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Mehr Verkehrsunfälle in Rheinland-Pfalz – was Autofahrer tun können
Verkehrsunfälle wurden in Rheinland-Pfalz zuletzt wieder häufiger registriert – was hat das genau zu bedeuten? Fotolia.com © Kara #11561043 Foto: Kara - stock.adobe.com
Es scheint wieder gefährlicher zu werden auf den Straßen in unserem Bundesland. Im Jahre 2017 ereigneten sich mehr Verkehrsunfälle in Rheinland-Pfalz als im Vorjahr. Auch wenn die Zahl der Todesopfer sinkt, existieren in der offiziellen Statistik einige beunruhigende Entwicklungen. Doch wo liegen die Ursachen für den Anstieg und was können Autofahrer tun, um sie zu vermeiden?
Die Statistik im Einzelnen – mehr Verkehrsunfälle, weniger Tote
Im Jahre 2017 stieg die Zahl der Verkehrsunfälle in Rheinland-Pfalz um 4,75 Prozent an; absolut gesehen ereigneten mit 24.208 registrierten Ereignissen demnach 1097 Unfälle mehr als mit 23.111 Fällen im Jahre 2016. Parallel zur steigenden Anzahl zeichneten sich außerdem Änderungen der Unfallprofile in folgenden Bereichen ab:
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1. Hauptunfallursachen
In 5,89 Prozent mehr Unfällen wurde 2017 die überhöhte Geschwindigkeit der Teilnehmer als Ursache identifiziert. Der fehlende Abstand zu anderen Fahrzeugen (plus 2,86 Prozent) sowie das Abbiegen, Wenden und Rückwärtsfahren (plus 1,98 Prozent) stellen ebenfalls häufigere Unfallgründe als im Vorjahr dar. Tendenziell weniger Zwischenfälle lösten dagegen missachtete Vorfahrtsregelungen (minus 2,36 Prozent) und Überholen (minus 1,19 Prozent) aus. Mit 10,13 Prozent verzeichneten durch Wild verursachte Verkehrsunfälle den größten Anstieg im Vergleich zum Jahr 2016. -
2. Beteiligung junger Fahrer
Der Anteil von Verkehrsunfällen 18- bis 24-jähriger Fahrer stieg 2017 um 1,84 Prozent an. Besorgniserregend wirken die Zahlen, wenn man sie mit dem Altersprofil der Gesamtbevölkerung in Proportion setzt: An 22,2 Prozent aller Unfälle in Rheinland-Pfalz war die Gruppe der Fahranfänger beteiligt, obgleich sie nur 8 Prozent der Bevölkerung des Landes repräsentieren. Noch schärfer zeichnet sich die Diskrepanz bei Unfällen mit Personenschäden ab – hier sind in 30,98 Prozent der Fälle, Fahrer zwischen 18 und 24 die Verursacher. Mit 5 Opfern gab es in der betreffenden Altersgruppe 2017 zwei Todesfälle weniger als im Vorjahr. Die Anzahl der Verletzten unter den jungen Unfallbeteiligten blieb mit 626 gleich. -
3. Weniger Unfälle mit Personenschäden
Sowohl die Zahl der Todesfälle als auch die Fälle von leichten und schweren Verletzungen zeigten sich zwischen 2016 und 2017 leicht rückläufig von 2303 auf 2285 Fälle. Insgesamt erlitten mit 670 Menschen 3,46 Prozent weniger schwere Verletzungen; die Zahl der Unfalltoten reduzierte sich von 33 auf 29. Bezogen auf die Beteiligung anderer Verkehrsmittel zeichnet sich folgendes Bild ab:
Unfälle mit Personenschaden insgesamt: 2285
Davon mit …
- Fußgängerbeteiligung: 200
- Radfahrerbeteiligung: 256
- Beteiligung motorisierter Zweiräder: 435
- LKW-Beteiligung: 207
Insgesamt verunglückten 182 Kinder zwischen 0 und 14 Jahren, 178 Jugendliche im Alter zwischen 15 und 17 Jahren sowie 631 Geschädigte zwischen 18 und 24 Jahren. Erwachsene zwischen 25 und 64 waren in 1693 Fällen betroffen, Senioren über 65 bei 338 Unfällen. -
4. Mehr Unfälle aufgrund von Drogen und Alkoholeinfluss
Rund 15 bzw. 32 Prozent mehr Unfälle als im Jahre 2016 gehen laut Statistik auf den Einfluss von Alkohol und Drogen zurück. Damit wendet sich die fallende Tendenz von 2012 bis 2015 in diesem Bereich wieder in eine steigende. Absolut gesehen standen Beteiligte bei 399 Unfällen im Jahre 2017 unter dem Einfluss von Alkohol, wobei 143 Ereignisse zu Personenschäden führten und 2 Todesopfer forderten. Mit 70 Unfällen wurde dabei beinahe jeder 6. Unfall von Fahrern zwischen 18 und 24 verursacht.
Verkehrsunfälle unter Drogeneinfluss nahmen von 40 Fällen im Jahre 2016 auf 53 im Folgejahr zu. Davon gingen 17 Unfälle auf das Konto 18- bis 24-jähriger Fahrer. In 19 Fällen waren die Verursacher 25 bis 34 Jahre alt. Statistiken zu Verkehrsunfällen, die durch medizinisch verordnetes Cannabis ausgelöst wurden, bestehen aufgrund fehlender Daten bislang nicht.
Worauf sollten Autofahrer besonders achten?
Gemessen an den häufigsten Unfallursachen besteht bei deutschen Autofahrern Nachholbedarf auf den folgenden Feldern:
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1. Bremsweg berechnen
Das Bewusstsein, mit angemessenem Tempo zu fahren, ist eng gekoppelt an die Überzeugung, im Ernstfall rechtzeitig bremsen zu können. Doch wenn sich Autofahrer den tatsächlichen Bremsweg ihres Fahrzeuges vor Augen führen, wird rasch ersichtlich, dass selbst vermeintlich geringes Tempo innerhalb von Ortschaften bei einem plötzlich auf die Fahrbahn springenden Kind oder Tier zu ernsten Unfällen führen kann. Der Bremsweg besteht schließlich nicht allein im physikalischen Bremsweg des Fahrzeuges, sondern wird außerdem durch die Reaktionszeit des Fahrers bestimmt. Fasst man Reaktionsweg und Bremsweg zusammen, erhält man den Anhalteweg nach folgender Formel:
Reaktionsweg in Metern:
(Geschwindigkeit / 10) * 3
Bremsweg bei Gefahrenbremsung:
[(Geschwindigkeit / 10) * (Geschwindigkeit / 10)] / 2
Anhalteweg:
Reaktionsweg + Bremsweg
Bei Tempo 30 ergeben sich hier ein Reaktionsweg von 9 Metern, ein Bremsweg von 4,5 Metern und ein Anhalteweg von 13,5 Metern. Diese Strecke legt ein Fahrzeug in jedem Fall zurück – selbst wenn der Fahrer binnen einer Sekunde auf ein Hindernis reagiert und sofort die Gefahrenbremsung einleitet. -
2. Abstand halten
Um Auffahrunfälle zu vermeiden, ist ein ausreichender Sicherheitsabstand zum vorweg fahrenden Fahrzeug unerlässlich. Als Faustregel gilt dafür innerhalb geschlossener Ortschaften die dreifache Fahrzeuglänge. Bei höherem Tempo sollten Fahrer die Hälfte der Geschwindigkeit in Metern zwischen sich und dem Vordermann belassen, also bei 120 km/h einen Abstand von 60 Metern wahren. -
3. Schulterblick ausführen
Selbst wenn Spiegel, Rückfahrkameras und Sensoren es gern anders suggerieren – die komplette Rundumperspektive erhält ein Autofahrer nur, indem er auch den Schulterblick ausführt. Insbesondere beim Rechtsabbiegen verhindert die Maßnahme, dass der Fahrer im toten Winkel seiner Spiegel einen Radfahrer übersieht. Beim Wechseln der Fahrspur auf der Autobahn sollten umsichtige Fahrer ebenfalls nie auf den kurzen Blick über die Schulter verzichten. -
4. Vorfahrt achten
Eigentlich gestalten sich die Regeln einfach – wenn kein Verkehrsschild anderes vorgibt, gilt an den Kreuzungen hierzulande rechts vor links. Ausgenommen man fährt über einen abgesenkten Bordstein oder aus einer verkehrsberuhigten Zone von rechts in den fließenden Verkehr ein. Doch selbst wer rechtlich die Vorfahrt besitzt, sollte sich per Blickkontakt mit den anderen Verkehrsteilnehmern versichern, dass diese sich der Regelung ebenfalls bewusst sind. -
5. Ablenkung am Steuer
Viele Autofahrer unterschätzen oft die verheerenden Folgen, wenn man sich auch nur kurz durch das Smartphone oder andere Nebentätigkeiten ablenken lässt. Fotolia.com © Wellnhofer Designs #203312965 Foto: Wellnhofer Designs - stock.adobe
Laut Versicherungsstatistiken spielt Ablenkung am Steuer mit 11 Prozent eine weit größere Rolle bei Unfällen als Alkohol und Drogen. Autofahrer geben in Umfragen an, nicht nur durch Smartphone, Navigationssystem und Bordelektronik den Fokus auf den Straßenverkehr zu verlieren, sondern auch durch Streit und schreiende Kinder.
Ist die Fahrausbildung hierzulande zu sorglos?
Angesichts der überdurchschnittlich hohen Beteiligung 18- bis 24-jährigen Autofahrer an den Gesamtunfällen, liegt es nahe, den Grund dafür in der Fahrausbildung zu suchen. Laut Fahrschüler-Ausbildungsordnung sind Umfang und Inhalte des Fahrunterrichts gesetzlich wie folgt festgelegt:
Reicht die Führerschein-Ausbildung aus, um aus jungen Menschen gute Autofahrer zu machen? Fotolia.com © michaeljung # 102663450 Foto: michaeljung - stock.adobe.com
- Theorie-Unterricht: Für den Führerschein Klasse B müssen Fahrschüler mindestens 12 Stunden Theorieunterricht nachweisen können, die in der Regel als 90-minütige Termine in den Räumen der Fahrschule abgehalten werden. Thematisch konzentriert sich der Unterricht auf 522 Fragen zum Grundstoff und 993 Fragen zu Zusatzinhalten. Ziel ist es, die Fahrschüler auf die theoretische Fahrprüfung vorzubereiten. Mittlerweile werden Intensivkurse online angeboten, die die Module in 7 Tagen vermitteln. Mit einer App zur Prüfungsvorbereitung wird zudem die Prüfungssituation bereits im Vorfeld simuliert.
- Praxis-Unterricht: Für den Führerschein der Klasse B besteht gesetzlich lediglich die Vorgabe, eine bestimmte Anzahl an Sonderfahrten zu absolvieren. Davon müssen 3 als Nachtfahrten, 4 als Überlandfahrten und 5 auf der Autobahn stattfinden. Darüber hinaus macht der Fahrlehrer die nötige Anzahl weiterer Fahrstunden vom individuellen Fortschritt des Schülers abhängig.
Experten urteilen, dass die gestiegenen Anforderungen im Straßenverkehr eine längere Ausbildung mit mehr Sonderfahrten nötig machen würde. Darüber hinaus fehle es an Maßnahmen, mit denen Fahranfänger gerade in der sensiblen Anfangsphase ihre Erfahrungen beleuchten und ihr Sicherheitsbewusstsein schärfen könnten. Um verantwortungsloses Verhalten ahnden zu können und gleichzeitig Unfälle zu verhüten, besteht in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg das Präventionsprojekt „Gelbe Karte“. Mit ihr werden Jugendliche verwarnt, die durch Randalieren oder Trunkenheit auffallen – unabhängig davon, ob sie eine Fahrerlaubnis besitzen oder nicht.
Fazit
Dass die Statistik weniger Verkehrstote und Personenschäden verzeichnet, stellt einen Lichtblick dar. Die wachsende Unfallzahl unter Fahranfängern stellt Behörden und Fahrschulen allerdings vor die Herausforderung, jungen Menschen Kompetenzen und Verantwortung zu vermitteln. Angesichts der Auffahrunfälle und der Unglücke beim Abbiegen, Wenden und Rückwärtssetzen kann sich dagegen jeder Autofahrer fragen, ob er in den genannten Verkehrsbereichen die nötige Umsicht walten lässt.
