Schockierendes Hunde-Drama in der Eifel

Horror-Hundezüchter: Hätte ein solches Ausmaß verhindert werden können?


Horror-Hundezüchter: Hätte ein solches Ausmaß verhindert werden können?

Die geretteten Hunde wurdenvon verschiedenen Tierheimen aufgenommen, von wo aus sie nun vermittelt werden. Die Polizei bittet um Hinweise, die zur Aufklärung der Situation in Bauler beitragen können. Quelle: Tierheim Remagen

Bauler. Wohl kaum ein Schicksal bewegt die Menschen im Umfeld des Nürburgrings aktuell so sehr, wie das der 136 Hunde, die Kreisveterinäre mit Unterstützung von neun Tierschutzvereinen aus drei Bundesländern vergangene Woche aus ihrem Elend in einem Haus in Bauler, einer 65-Seelen-Gemeinde in der Nähe des Nürburgrings, befreit haben: In kleinen Käfigen, Boxen und Holzverschlägen sowie in von Kot und Urin verdreckten Zimmern wurden die Tiere teils wohl über Jahre gefangen gehalten, waren verteilt vom Keller bis unter das Dach, sowie in den Nebengebäuden des Hauses.

Im Haus gefangengehalten Tiere waren verstört und krank

Die Kreisverwaltung nennt die Verstöße gegen den Tierschutz in ihrer Pressemeldung eklatant; Tierschützer haben die grauenhaften Zustände auf Fotos und Videos dokumentiert und auf ihren Facebook-Seiten veröffentlicht. Dabei berichten sie von verstörten und kranken Tieren und dem unerträglichen Gestank in den Gebäuden in Bauler – einem Gemisch aus Ammoniak und Kot –, der ihnen während der Rettungsaktion die Tränen in die Augen getrieben habe. Ein Ehepaar aus der kleinen Eifelgemeinde hatte über die Jahre einen offenbar florierenden Handel mit Welpen aufgebaut und ungestört immer weiter expandiert. Durch einen Hinweis aus Tierschutzkreisen, heißt es, wurde die Kreisverwaltung nun auf die Zustände aufmerksam und handelte.

Wie konnte es so weit kommen?

In den sozialen Medien richten sich aktuell schwere Vorwürfe gegen die Dorfgemeinschaft: Wie kann es sein, dass in einem Dorf, in dem jeder jeden kennt, niemand etwas unternommen hat? Bürgermeister Raimund Michels stellt sich entschieden hinter seine Bürgerinnen und Bürger: „Von diesem Ausmaß hat hier niemand etwas gewusst“, versichert der Landwirt. Zwar sei bekannt gewesen, dass das Ehepaar Hunde züchte und verkaufe, aber solche Zustände habe sich in Bauler niemand nur annähernd vorstellen können.

Tierschützer bemängeln

Mentalität der Anwohner

Eine erfahrene Tierschützerin, die an der Rettungsaktion beteiligt war, beklagt sich über die Untätigkeit der Anwohner. „Da kann die Kuh im Stall vom Nachbarn verrecken, die Leute halten dicht.“, sagt sie. Auch heute würden Tierschützer auch in der Eifel zuweilen noch mit Zuständen konfrontiert, die unmöglich wären. Die Tierschützerin wundert es nicht, dass das Ehepaar in Bauler so leichtes Spiel hatte.“ Dort bestätigen Anwohner, dass die Hunde des Ehepaars nie ausgeführt worden seien. Ganz selten habe man wenige Tiere im großen Garten des Anwesens laufen sehen. Gebellt hätten gelegentlich geschätzt 20 bis 30 Hunde. Wenn die Post gekommen sei, sei Gebell zu hören gewesen, was die Frau des Hundezüchters aber durch lautes Schreien schnell habe abstellen können. Das Ehepaar hatte offenbar keine Klingel installiert und die Postboten seien angewiesen gewesen, zu hupen. Dann sei die Frau kurz herausgekommen, habe die Post entgegengenommen und sei wieder im Haus verschwunden.

Hinweise gab es wohl

bereits vor Jahren

Dass hier allerdings niemand aus der Dorfgemeinschaft etwas unternommen hat, stimme nicht: So wurde bereits früher versucht, die Behörden auf das Ehepaar aufmerksam zu machen. Ein Anwohner versuchte dies bereits im Jahre 2016. Bei der Verbandsgemeindeverwaltung Adenau habe er angerufen, berichtet er BLICK aktuell im persönlichen Gespräch. Die sei jedoch nicht zuständig gewesen. Bei der Stadt Bad-Neuenahr bekam er dieselbe Auskunft; auf Nachfrage, an wen er sich denn in der Sache zu wenden hätte, konnte man ihm auch hier keine Antwort geben. Bei einem Tierschutzverein habe er es ebenfalls versucht, sowie bei der unteren Wasserbehörde. Denn der Hundezüchter habe den „Mist“ der Tiere auf seinem Grundstück verteilt, was den Anwohnern neben der Geruchsbelästigung gerade in der warmen Jahreszeit den Besuch unzähliger Fliegen bescherte. Schließlich landete der Anwohner mit seiner Beschwerde beim zuständigen Amtstierarzt, der die Sache allerdings dem Zeugenbericht zufolge abtat.

„Irgendwann gibt man es dann auf“, schüttelt der Mann resigniert den Kopf. Noch im selben Jahr war die Vogelgrippe Thema – auch private Tierhalter hatten ihre Hühner über einen angeordneten Zeitraum im Stall einzusperren. Eine Anwohnerin wollte alles richtig machen und kontaktierte offenbar denselben Amtsarzt, um in Erfahrung zu bringen, ob sie ihre Hühner kurz in den Auslauf lassen dürfe, um den Stall reinigen zu können. Das habe ihr der Veterinär strikt untersagt und es habe nur wenige Tage gedauert, da habe er in Begleitung einer Frau vor ihrer Tür gestanden, um zu kontrollieren, ob die Hühner wirklich eingesperrt waren. „Bei dem Telefonat habe ich den Veterinär auf die Zustände beim besagten Tierzüchter angesprochen“, berichtet die Frau, die daraufhin wohl zu hören bekam, dass dort alles seine Ordnung habe. Dass der Amtsarzt anschließend bei ihr auflief, um nach den Hühnern zu sehen, am Haus der Hundehändler jedoch vorbei fuhr, kann sie bis heute nicht verstehen. Sie habe ihn auch darauf hingewiesen, dass die Tiere so gut wie keinen Auslauf bekamen.

Kreisverwaltung

weist Vorwürfe zurück

Konfrontiert mit den Vorwürfen nimmt die Kreisverwaltung folgendermaßen Stellung: „Die Behauptung, die Kreisverwaltung habe bereits vor drei Jahren Hinweise auf die Zustände erhalten, ist falsch. Das Kreisveterinäramt geht jeder schriftlichen oder mündlichen Anzeige nach. Eine Kontrolle im Jahr 2015 ergab, dass die vorgefundenen Tiere in einem guten Gesundheits-, Ernährungs- und Pflegezustand waren. Die Tiere hatten regelmäßigen Auslauf auf dem großen Grundstück. Der Hundezüchter hatte 2008 eine gewerbliche Zucht beantragt. Nach einer Überprüfung der Hundehaltung wurde die Erlaubnis erteilt.

Wo sind die Rüden?

Als grotesk beschreibt eine an der Rettungsaktion beteiligte Tierschützerin folgende Situation: „Komischerweise haben wir an erwachsenen Hunden fast nur Hündinnen gefunden. Aber es waren Freunde des Tierzüchters vor Ort, mit denen sich das Ehepaar noch während der laufenden Räumung – und im Beisein des Amtsveterinärs und mehrerer Tierschützer – darüber beratschlagt hat, mit wem die Rüden gekreuzt werden sollten, wenn jetzt doch alle Weibchen weg wären. Die Zuchtrüden sind also ganz offenbar noch irgendwo anders im Besitz“, mutmaßt die Frau.

Das große Geschäft

mit den Rassehunden

In einem Video, das der Bund deutscher Tierfreunde e.V. von der Rettungsaktion in Bauler auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht hat, ist die Frau des Hundezüchters deutlich zu hören, als sie eine andere Person fragt, ob sie jetzt damit rechnen müsse, ins Gefängnis zu kommen. Einen Moment später sagt sie: „Wir sind ja finanziell sowieso jetzt ruiniert, denn wir haben die ganzen Kosten für Futter und Tierarzt finanziert“.

Vor wenigen Tagen meldete sich im Remagener Tierheim eine Käuferin auf der Suche nach dem Welpen, den sie bereits mit 600 Euro angezahlt hat, bei der Übergabe seien weitere 600 Euro fällig geworden, berichtet sie den Tierheim-Mitarbeitern. Sollten die Hunde allesamt zu einem derart stolzen Preis gehandelt worden sein, widerlege dies allerdings die Unterstellung der Facebook-Community, Käufer hätten nur günstig an einen Rassehund kommen wollen.