Stadtchef beeindruckte die Gästeführer
Empfang im Historischen Rathaussaal zum Auftakt der Jahreshauptversammlung des Bundesverbandes für Gästeführer
Koblenz. Rund 200 Gästeführer waren nach Koblenz gekommen, um Verbandsinternes wie Vorstandswahlen, Seminare und Qualifizierungen abzuarbeiten. Der im Jahr 2002 gegründete Koblenzer Gästeführer Verein hatte die Versammlung organisiert und dazu ein strammes Rahmen-Programm ausgearbeitet, sozusagen „Hardcore Koblenz“, wie es Oberbürgermeister Prof. Dr. Joachim Hofmann-Göttig bei seiner mit lang anhaltendem Applaus und Bravo-Rufen quittierten Begrüßungsansprache im Rathaus formulierte.
Neben - natürlich - Stadtführungen verlebten die Gästeführer an den Abenden vergnügliche Stunden im Weindorf, bei einer Rhein-Schifffahrt sowie auf der Festung Ehrenbreitstein, wo hinauf die Gästeführer trotz Winterpause (bis 21. März) der Seilbahn mit einer eigens für sie eingerichteten Sonderfahrt gelangten.
Empfang in der „besten Stube“
Hofmann-Göttig erklärte bei dem Empfang in der „besten Stube der Stadt“ den neuen „Werbeträgern der Stadt Koblenz“, wie er die Gästeführer nannte, wie historisch dieser Ort tatsächlich ist. Schließlich sei hier der richtungsweisende Beschluss für die Rittersturz-Konferenz im Jahr 1948 gefasst worden.
Mit seinen büttenredenartigen Ausführungen über die Bedeutung des Saales heute für viele Veranstaltungen und besonders für alle wichtigen Karnevalsveranstaltungen erheiterte Hofmann-Göttig die Anwesenden, zumal er Koblenz als eine der gefühlten Karnevalshochburgen zwischen Mainz und Köln darstellte. Ganz am Rande, in die allgemeine Heiterkeit hinein, erwähnte er den aktuellen Schuldenstand der Stadt, der trotz seiner Höhe von derzeit rund 600 Millionen hier fast wie eine Kleinigkeit erschien.
Tourismus spielte die Hauptrolle
Doch bei einem Empfang für Gästeführer spielt natürlich das Thema Tourismus die Hauptrolle. Darauf ging Hofmann-Göttig in seiner spritzigen, rhetorisch gekonnten Ansprache daher besonders ein. Dazu setzte er einmal wieder sein Steckenpferd ein, die Bundesgartenschau (BUGA) 2011 und ihre nachhaltige Bedeutung für die Stadt, besonders im Bereich des Schlosses, der Flussufer und der Festung. Für ihn gelte in Koblenz sowieso nur die Zeitrechnung vor und nach BUGA. Diese Wortschöpfung brachte ihm spontanen Applaus ein. Die beeindruckende Besucherzahl von 3,6 Millionen, die 72.000 verkauften Dauerkarten und die weniger als geplanten Ausgaben präsentierte der Oberbürgermeister mit Genuss, besonders mit Blick auf die in diesem Jahr stattfindende Internationale Gartenschau in Hamburg. Einen großen Beitrag zu dem Erfolg hätten durch Mundpropaganda die Koblenzer mit dem neu gewonnenen Stolz auf ihre Stadt selbst geleistet. Vielleicht sogar die Hauptrolle in der BUGA-Bilanz habe die Seilbahn gespielt, die sich mittlerweile zu einer Art Hype entwickelt habe. 90 Prozent der Koblenzer haben sich für ihren Erhalt ausgesprochen. Die Bahn sei ein Stück emotionale Kultur der Stadt.
Nach Skizzierung des Sachverhaltes bezüglich der im Oktober auslaufenden Betriebsgenehmigung erklärte Hofmann-Göttig, sie wieder abbauen zu müssen, würde einen tiefen Rückschlag für die Verbindung von der Koblenzer Altstadt zur Festung Ehrenbreitstein bedeuten. Erreichbar sei dann nur noch ein Bruchteil der 560.000 Besucher im Jahr 2012.
Nach Überschreitung seiner Redezeit schon um 200 Prozent, wie Hofmann-Göttig selbst meinte, trug ihn die Welle der hingerissenen Zuhörer, die - wohl einmalig für ein Stadtoberhaupt - lautstark „Zugabe“ forderten, zu weiterer Wortakrobatik.
Anerkennung für die „Freunde der BUGA“
Besondere Anerkennung zollte er den „Freunden der BUGA“, die sich auch zwei Jahre später immer noch für Koblenz engagieren, sie sammelten allein 72.000 Unterschriften für den Erhalt der Seilbahn. Der Verein habe heute sogar mehr Mitglieder als im Jahr 2011 und eine Aktivitätsquote von phantastischen 25 bis 30 Prozent. Hofmann-Göttig riet den Gästen, unbedingt noch einmal nach Koblenz zu kommen, nicht nur, um die Chance wahrzunehmen, von der Festung zum Deutschen Eck auch hinunter zu schweben. Ein Besuch in dem lebens- und liebenswerten Koblenz lohne sich allemal. Dr. Wolther von Kieseritzky, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des BVGD, zeigte sich nach der glanzvollen Vorlage seines Vorredners daran interessiert, den Oberbürgermeister in die Zunft der Gästeführer aufzunehmen. Dafür müsse er allerdings die BVGD-Zertifizierung nach dem europäischen Standard, die Gästeführungen auf höchstem Niveau sicherstellen soll, nachweisen. Von Kieseritzky, der die 19. JHV des Verbandes stellvertretend für die erkrankte Vorsitzende, Dr. Ute Jäger, leitete, gab beim Empfang im Rathaussaal einen kurzen Einblick auf die Arbeit des Verbandes, in dem rund 5.500 Gästeführer organisiert sind. Besonders heraus stellte er, dass sich mehr als 15 Millionen Gäste jährlich eine fremde oder ihre eigene Stadt von einem Gästeführer zeigen lassen. Damit würden im Jahr 90 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftet. Doch die Zahlen allein seien nicht ausschlaggebend. Bedeutsam sei in erster Linie die Qualität der Führungen. Gästeführer wirkten als Multiplikator, als Botschafter für eine Stadt. Sie helfen, Neues bekannt zu machen und Altes zu würdigen, sagte von Kieseritzky.
Wichtige Arbeit der Gästeführer
Doch Tourismus werde nicht immer und überall vorbehaltlos als positiv angesehen. Gerade hier sei die Arbeit der Gästeführer besonders wichtig. Sie müssten Sorge dafür tragen, dass Tourismus in einer Stadt, einer Region vertragen werde, Bewohner und Besucher durch Information und Aufklärung aufeinander einstimmen. Wie vorbildlich die Koblenzer Kollegen ihrer Aufgabe nachkommen, das bestätigte von Kieseritzky ihnen nach einer selbst erlebten Stadtführung gerne. Mit rund 80 Gästeführern verfüge Koblenz über eine vortreffliche Willkommenskultur. Als Dank für den Empfang im Historischen Rathaussaal überreichte er Hofmann-Göttig eine Dose Nürnberger Lebkuchen.
Auch Hartmut Hager, Vorsitzender des Koblenzer Gästeführer-Vereins, versäumte nicht, sich bei dem Oberbürgermeister für die Organisation des Empfangs zu bedanken. Im Anschluss konnte die JHV schließlich im Tagungszentrum der Rhein-Mosel-Halle offiziell eröffnet werden.
Hartmut Hager (l.) und Wolther von Kieseritzky (r.) bedankten sich für den kurzweiligen Empfang im Rathaussaal bei Oberbürgermeister Hofmann-Göttig. Foto: BSB
