Allgemeine Berichte | 06.03.2013

Ein Fanal für das Recht auf Melancholie

Literarisch-musikalischer Abend mit Grün & Huth und Thomas Ebers in der Ehemaligen Pallottiner-Kapelle

Grün & Huth begeisterten gemeinsam mit Thomas Ebers das Publikum. BSB

Koblenz-Ehrenbreitstein. Der Förderverein zum Erhalt des Baudenkmals in der Charlottenstraße bietet Künstlern nicht ganz uneigennützig immer wieder einmal eine Plattform in der besonderen Atmosphäre der schönen Kapelle, die auch der Versammlungsraum der Männervereinigung „Schlaraffia Confluentia“ ist. Den Reinerlös der meist kleinen und feinen Kultur-Veranstaltungen verwendet der Verein nämlich als Rücklage für dringend notwendige Renovierungsarbeiten, wie sein Vorsitzender, Wolfram Heidelmayer, erklärt.

Frauen-Duo Grün & Huth

Die Protagonisten kamen dieses Mal aus Bonn. Das Frauen-Duo Grün & Huth (Ursula Hoffmann, geb. Grünes, und Stephanie Huthmacher) hat sich für das aktuelle Programm „Melancholie – Eine Detektivgeschichte“ mit Thomas Ebers einen Mann ins Boot geholt. Der Philosoph kleidet dabei seine Betrachtungen zur Melancholie in eine kleine Erzählung, die Grün & Huth mit adäquaten vertonten Texten und einer Vielzahl von Instrumenten beantworten. Mit dem Trio gibt es nicht nur viel zu lernen, sondern auch viel zu schmunzeln und viel zu freuen über handgemachte Musik und spritzig-witzige, manchmal auch nachdenkliche, satirische Texte. Mit der Frau in Ebers philosophischer Geschichte, die unter ihrer Melancholie leidet und deshalb einen Detektiv beauftragt, dem Grund ihres Traurigseins auf die Spur zu kommen, erfährt das Publikum durch die Recherche des Schnüfflers eine Menge über die literarischen und kulturgeschichtlichen Facetten der Melancholie. Ebers zitiert von der Antike bis zur Neuzeit zahlreiche Quellen wie Autoren, Schauspieler und Philosophen.

„Tu was für Dich“

Als Erster spaziert leicht abgewandelt Heinrich Heine mit „Ich weiß nicht, warum ich so traurig bin“ durch Ebers Lesung. Grün & Huth empfehlen gleich eine Therapie mit „Tu was für Dich“. Doch Ebers, der sich als Detektiv eigentlich nicht um Weltschmerz kümmern kann, will sein Erfolgshonorar, weshalb er nicht nur die „Zielperson“ eine Woche lang beobachtet, sondern dem „Übel“ weiter auf den Grund geht. Er schaut nach bei Robert Burton und seiner „Anatomie der Melancholie“ und entdeckt Melancholie sogar schon in der Antike. Sie scheint einfach zu den Menschen zu gehören, hinter jeder Ecke mit ihrer Fratze zu lauern. Ein Stichwort für Ebers, um auch bei Malern wie Dürer vorbeizuschauen, die die Schwermut auf die Leinwand brachten. Sein detektivischer Spürsinn geleitet ihn weiter zu Blaise Pascal und zu den schwermütigen Reden des Philosophen Hegesias. Eine Spur zur Melancholie führt auch zu Martin Walser, der über die letzte und unglückliche Liebe Goethes und zu Iwan Gontscharow, der über das Nichtstun schreibt. „Travailler c’est trop dur“ fällt Grün & Huth, dem musikalischen Pendant zu all der Melancholie zu dem Thema ein. Das Cajun-Lied begleitet Grün mit der Concertina. Besonders bei den französisch gesungenen Stücken klingt Huths etwas derbe, dreckig-charmante Chanson-Stimme wunderbar authentisch.

Leise und sanft

Im Duett ist Grün & Huths Ton oft ganz leise und sanft. Zwei Stimmen, die Wohlgefühl vermitteln. Die Texte der Musikerinnen amüsieren nicht nur das Publikum, sondern meistens - ganz offensichtlich - auch sie selbst. Mit roten Clown-Nasen stehen sie da wie einst die Hofnarren und lassen a-capella „Mein bunter Harlekin“ wieder auferstehen. Und während der Detektiv sich noch mit seiner schwermütigen Kundin beschäftigt, schweben Grün & Huth auf ihrer ganz privaten Stress-weg-Wolke vor sich hin summend zu einer Südseeinsel. Auf der trifft Ebers den dort angespülten Robinson Crusoe, der in seiner misslichen Lage immer noch etwas Tröstliches finden kann. Für den Detektiv ist am Ende der sieben Ermittler-Tage klar, dass offenbar der einzige Grund der Melancholie in ihrer Grundlosigkeit liegt.

Außerdem: Wer nicht glücklich wird, ist selbst schuld, bietet doch der Buchhandel reichlich Anleitungen zum Glücklichsein, wie Ebers und Huth mit den im Wechsel vorgelesenen Buchtiteln aufzeigen. Doch kann nicht auch das bitter-süße Gefühl der Melancholie Glück bedeuten?

Detektiv Ebers rät seiner Kundin deshalb: „Sie haben ein Recht darauf, melancholisch zu sein!“ So kann man es also getrost mit Grün & Huth halten, sich bei jemandem „anlehnen und ein paar Stunden heulen“.

Von Grün mit der Mandoline begleitet, trägt Huth das Lied mit viel Charisma vor, spielt dazu noch phantastisch die Mundharmonika und erhält dafür den verdienten stürmischen Beifall vom Publikum.

Am Ende des philosophischen Chanson-Kabaretts bleibt die Einsicht, dass die Kopfhängerei eine schöne Kunst ist, mit der man gemeinsam dem Mond entgegen gehen kann.

Noch eine letzte Zugabe, ein Gutenacht-, ein Liebeslied, noch einmal eine Zeile a-capella, die letzten Klänge der Gitarre - „hach, wie schön!“ seufzt die Zuschauerin in der zweiten Reihe.

Grün & Huth begeisterten gemeinsam mit Thomas Ebers das Publikum. BSB

Grün & Huth begeisterten gemeinsam mit Thomas Ebers das Publikum. Foto: BSB

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