Über 500 Gäste beim Neujahrsempfang der HwK Koblenz im Zentrum für Ernährung und Gesundheit
Handwerk spricht sich deutlich für offene Gesellschaft aus
2015 wird konjunkturelle Eintrübung erwartet
Koblenz. Mit den frischen Eindrücken der Terrorereignisse in Paris und mit Blick auf Millionen Menschen, die sich vor Krieg und Vertreibung weltweit auf der Flucht befinden, stellte Kurt Krautscheid, Präsident der Handwerkskammer (HwK) Koblenz, gleich zu Beginn des Neujahrsempfanges deutlich heraus: „Wir verteidigen unsere Werte, die geprägt sind von demokratischer Toleranz, von menschlichem Miteinander und der gemeinsamen Gestaltung einer Gesellschaft, in der sich jeder auf Grundlage unseres Grundgesetzes verwirklichen darf, kann und soll!“ Handwerk stehe für Offenheit, Verständigung, Integration und „wir sagen: Herzlich Willkommen beim Handwerk!“ Mehr als 500 Gäste, darunter der Generalkonsul der Republik Türkei, schlossen sich dieser Botschaft mit ihrem Applaus an und wurden vom Kammerpräsidenten wie auch von Hauptgeschäftsführer Alexander Baden beim Handwerk begrüßt. In seiner Rede im Zentrum für Ernährung und Gesundheit griff Kurt Krautscheid internationale, nationale und auch wirtschaftspolitische Themen des Regionalhandwerks auf, stellte aber allem die aktuellen Pariser Ereignisse voran. Solche Taten von Extremisten „zielen auf eine Spaltung unserer Gesellschaft, sollen Misstrauen zwischen Menschen, Religionen und Kulturkreisen erzeugen bzw. verstärken.“ Das Handwerk stelle sich dem deutlich entgegen. „Handwerksgesellen erleben seit Jahrhunderten und bis zum heutigen Tag auf der Walz Gastfreundschaft, Hilfsbereitschaft und offene Türen im Ausland - und diese Wandertradition reicht durchaus auch in den persischen Raum hinein. Für uns ist es selbstverständlich, dass wir in Deutschland Menschen willkommen heißen, die hier eine neue Heimat, gesellschaftliche Anerkennung, Integration und Arbeit suchen.“ Entsprechend hoch sind die Zahlen von Mitarbeitern und selbstständigen Handwerksmeistern mit Migrationshintergrund in Handwerksbetrieben des Kammerbezirks. „Mit Blick auf die Fachkräftesicherung spielen diese Menschen auch in Zukunft eine maßgebliche Rolle, will das Handwerk seine wirtschaftliche Stärke halten und ausbauen“, unterstrich Kurt Krautscheid vor Gästen aus Politik, Wirtschaft, Justiz, Bildung, Bundeswehr, Medien und dem Ausland, darunter Minister, Staatssekretäre, Abgeordnete aus dem Europaparlament, Bundestag und Landtag, Oberbürgermeister und Landräte.
Stärkung des Meisterbriefs
Deutliche Worte fand der Kammerpräsident auch für das „nicht völlig unbelastete Verhältnis zwischen dem deutschen Handwerk und der Europäischen Kommission, die im sogenannten `Transparenzverfahren` alle reglementierten Berufe in Europa auf den Prüfstand stellt.“ Davon betroffen sind auch die 41 zulassungs-pflichtigen Handwerksberufe. Dabei verharmlose das Wortkonstrukt `Transparenzverfahren` die möglichen Konsequenzen: „Es geht um die Zukunft des Meisterbriefes! Das hätte weitreichende Konsequenzen für das Handwerk als tragende Säule der deutschen Wirtschaft, für Beschäftigung, Ausbildung und den Verbraucherschutz.“ Dieses Thema stehe auf der Handwerks-Agenda 2015 ganz oben und im Schulterschluss aller Handwerksorganisationen und mit der Politik sowie Mitgliedern des Europäischen Parlaments aus dem Koblenzer Kammerbezirk wird man sich gemeinsam gegen die EU-Nivellierungen auf niedrigem Qualifikationsniveau und gegen eine Aushöhlung der beruflichen Bildung wehren.
Nachwuchssicherung als größte Herausforderung
Untrennbar mit dem Meisterbrief verbunden ist auch das Thema Ausbildung. „Weil das Handwerk der fachkräfteintensivste Bereich der gewerblichen Wirtschaft in Deutschland ist, brauchen wir gut ausgebildeten Nachwuchs!“, betonte Krautscheid. Die Fachkräftesicherung beschrieb er als große, „wenn nicht sogar die größte Herausforderung, der sich das Handwerk zu stellen hat.“ 20.000 Lehrstellen blieben 2014 bundesweit in Handwerksbetrieben unbesetzt. Eine Entspannung oder gar Verbesserung ist für 2015 nicht erkennbar. Für 2024 werden 100.000 Schulabgänger weniger erwartet, als 2014. „Die Handwerkskammer Koblenz wird handeln - jetzt!“ Krautscheid nannte „individuelle Förderprogramme, ein Zuschnitt von zusätzlichen Ausbildungsinhalten auf die Bedürfnisse und Defizite der Einzelnen, Leistungsanreize und Förderungen. Auch die gezielte Ansprache von Abiturienten und Studienabbrechern ist für beide Seiten von Vorteil.“ Kritik übte Kurt Krautscheid an Plänen der Bundesregierung, „die steuerliche Absetzbarkeit von Handwerkerkosten von derzeit 20 Prozent der Kosten auf 15 Prozent abzusenken. Was damit gespart werden kann - die Rede ist von 400 Mio. Euro - soll in eine höhere Abschreibung bei einer energetischen Gebäudesanierung fließen. Inhaltlich zielen Bonus und energetische Gebäudesanierung in zwei ganz unterschiedliche Richtungen: Es geht um Klimaschutz auf der einen und um die Bekämpfung der Schwarzarbeit auf der anderen Seite. Richtig wäre es, beide Bereiche zu stärken, um auch beide Ziele schneller und effektiver zu erreichen.“ Die Handwerkskammer setze hier auf Unterstützung der Landespolitik.
Aussichten für 2015
Mit Blick auf die wirtschaftlichen Erwartungen des Handwerks „kann das Handwerk zu Jahresbeginn 2015 nicht klagen“, so Krautscheid. Doch der Bund „beschert uns viele neue Gesetze, die unsere Betriebe belasten - sowohl finanziell, als auch mit teuren neuen Vorschriften und Bürokratieanforderungen. Die gute Auftragslage und die Konsumlaune werden das Handwerk durch das Jahr tragen. 2015 dürfte es dennoch einen leichten Dämpfer geben.“ Der nächste Neujahrsempfang findet am 15. Januar 2016 im Zentrum für Ernährung und Gesundheit der HwK Koblenz statt.
Pressemitteilung
Handwerkskammer Koblenz
Volles Haus beim Neujahrsempfang des Handwerks im Zentrum für Ernährung und Gesundheit der Handwerkskammer Koblenz.
Neujahrsempfang bei der Handwerkskammer Koblenz, zum dem HwK-Präsident Kurt Krautscheid (rechts) und Hauptgeschäftsführer Alexander Baden (2.v.l. zusammen mit Ehefrau Andrea, 5.v.l.) mehr als 500 Gäste begrüßen konnten, darunter (v.r.) den Generalkonsul der Republik Türkei, Arif Eser Torun, Wirtschaftsministerin Eveline Lemke, Bürgermeisterin Marie-Theres Hammes-Rosenstein, SPD-Fraktionsvorsitzender Alexander Schweitzer, Staatssekretär David Langner und Staatssekretär Uwe Hüser. Fotos: P!ELmedia
