Roberto Aussel im Kurfürstlichen Schloss
Weltelite der Konzert-Gitarre
Das Eröffnungskonzert des 21. „Koblenz International Guitar Festival & Academy“
Koblenz. Sechzehn Konzerte, einen bedeutenden Wettbewerb, Meisterkurse, Workshops und Vorträge umfasst das einwöchige Festival. Es wurde vor ausverkauftem Haus in dieser Woche mit einem Konzert des Gitarren-Virtuosen Roberto Aussel eröffnet. Er spielte Werke internationaler Komponisten aus fast vier Jahrhunderten. Zuvor gab es einleitende Worte von Günter F.C. Forsteneichner, Vorstandsmitglied der das Festival fördernden „Koblenz International Guitar Society“, und deren Präsident Dr. Richard Koch-Sembdner. Es folgte die offizielle Eröffnung durch Oberbürgermeister Prof. Dr. Joachim Hofman-Göttig in englischer Sprache. Das seit 21 Jahren in Koblenz etablierte Festival könne nun getrost als erwachsen bezeichnet werden. Er sei stolz, dass Koblenz Gastgeber für die mehr als dreihundert Teilnehmer aus etwa fünfzig Nationen sei und freue sich, dass das Eröffnungskonzert in dem schönen, außen alten und innen neuen Schloss stattfinde.
Mit der Konzert-Gitarre in der Hand trat auf die nahezu völlig undekorierte Bühne im Kaisersaal der unscheinbar und eher schüchtern wirkende, 1954 geborene Musiker Roberto Aussel. Er nahm Platz auf dem dort stehenden Hocker, wo er, von Verbeugungen abgesehen, das ganze Konzert lang in unveränderter Haltung verweilte, das linke Bein auf der Fußbank ruhend.
Nur ganz gelegentlich wippte sein rechter Fuß im Takt der Melodie. Zu Beginn spielte Aussel vier Tanzsätze aus „Terpsichore“ des deutschen Komponisten Michael Praetorius (1571-1621). Leichte, heitere Melodien, bei denen seine Finger die Nylonsaiten scheinbar kaum berührten. Doch der hervorgezauberte Klang fesselte die Zuhörer derart, dass man eine Stecknadel im Saal hätte fallen hören können.
Ohne Notenblatt, in absoluter technischer Präzision machte Aussel jeden einzelnen Ton zu einem grandiosen Klangerlebnis. Immer wieder stimmte er zu Beginn der Musikstücke sein Instrument nach, konzentrierte sich kurz, als ob er sich die Noten noch einmal ins Gedächtnis rufen müsste, und spielte dann mit einer unglaublichen Virtuosität, die sich neben großer Begabung wohl nur durch die über fünfzigjährige Spielerfahrung erklären lässt. In dem Repertoire von Barock- bis zu neuzeitlicher Musik behielt Aussel ausnahmslos die totale Kontrolle über die Gitarre. Er bespielte sie mal sanft, mal fordernd und immer so, als stehe er mit ihr im Dialog, als würde er eins mit ihr. Seine ganze Energie schien in das Spiel zu fließen, sodass man fürchten konnte, er würde danach kraftlos in sich zusammensinken. Die Musikstücke waren kaum einmal temperamentvoll, wie man es gerne erwartet, wenn man von Gitarren-Musik spricht. Aber sie waren besonders im zweiten Teil, der Komponisten des 20. Jahrhunderts vorbehalten war, so anspruchsvoll, dass Aussel seine ganze Kunstfertigkeit am Instrument zeigen konnte. Die Kompositionen Jana Obrovskas und Atahualpa Yupanquis forderten Aussel gelegentlich zu eher ungewöhnlichen Spieltechniken auf.
So brachte er manches Mal nur mit den Fingern seiner linken Hand kraftvoll die Saiten zum Klingen, während die rechte Hand dazu rhythmisch den Gitarrenkörper klopfte. Besondere Beachtung beim Publikum fand das eigens für Aussel von Astor Piazzolla 1981 geschriebene Werk „Cinco piezas para guitarra“. Mit Bravo-Rufen wurde der Weltstar bejubelt, mit stehendem Applaus feierte ihn das Publikum und forderte damit drei Zugaben ein.
