Wander-Ausstellung „Perspektiven“ des freischaffenden Malers Ralf Godde
Vernissage wurde zum Kleinkunst-Erlebnis
Koblenz. Die Vernissage der Wander-Ausstellung „Perspektiven“ des freischaffenden Malers Ralf Godde mutierte zu einem regelrechten Kleinkunst-Erlebnis in der Hauptstelle der Sparkasse, Bahnhofstraße 11. Neben den Redebeiträgen wurde musiziert, gezaubert und vorgelesen. Da gerieten die Werke des Koblenzer Künstlers, der sich in seinem neuen Projekt dem Element „Luft“ widmet, anfänglich ein wenig in den Hintergrund.
Besonders, da es Schauspieler Jona Mues meisterlich verstand, die Zuhörerschaft mit den von ihm gelesenen, sich mit Perspektiven beschäftigenden Texten von Mark Twain und Axel Hacke gleich zu Beginn in den Bann zu ziehen. Doch spätestens als Mues in der Rolle des Generals Harras (Des Teufels General, Carl Zuckmayer) vor Goddes großformatigem Gemälde „Der Rhein am Loreleyfelsen“ die gut bekannten Sätze aus dem Gespräch mit Hartmann rezitierte, galt die ganze Aufmerksamkeit den Werken des 1961 geborenen Malers.
Luft in Verbindung mit Wasser und Licht
Darin bringt er Luft in Verbindung mit Wasser und/oder Licht, wobei Motive entstehen, die Koblenzer Ansichten wie das Deutsche Eck, das Schöffenhaus auf dem Florinsmarkt oder das Kaiserin-Augusta-Denkmal sowie Darstellungen von Landschaften und Gebäuden der Region aus der Godde-Perspektive zeigen. Wenn zutrifft, dass Kunst erst durch das Auge des Betrachters entsteht, wie Ernst Josef Lehrer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Koblenz, in seiner Begrüßungsansprache behauptete, was wären dann die von Godde gemalten Segelschiffe, Burgen und Schlösser vor der Ausstellung?
Die Investition in Kunst erachte die Sparkasse, so wie er selbst, als eine Investition in die Zukunft der Gesellschaft und die des Wirtschaftsstandortes, der wiederum durch die Förderung von Kunst und Kultur an Attraktivität gewinne, so Lehrer. Er habe Goddes Schaffenskraft schon bei verschiedenen Ausstellungen bewundert. Seine Bilder erfüllten den Endzweck der Kunst, das Vergnügen, wie es Lessing gesagt haben soll.
Auftritt „Andino“ als Moderater und Zauberer
Aus diesem Vergnügen heraus lässt sich Andino, langjähriger Freund Goddes, der bei der Vernissage nicht nur als Moderator, sondern auch als philosophierender Zauberer auftrat, schon seit etwa 30 Jahren Werbematerialien und Plakatvorlagen von dem Maler gestalten. Er nennt Godde, der nach einer Ausbildung als Werbetechniker und Grafiker fast 20 Jahre lang für die Industrie arbeitete, den inzwischen „wohl bekanntesten Heimatmaler“ mit einem „Künstlerleben unter bescheidensten Verhältnissen“. Ihm, der ausschließlich für seine Kunst lebe, gelinge es immer wieder, mit wenigen Pinselstrichen ein ganzes Lebensgefühl auszudrücken. So schreibt es Dr. Andreas Michel, alias Andino, in einem seiner Bücher in dem Kapitel „Mein Freund der Maler“, das Einzug in den Ausstellungskatalog genommen hat. Daneben abgebildet ist das - ebenfalls in der Ausstellung gezeigte - mit Goddes Entwürfen erstellte Plakat zu Andinos zauberphilosophischem Projekt „Reallusion“. Godde habe, wie es bei einem Werbegrafiker sein sollte, auch bei seiner Malerei immer den Betrachter im Blick und so manches Mal käme bei ihm aus etwas ganz nebenbei Gemachtem etwas absolut Geniales heraus, laudatierte Andino weiter, bevor er dem Sparkassen-Vorstand seine Gage in Münzen und Scheinen mit verblüffenden Tricks und ein paar Handbewegungen nicht nur aus der Nase zauberte.
Launige Eröffnungsansprache
„Einen Banker zum Nachdenken über eine neue Form der Geldvermehrung zu bringen“, das sei Andino mit dieser Nummer gelungen, staunte Oberbürgermeister Prof. Dr. Joachim Hofmann-Göttig in einer sehr launigen Eröffnungsansprache. Das sei mal etwas anderes, wie bei dieser Vernissage sowieso alles irgendwie anders sei. Schon etliche Godde-Ausstellungen habe er seit 2003 eröffnet, aber dass er bei seiner Ankunft, wie jetzt von einer Sparkassen-Angestellten, für den Künstler gehalten wurde, sei eine gänzlich neue Erfahrung. Neu sei dieses Mal auch, dass Godde das letzte Bild für die Ausstellung schon zwei Tage vorher fertig hatte. Sonst habe er es immer erst während seiner Ansprache zu Ende gemalt. Hofmann-Göttig, der, genau wie Andino, zum Kreis der Privatsammler von Godde-Kunst gehört, bestätigte dem Künstler eine eigene Zauberkraft. „Er verzaubert uns in unserer Heimatfreude“. Den Emotionen füge er eine künstlerische Perspektive hinzu. Goddes Bild „Mendelssohn-Park“, eine nur angedeutete, in Blau- und Weißtönen gehaltene Baumallee mit einer goldfarbenen Notenschrift darauf, befindet sich im Privatbesitz des Oberbürgermeisters.
Besonderes Kunststück
Ein besonderes Kunststück zur Vernissage vollbrachte Ministerialdirigent Henrik Roh, der das Grußwort der Schirmherrin, Umweltministerin Ulrike Höfken, überbrachte. Ihm gelang es zauberhaft von den Bildern, in denen sich Godde mit dem Element „Luft“ beschäftigt, eine elegante Überleitung zum Thema „Umweltverschmutzung“ zu finden. Dazu stellte er die Untersuchung der „Academy of Athens“ von 500 Sonnenuntergangs-Gemälden der letzten fünf Jahrhunderte vor, die ergeben hatte, dass sich anhand des Rot-Grün-Verhältnisses der gemalten Himmel abschätzen lässt, wie stark die Erdatmosphäre durch Aerosolteilchen zum Zeitpunkt der Bildentstehung verschmutzt war. Je intensiver die Rotfärbung des Himmels, desto größer die Luftverschmutzung. Entwarnung für Koblenz: In dem von Godde ausgestellten „Sonnenuntergang“ ist der Himmel gelb gefärbt. Die Vernissage wurde musikalisch umrahmt von den vier Saxophonisten Traudl Pottmeyer, Cordula Kaiser, Dirk Steinert und Thomas Burbach. Die noch bis zum 10. Juni geöffnete Ausstellung „Perspektiven“ wird von Koblenz aus weiter nach Boppard wandern, wo die Vernissage am 13. Juni im Historischen Kreuzgang des ehemaligen Karmeliter-Klosters stattfindet. Weitere, schon jetzt feststehende Stationen der Ausstellung sind Simmern und Nassau.
