Allgemeine Berichte | 15.02.2014

Brüderhaus Koblenz weiht Polio-Zentrum mit 23 Betten ein

Eine international einmalige Einrichtung

Sichtlich erfreut war Dr. Axel Ruetz, die wahrscheinlich nicht nur in Deutschland einmalige Polio-Station am Brüderkrankenhaus in Koblenz einzuweihen. Dazu konnte er auch Gäste aus Nigeria begrüßen, die sich derzeit zur Fortbildung am Brüderhaus aufhalten. BSB

Koblenz. Im Volksmund bekannt als Kinderlähmung ist die Poliomyelitis, eine Viruserkrankung, die vorwiegend das Zentralnervensystem befällt und zu bleibenden Lähmungserscheinungen und Schwierigkeiten mit der Atmung führen kann. Das Brüderhaus Koblenz, eine der Betriebsstätten des Katholischen Klinikums Koblenz-Montabaur, eröffnete jetzt mit einem neuen Polio-Zentrum die erste europäische Sonderstation zur Behandlung von Polio-Folgezuständen. Dazu zählen Schlaf- und Atmungsprobleme, Gelenk- und Muskelschmerzen, die noch Jahrzehnte nach der Infektion auftreten können.

Schon seit 2009 wurde an dem Krankenhaus eine Schwerpunktversorgung für Menschen mit Polio-Folgeerscheinungen etabliert. Deren Kapazitäten reichten schnell nicht mehr aus.

Für die neue Station im dritten Stock wurde nach 15 Monaten Bauzeit im September 2013 das Richtfest gefeiert, und schon am 6. Januar 2014 öffneten sich die Pforten für den Patientenbetrieb. Bereits jetzt ist die Auslastung so groß, dass bis Sommer 2014 nur noch Notfälle eingeschoben werden können.

Viele leiden in Deutschland an den Spätfolgen der Infektion

Warum es auch heute, da der europäische Raum doch als poliofrei gilt, noch Polio-Patienten gibt, zeigte der rheinland-pfälzische Gesundheitsminister Alexander Schweitzer auf. Bis zu geschätzt 70.000 Menschen könnten in Deutschland heute noch an den Spätfolgen der Krankheit leiden, wenn man die Infiziertenzahlen von einst zugrunde legt. Daher ist trotz erfolgreicher Immunisierung der Bevölkerung durch Impfung (Anfang der 1990er-Jahre sind letzte Fälle in Deutschland aufgetreten) das Thema Polio auch heute noch keine Vergangenheit.

Für die an Spätfolgen einer Polio-Erkrankung Leidenden ist es tagein und tagaus Realität. Zudem sind derzeit weltweit rund 300 aktuelle Poliofälle gemeldet. „Das Problem ist nicht gelöst“, mahnte Schweitzer.

Bruder Alfons Maria Michels, Geschäftsführer der BBT-Gruppe (Barmherzige Brüder Trier) bezeichnete die Spätfolgen als eine Zäsur für die Betroffenen, die ihr Leben radikal verändere.

„Eine Krankheit aus Kindertagen kommt zurück“, sagte er. Deshalb sei die Einrichtung eines Polio-Zentrums überaus sinnvoll. Die neue Station im Brüderhaus empfand Minister Schweitzer als innenarchitektonisch sehr angenehm gestaltet, sie erinnere eher an ein Hotel als an ein Krankenhaus. Ganze Arbeit geleistet worden sei hier von allen am Bauprojekt Beteiligten und natürlich den Architekten Naujacks und Rumpenhorst, bestätigte Bruder Michels.

Er dankte in diesem Zusammenhang besonders dem Bundesverband Polio e.V., der sich in jeder Bauphase eingebracht und so mit dazu beigetragen habe, die Station optimal für die Patienten zu gestalten. Zur weiteren Ausstattung flossen Spenden von Polio-Betroffenen ein. „Ein Zeichen gelebter Solidarität“, sagte Michels.

Behindertengerechte Einrichtung in behaglichem Ambiente

So ist die Station 3C nicht nur optisch schön, sondern auch praktisch und vor allem behindertengerecht eingerichtet. Rund um den zentralen Schwestern-Arbeitsplatz verlaufen breite Gänge, wo Sitzgelegenheiten und kleine Trainingseinheiten den Patienten zur Verfügung stehen. In großflächigen Zwei- bis Dreibett-Zimmern und einem Einbett-Zimmer stehen insgesamt 23 Betten zur Verfügung. Alle Räume sind zur besseren Orientierung mit Städtenamen wie Dresden oder auch Koblenz benannt.

Land übernahm den Großteil der Baukosten

Als ein hier im „Dach-Juchhe“ entstandenes Kleinod bezeichnete der Hausobere, Werner Hohmann, die Station. Hier wolle man dem biblischen Vorbild Jesus von Nazareths nacheifern, Menschen von ihren Gebrechen zu heilen.

Von den rund 2,3 Millionen Euro Baukosten übernahm das Land 1,8 Millionen, der Rest war Eigenanteil der Träger (die Schwestern vom Heiligen Geist und die Barmherzigen Brüder Trier).

Der verlässlichen Förderpolitik des Sozialministeriums sprach Oberbürgermeister Prof. Dr. Joachim Hofmann-Göttig seine Anerkennung aus. Auch für die Stadt sei die Eröffnung des Polio-Zentrums ein Festtag, stärke sie doch den Gesundheitssektor mit seinen über 10.000 Beschäftigten.

Qualität und Ausstattung von Krankenhäusern seien immer mehr wahlentscheidend für Menschen, die sich einer Behandlung unterziehen müssen.

Am Brüderhaus Polio-Spätfolgen zu bekämpfen, dafür setzt sich nun schon seit Jahren Dr. Axel Ruetz ein, der leitende Arzt der Poliostation. Er mache hier mehr als nur seinen Beruf. Er sei einer der engagiertesten Mediziner und einer der versiertesten in diesem Bereich, kaum einer könne ihm das Wasser reichen, ließ Schweitzer wahre Lobeshymnen erklingen. Ruetz selbst ist von der Einzigartigkeit überzeugt, dass sich eine medizinische Einrichtung auf Polio-Erkrankte spezialisiert.

Das habe auch auf europäischer Ebene Anklang gefunden. Dafür, dass das möglich wurde, bedankte er sich besonders bei dem gesamten Mitarbeiter-Team. Er wisse: Ohne ein gutes Team wären die neuen Räumlichkeiten nichts.

Als einen wunderbaren Ort für Polio-Patienten lobten die neue Station besonders die vier Gäste aus Nigeria, Orthopädietechniker und Physiotherapeuten, die sich gerade am Brüderhaus fortbilden. Sie könne auch einen großen Schritt für ihre Heimat in Nigeria bedeuten. Immerhin ist Nigeria nach Somalia das Land, aus dem die zweithöchste Zahl an Poliofällen gemeldet wird, aktuell sind es knapp fünfzig.

Gottes Segen für Patienten, Mitarbeiter und Besucher der Station erbaten die drei in den Diensten des Brüderhauses stehenden Krankenseelsorger beider Konfessionen. Sie segneten auch die Räume auf der Station. „Hallelujah“ spielte da die Jazz-Combo „PAG Underground“ des Landesmusikgymnasiums Montabaur, die die gesamte Eröffnungsfeier musikalisch begleitete.

Gesundheitsminister Alexander Schweitzer (l.) und der Koblenzer Oberbürgermeister Prof. Dr. Joachim Hofmann-Göttig gratulierten Dr. Axel Ruetz, dem Leiter der Polio-Station.

Gesundheitsminister Alexander Schweitzer (l.) und der Koblenzer Oberbürgermeister Prof. Dr. Joachim Hofmann-Göttig gratulierten Dr. Axel Ruetz, dem Leiter der Polio-Station.

Sichtlich erfreut war Dr. Axel Ruetz, die wahrscheinlich nicht nur in Deutschland einmalige Polio-Station am Brüderkrankenhaus in Koblenz einzuweihen. Dazu konnte er auch Gäste aus Nigeria begrüßen, die sich derzeit zur Fortbildung am Brüderhaus aufhalten. Fotos: BSB

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