Koblenz. Dank ihres ganz besonderen literarischen Instinktes, aber sicher auch wegen ihrer langjährigen Kenntnis der Autorenszene und der guten Kontakte zu den Buch-Verlagen konnte Ruth Duchstein, Mitinhaberin der Buchhandlung Reuffel, wieder sehr spezielle Autoren für die Literaturtage gewinnen. Zum dritten Mal in Folge sagte der Deutsche Buchpreisträger seine Teilnahme zu. Eine Blessur, nämlich die Reduzierung der zwar schönen, aber kostspieligen Bereicherung Musik, muss „ganzOhr“ in diesem Jahr aufgrund der notwendigen Sparmaßnahmen einstecken. „Ein trauriger, aber nötiger Kompromiss zur Sicherung des Festivals“, sagt der für die Organisation zuständige Thomas Steinebach von der Koblenz-Touristik. Dennoch sei er froh, dass immerhin an den Aufwendungen für die Autoren nicht gespart werden musste, und die Eintrittspreise stabil gehalten werden konnten. Ein Festival in dieser Größenordnung in einer Stadt dieser Größe sei keine Selbstverständlichkeit, ist sich Duchstein bewusst.

Zwölf Veranstaltungen an zehn verschiedenen Orten

Das jetzt sechste Festival wird am Sonntag, 10. März eröffnet - traditionell mit der Literaturmatinee im Theater Koblenz, die in diesem Jahr Mark Twain gewidmet ist. Die drei Brüder Jona, Wanja und Woody Mues werden in die von Satire und Sozialkritik geprägte schriftstellerische Welt des 1910 gestorbenen US-amerikanischen Autors auf ganz besondere Weise Einblick geben. Am Klavier begleitet sie Karsten Huschke. Ursula Krechel, Trägerin des Joseph-Breitbach-Preises und seit 2012 auch des Deutschen Buchpreises, begibt sich in ihrem Roman „Landgericht“ auf Spurensuche in der deutschen Nachkriegszeit. Am 11. März liest sie im Gartensaal des Kurfürstlichen Schlosses aus der tragischen Geschichte um einen aus dem Exil Zurückgekehrten. Lustig zu werden verspricht die Veranstaltung am 12. März im Café Hahn, wo der ausgesprochene Publikumsliebling Tilman Rammstedt samt seinem Titelhelden, einem melancholischen Bankberater, dafür sorgen wird, dass Tränen „sicher nicht vor Trauer“ fließen. Der zweite Roman der schon jetzt viel beworbenen Diogenes-Autorin Astrid Rosenfeld trägt den Titel „Elsa ungeheuer“ und wird erst kurz vor der Lesung in der Buchhandlung Reuffel am 13. März erscheinen. Die Geschichte um Kunst und menschliche Abgründe wird von der für jedermann unvergesslichen, aber offenbar nicht ganz unkomplizierten Elsa und einer Menge skurriler Gestalten bevölkert. Als Mitinhaber der gleichnamigen Buchhandlung sitzt auch Ernst Heimes mit im Boot des Literaturfestivals. Passend zur Jahres-Feier des 200sten Geburtstages Georg Büchners wird Udo Weinbörner am 14. März in der Buchhandlung aus seinem Roman „Georg Büchner – Das Herz so rot“ lesen. Am Montag, 18. März sind noch einmal das Kurfürstliche Schloss und sein Gartensaal Gastgeber. Dort werden einer der renommiertesten Theaterautoren, John von Düffel, und der Koblenzer Theater-Intendant Markus Dietze ein literarisches Gespräch führen über Literatur, ihre langjährige Arbeitsfreundschaft und die Dinge, die sie sonst noch verbinden. „Ein sehr besonderer Abend“ verspricht Duchstein. Immer dienstags ist in Koblenz Poetry Slam-Tag. So auch bei den Literaturtagen. Mit dieser Veranstaltung wollen die Macher die Chance nutzen, die Altersstruktur des Publikums einmal neu zu mischen. Bei dem Poetry Slam Special am 19. März stellt Till Reiners im Circus Maximus sein Programm „Da bleibt uns nur die Wut“ vor, mit dem er seit 2011 tourt. Im Palais ist mittlerweile traditionell das Hörbuch-Genre zu Hause. Diese für etwa 320 Sitzplätze ausgelegte Räumlichkeit bietet am 20. März dem gefeierten Schauspieler Josef Bierbichler einen perfekten Rahmen für eine Lesung aus seinem Debütroman „Mittelreich“, wofür er bereits den Hörbuchpreis 2011 gewinnen konnte. Zudem wird er drei großartige, ihn virtuos unterstützende Musiker mitbringen. Im Deinhard Keller war im vorigen Jahr Schriftsteller Michael Kumpfmüller zu Gast. Am selben Ort wird in diesem Jahr seine sehr literarisch schreibende und wunderschön vorlesende Ehefrau Eva Menasse in ihr noch nicht erschienenes Buch „Quasikristalle“ am 21. März hineinhören lassen. Ein kühner Roman über eine facettenreiche Frau, über Wahrnehmung und Wahrheit. Den Aspekte-Literaturpreis erhielt Stephan Thome für sein Debüt „Grenzgang“. Mit seinem neuen Roman „Fliehkräfte“ über schmerzliche Erfahrungen und Lebensabgründe stand er, wie seine Kollegin Ursula Krechel, auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis 2012. Am 22. März liest Thome in der Buchhandlung Reuffel über seinen Helden, einen Professor für Philosophie in mittleren Jahren, einen großen Reisenden. Der schnell sprechende Schwabe Denis Scheck, Literaturkritiker und Journalist, schrieb das Buch „Sie und Er. Der kleine Unterschied beim Essen und Trinken“ zusammen mit der Medizinerin Dr. med. Eva Gritzmann. Auf lustvoll-lehrreiche Weise, humorvoll und unglaublich kenntnisreich, erzählen sie über Essgewohnheiten der beiden Geschlechter. Im Coenen-Palais wird es bei der Abschlussveranstaltung des Festivals am 23. März um Fleisch oder Ziegenkäse gehen. Dazu sollen Probehäppchen für die Gäste gereicht werden.

Kinderlesung am 14. März

Das Wichtigste zum Schluss: Die Kinderlesung - diese liegt allen „ganzOhr“-Aktiven besonders am Herzen. Schließlich könnten die kleinen Leser von heute die Festival-Gäste der Zukunft sein. Die Veranstaltung aus dem Schattendasein herauszuholen, sei im vorigen Jahr mit Finn-Ole Heinrich und „Frerk, Du Zwerg“ ausgezeichnet gelungen. In diesem Jahr konnte der wegen seiner Geschichten um die Abenteuer des kleinen Drachen „Kokosnuss“ deutschlandweit bekannte Ingo Siegner für die Veranstaltung am 14. März gewonnen werden. In der rund 250 Plätze bietenden Kufa Koblenz wird das vom Autor selbst gezeichnete possierliche Wesen zusammen mit seinen Freunden in die Steinzeit reisen. Möglichst viele kleine Leseratten sollen den neugierigen Drachen bei seinen lustigen und spannenden Abenteuern begleiten. BSB