Steuererhöhungen für Genehmigung des Haushalts – Entscheidung wurde vertagt
Koblenzer Stadtrat fühlt sich erpresst
Koblenz. „Das grenzt ja fast an Erpressung“ oder „Die ADD kann machen, was sie will“. Solche harten Worte gab es bei der jüngsten Koblenzer Stadtratssitzung im großen Saal des Rathauses. Auslöser war, dass die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier den vom Stadtrat beschlossenen Haushalt 2015 ohne Änderungen nicht genehmigen will. Was das zur Folge hat, malte Oberbürgermeister Dr. Joachim Hofmann-Göttig in einem für alle Ratsmitglieder unakzeptablen Szenario aus: „Dann gilt die haushaltslose Zeit, wo nur gesetzlich gebundene Leistungen zu erbringen sind. Eine schlanke Katastrophe, denn in allen Bereichen wie Sportvereine, Verbände, Kultureinrichtungen können wir freiwillige Unterstützungen dann nicht leisten.“
So mussten Oberbürgermeister und Verwaltungen sich etwas einfallen lassen, um den Fehlbedarf, die Nettoneuverschuldung von rund 25 Millionen Euro, deutlich zu reduzieren. Denn das hatte die ADD dem Oberbürgermeister einschließlich einigen Hinweise mit auf den Weg gegeben. „Was die Kommunalaufsicht erwartet, ist nachvollziehbar und sachlich begründet. Kommunen dürfen sich nicht verschulden“, erklärte Dr. Hofmann-Göttig. Die ADD hätte einige Hinweise gegeben für die Einsparung gut einer Million Euro, die verkraftbar seien ohne Einschnitte im freiwilligen Bereich.
Rund 6,5 Millionen Mehreinnahmen würden aber Steuererhöhungen rückwirkend zum 1. Januar 2015 bringen.
Beschlossen hat der Stadtrat die Erhöhung der Vergnügungssteuer für Geldspielgeräte von 12 auf 18 Prozent des Einspielergebnisses, was etwa 1,2 Millionen Euro in die städtischen Kassen spült. Bei der Gewerbesteuer bringt die Steigerung des Hebesatzes um 20 auf 430 Prozent (Steuermessbetrag wird mit 4,3 multipliziert) rund 4,6 Millionen Euro Mehreinnahmen im Jahr (bisher insgesamt knapp 23 Millionen Euro). „Es nutzt uns aber nicht, wenn dann Firmen ihren Sitz in preiswertere Umlandregion verlagern“, sagte der Oberbürgermeister, „deshalb haben wir Gespräche mit den Hauptsteuerzahlern geführt. Alle hatten Verständnis und der größte Steuerzahler hat mich ermächtigt mitzuteilen, dass diese Erhöhung akzeptiert wird.“
Erhöhung der Grundsteuer B wurde vertagt
Für die Grundsteuer B, sie betrifft mit Ausnahme von Landwirtschaft und Forsten nahezu alle Grundstückseigentümer, sollte der Hebesatz ebenfalls um 20 auf 440 Prozent erhöht werden, was Mehreinnahmen von knapp einer Million Euro ausmachen würde. Dem Stadtrat wurden auch Beispiele vorlegt: Ein Einfamilienhaus in Rübenach wird um 12,25 Euro, ein Zweifamilienhaus auf der Karthause um 38,08 Euro und ein Mietshaus mit 102 Parteien um 559,60 Euro pro Jahr teurer.
Trotz allem vertagte der Stadtrat wegen Beratungsbedarf die Entscheidungen über die Erhöhung der Gewerbe- und Grundsteuern auf die nächste Ratssitzung im Mai. Dann müsste das Gremium eigentlich zustimmen, denn nur bis Juni können die Steuern rückwirkend zum Jahresbeginn erhöht werden. Die ADD hatte zugesagt, dann auch den Haushalt zu genehmigen.
Uwe Diederichs-Seidel (Grüne) beklagte: „Die Kommunen sind erpressbar, denn wenn unangenehm veränderte Steuersätze anderen Kommunen vorgehalten werden, führt dies zu einer Spirale, sodass Unternehmen ihren Standort verlagern.“
„Der soziale Bereich steigt an, aber Bund und Land geben uns zu wenig Mittel. So werden unsere Sparmaßnahmen wieder aufgefressen. Steuererhöhungen sind schwierig, denn die Grundsteuer B belastet jeden“, führte Marion Lipinski-Naumann (SPD) aus.
Steuer- und Gebührenerhöhungen trage die CDU-Fraktion nicht mehr mit, kündigte Anne Schumann-Dreyer an. Sie schlug vor, dass die Stadtwerke Koblenz fünf Millionen Euro an die Stadt ausschütten und so der von der ADD geforderten Reduzierung der Nettoneuverschuldung nachgekommen wird.
Der Oberbürgermeister führte Gründe auf, warum er gegen diesen Vorschlag ist, versprach aber ihn zu prüfen. „Wenn die ADD die Richtlinien ändert, muss sie das den Kommunen sagen. Die ADD hat uns das ganze Jahr ins offene Messer laufen lassen. Der Umgang der Aufsichtsbehörde mit den Kommunen ist kein guter Stil“, kritisierte Herbert Mertin (FDP) die Aufsichtsbehörde.
„Unsere Sparbemühungen werden von der ADD nicht anerkannt“, monierte Manfred Gniffke (FBG) und weiter: „Wir sind froh, dass wir heute über die Steuererhöhungen nicht entscheiden müssen.“
Sabine Veith (Linke) erklärte: „Wir sind mit der Steuererhöhung nicht einverstanden, da die Belastung für 60.000 Mieter gilt und so auch die sozial Schwachen betrifft.“
