Carl-Benz-Schule Koblenz hat vom Bistum unterstützten Raum der Stille eröffnet
Eine Oase im tristen Keller
Koblenz. Ein grauer Betonblock aus den Siebzigerjahren, endlos lange Korridore mit backsteinrotem Fliesenboden und schweren Feuerschutztüren: Einen Schönheitspreis würde die Carl-Benz-berufsbildende Schule Koblenz nicht gewinnen. Aber das Äußere täuscht: Seit Kurzem birgt die Schule ein Kleinod im Keller, den Flur entlang, letzte Türe links. Für das, was hinter dieser Tür liegt, haben die engagierten Schüler und Lehrer gerade den zweiten Platz beim interreligiösen Schulwettbewerb „Trialog der Kulturen“ der Herbert Quandt-Stiftung gewonnen. Eine Oase der Ruhe ist hier entstanden, ein Rückzugsort für Menschen aller Glaubensrichtungen: der „Raum der Stille“. Gehalten in warmen Erdtönen, mit gemütlicher Sitzecke, Pflanzen, Teppichboden, einem Fenster aus bunten Glasprismen und einem muschelförmigen Waschbecken lädt er die Schüler dazu ein, vom hektischen Schulalltag abzuschalten, zu meditieren oder auch zu beten. Am 28. Januar haben die Projektinitiatoren den Raum der Schule in einer Feierstunde übergeben.
Wichtiger denn je ...
Gerade in der heutigen aufgeheizten gesellschaftlichen Debatte um islamischen Terror oder Pegida sei es wichtiger denn je, ein gutes und friedliches Miteinander vorzuleben, sagte Kulturdezernent Detlef Knopp den Schülern und Lehrern. Religionslehrer Alois Wehrhausen betonte, wie stolz er und seine Kollegen seien, trotz manchem Durchhänger am Projekt festgehalten zu haben. „So ein Raum an einer berufsbildenden Schule schien ein Ding der Unmöglichkeit, aber wir hatten eine Vision, einen Gegenpol zum hektischen Schulalltag zu setzen und unseren Schülern die Möglichkeit zu geben, sich im Glauben begegnen zu können.“ Mit dieser Idee traten Wehrhausen, Walter Baum, Michael Klewin und Gisela Lenau vor zwei Jahren an das Bistum Trier heran, das das Projekt mit 2.500 Euro unterstützte. Damit fiel der Startschuss und mehr als 200 Schülerinnen und Schüler wirkten am Projekt mit. Die angehenden Bauzeichner planten den Raum, die Augenoptiker gaben ihm Farbe, die Tischler fertigten Möbel und die IT-Klasse dokumentierte das Projekt im Internet. Baum ging bei der Feier auch auf die Symbolik ein: Das Muschelwaschbecken stehe unter anderem für das Pilgern. „Wir haben hier über 2.700 Schüler, teilweise über 15 Nationalitäten in einer Klasse. Im übertragenen Sinn wollen auch wir uns auf den Weg machen, uns alle in unserer Unterschiedlichkeit zu akzeptieren und Gemeinsamkeiten zu entdecken.“
Weltreligionen in einem Raum vereinen
Durch die Arbeit am Raum der Stille konnten die Schüler ins Gespräch kommen über Christentum, Islam und Judentum und ein besseres Verständnis für die anderen entwickeln. Für Raphael Seimet, 18, und Oliver Wischinski, 18, vom berufsbildenden Gymnasium Schwerpunkt IT ist die Arbeit aber noch nicht zu Ende. Sie haben vertretend für die Schülerschaft das Projekt im Wettbewerb der Herbert-Quandt-Stiftung repräsentiert, Videos ins Internet gestellt und werden jetzt den Raum vernetzen. „Aber nicht, damit jeder nur auf Handy oder PC schaut, sondern weil künftig auch Vorträge dort stattfinden sollen, beispielsweise zum Thema Religion“, sagt Raphael. „Ziel war es, die Weltreligionen zwar in einem Raum zu vereinen, aber trotzdem die Eigenheiten einzubeziehen“, fügt Oliver an. Von einigen muslimischen Schülerinnen bestehe schon die Anfrage, den Raum zum Gebet nutzen zu dürfen. „Das ist ja das Schöne, man kann hier abschalten, Stress abbauen oder auch beten - jeder wie er möchte“, sagt Raphael. Jetzt stellen sie erst mal einen Nutzungsplan für den Raum auf - ein bisschen Schulalltag muss eben doch sein.
