Gesellschaft zu gehen, auch wenn das den Menschen oft Angst mache. Der Aschermittwoch könne daran erinnern, dass alle Menschen aus Staub seien und zu Staub zurückkehrten. „Wir alle sind als Geschöpfe Gottes gleichwertig. Psychisch Kranke und besonders ausgefallene Menschen sorgen dafür, dass die humane Temperatur unserer Gesellschaft nicht unter den Gefrierpunkt fällt.“ Neben den Wortbeiträgen zeichneten die mitwirkenden Künstler des Koblenzer Theaters und der Rheinischen Philharmonie ganz eigene Bilder- und Klangwelten. Während Schauspieler Jona Mues den Dialog „Bilge Nathan“ ganz allein bestritt, führten die Tänzer Asuka Inoue und Michael Jeske unter anderem einen Pas de deux aus „Die Tausend Grüße“ von Uwe Scholz auf. Der Opernchor bot ein Stück von Antonín Dvorák; und Nikolaus Maler, Ayumu Ideue, Konstantina Pappa, Nanko Tsuji und Bettina Hagedorn von der Rheinischen Philharmonie spielten Gordon Jacob und Jörg Duda während Eleonore Ciupka und Olga Bojkova-Bicanic Paul Hindemith ausgewählt hatten. Für die Szene aus dem Kindertheater „Schattengreifer“ bekamen die jungen Schauspieler des Jugendtheaters Koblenz großen Applaus. Die Austeilung des Aschenkreuzes untermalten der Jugendkammerchor der Liebfrauenkirche und die Orgelklänge von Regionalkantor Manfred Faig. Im Anschluss an den Gottesdienst lud die Arbeitsgemeinschaft Bildender Künstler am Mittelrhein (AKM) zur Eröffnung der Ausstellung „Ein Teil des Ganzen“ ein, die noch bis zum 30. März zu sehen ist.
