Bundesbankpräsident Weidmann kam nach Koblenz
Bekämpfung der Krise: 2013 gibt es viel zu tun
Koblenz. Der Neujahrsempfang der Koblenzer CDU war wieder gut besucht und hatte einige bekannte Namen aufzuweisen - neben dem Bundestagsabgeordneten Dr. Michael Fuchs, der Landeschefin Julia Klöckner und dem Europaabgeordneten Werner Langen, um nur drei zu nennen, den Gastredner des Abends, Bundesbankpräsident Jens Weidmann.
Auch im letzten Jahr war die Krise wieder ein beherrschendes Thema, startete der Koblenzer CDU-Vorsitzende Leo Biewer in seine Begrüßung. Er hob das Sparen als Handlungsmaxime hervor. Doch die „Krisenländer“ müssten auch funktionieren. Also sei „intelligentes Sparen“ das Gebot der Stunde, die richtige Balance zu finden. Erwartungsgemäß wurde bei der CDU das Wirken von Bundeskanzlerin Angela Merkel hervorgehoben. Sie meistere die Krise „in vorbildlicher Weise“, sagte Biewer. Deutschland gehe es so gut wie nie, die Regierung könne eine „Erfolgsbilanz“ vorweisen.
Fuchs: „Deutschland geht es gut!“
2013 gebe es viel zu tun, sagte Dr. Michael Fuchs. Dennoch: „Deutschland geht es gut!“Der Wirtschaft gehe es gut, die Arbeitslosigkeit sei die niedrigste in Europa. Und er ist „überzeugt, dass es sich so weiterentwickelt“. Das Land ist „auf dem richtigen Weg“, so Fuchs, es wird gespart. Die Binnenwirtschaft sei zur tragenden Säule geworden, die Sozialversicherungssysteme „endlich wieder stabil“. Dass die Regierung den Beitrag zur Rentenversicherung senkte, die Praxisgebühren abschaffte und den Grundfreibetrag erhöhte, habe der Bevölkerung Entlastungen von mehr als 12 Milliarden Euro gebracht.
Europa sei mehr als ein Finanzplatz, hob der Bundestagsabgeordnete aber auch hervor: Europa bedeute Frieden seit mehr als 60 Jahren. „Das ist eine Leistung“, die aber schnell wieder selbstverständlich werde. Von den Bevölkerungszahlen her, werde Europa zunehmend weniger bedeutsam. Europa könne nur dann relevant bleiben, „wenn es zusammensteht“. Dr. Jens Weidmann, der im Mai 2011 mit 43 Jahren der jüngste Präsident der Deutschen Bundesbank wurde, taucht immer mal wieder in den Medien auf, wenn er sich gegen die Kollegen der Europäischen Zentralbank stellt. Was in Europa nicht immer gut ankommen mag, wird ihm in Deutschland aber auch gedankt. Michael Fuchs hob Weidmanns Wirken hervor: Es sei wichtig, dass die Bundesbank weiter ein „Hort der Stabilität“ bleibe.
„Geldpolitik wird diese Krise nicht lösen können“
Jens Weidmann blickt auf „ein bewegtes Jahr“ zurück. Griechenland prägte zu Beginn und am Ende das Handeln der europäischen Politik. Weidmann wünscht sich, dass dies nicht den Einstieg in eine Transferunion bedeutet. 2012 wurde aber auch beispielsweise von Fiskalpakt und ESM geprägt. Jetzt gehe es darum, so der Volkswirt, dass die vereinbarten Regeln auch tatsächlich „gelebt werden“. Misstrauen ist aus seiner Sicht offensichtlich angebracht: Erfahrungen zeigten, dass selbst gesetzte Regeln „leider oft nur Schönwetterveranstaltungen“ waren. Das angekündigte Ankaufprogramm von Staatsanleihen durch die EZB beruhigte die Lage an den Finanzmärkten, erinnerte Weidmann. Aber: Die Bundesbank sieht das Programm kritisch, belastet es seiner Ansicht nach doch die Unabhängigkeit der Notenbanken und vermittelt den „Eindruck, es ginge auch ohne Reformdruck“. Weidmann: „Geldpolitik wird diese Krise nicht lösen können.“
Ausblick „verhalten, aber keineswegs schlecht“
Manche würden die Krise schon überwunden sehen, weiß Jens Weidmann. „Das mag so sein, muss aber nicht.“ Der Chef der Bundesbank sieht noch viel zu tun, wobei auch immer die Gefahr besteht, dass die falschen Maßnahmen neue Symptome schaffen. 2013 startet die Konjunktur in der EU schwach. Weidmann sprach von einer „Delle“. Der Ausblick sei „verhalten, aber keineswegs schlecht“. Die deutsche Wirtschaft konnte sich bislang offensichtlich vom Trend abkoppeln. Für die gesamte EU sieht Weidmann die Notwendigkeit, „entscheidend“ voranzukommen. Erreichte Fortschritte bei der Bekämpfung der Finanz- und Schuldenkrise sieht Weidmann eher als „Etappenziele“. Eigenkapitalregeln sollten jetzt auch international installiert werden („Basel III“), auch in den USA. Jens Weidmann will „wirksame Dämme“ zwischen hochriskanten Geschäften und Kundeneinlagen bei Banken. Werden bestimmte Teile bei Banken ausgegliedert, werde der volkswirtschaftliche Nutzen überwiegen, ist er überzeugt. In den Ländern weltweit beschrieb Jens Weidmann die Herausforderungen bei den Haushaltskonsolidierungen - beispielhaft nannte er die USA: Hier sei „entschlossenes Handeln“ nötig, so wie es andersrum auch immer wieder von der EU eingefordert werde. Definitiv seien die Schuldenprobleme nicht über die Notenpresse zu lösen.
Bankenunion für die Zukunft, nicht für vorliegende Versäumnisse
Es wird nicht schnell gehen, bis die Krise gänzlich überwunden ist. Es braucht „einen langen Atem“, so Weidmann. Schon der Verlust der Wettbewerbsfähigkeit sei über Jahre hinweg aufgetürmt worden. Wie der EU-Rahmen gestaltet werde, sei immer noch offen. Gibt es am Ende doch eine Fiskalunion? In den EU-Ländern gibt es, erzählte Weidmann, eine „ausgeprägte Meinungsvielfalt“. Anders ausgedrückt: „Nationale Interessen sind meist klar erkennbar.“ Eine europäische Bankenunion ist immer noch eine „institutionelle Großbaustelle“. Jens Weidmann sprach von Fonds zur Haftung bei Banken. Der Steuerzahler solle nur „im Ausnahmefall“ belastet werden. Das aber sei ein „in die Zukunft gerichtetes Projekt“ und nicht für aktuelle Versäumnisse einsetzbar. Das Ziel: Die Widerstandsfähigkeit soll erhöht werden. Bei der Bankenregulierung müsse noch einmal nachgelegt werden, auch eine Abwicklung müsse möglich sein, staatliche Risiken müssten in Bankbilanzen begrenzt werden. Sein Fazit: Die Krise wird 2013 nicht beendet werden können. Aber entscheidende Schritte müssen gegangen werden. wpa
Julia Klöckner, Landeschefin der CDU, sprach sich in ihrem Grußwort dagegen aus, auf Kosten der nachfolgenden Generationen zu spendabel zu sein - eine Breitseite gegen die Landesregierung.
