Stadtrat Neuwied entscheidet über Abwahlantrag

Bürgermeister Michael Mang bleibt im Amt

Bürgermeister Michael Mang bleibt im Amt

Die SPD berät über die unvorhersehbare Situation. Die Sitzungsunterbrechung war von der CDU beantragt worden.Fotos: FF

Bürgermeister Michael Mang bleibt im Amt

Rund siebzig Bürger/innen hatten sich zur Unterstützung von Michael Mang vor der Turnhalle versammelt.

Bürgermeister Michael Mang bleibt im Amt

Unter Wahrung des Mindestabstands waren die 150 Plätze im „Ratssaal“, der Turnhalle Niederbieber, schnell vergeben

Bürgermeister Michael Mang bleibt im Amt

Völlig überraschend erklärt René Bringezu (AfD) die Enthaltung seiner Fraktion beim Abwahlantrag.

Neuwied. Mit einer faustdicken Überraschung endete am 3. Todestag von Ex-Oberbürgermeister Nikolaus Roth die Stadtratssitzung mit dem einzigen Tagesordnungspunkt, der Abwahl von Bürgermeister Michael Mang. Bis der letzte Redner das Wort ergriff, deutete alles auf das Gelingen des Antrags der Mehrheitskoalition von CDU/Die Grünen und FWG sowie Dennis Mohr (FDP) hin. Die kleinen Fraktionen, der Linken und der Bürgerliste „Ich tue´s“ hatten sich zuvor für die Abwahl des Amtsinhabers ausgesprochen. René Bringezu bedauerte in seinen Ausführungen, dass es zu keinen konstruktiven Gesprächen mit allen Beteiligen gekommen sei und die AfD außen vorgelassen wurde. Seine Partei habe das Gesprächsangebot von Michael Mang an alle Fraktionen angenommen und sich ein eigenes Bild gemacht. Der Bürgermeister habe glaubhaft versichert, zukünftig transparenter und kommunikativer zu arbeiten. Der Fraktionschef erklärte weiterhin, dass es falsch sei, die finanziellen Aspekte außer Acht zu lassen. Mindestens 410.000 Euro hätte die Stadt die Abwahl gekostet, da dem Bürgermeister bis zum Ende der regulären Amtszeit im Jahr 2025 71 Prozent seiner Bezüge zugestanden hätten. Das Abwahlverfahren mit der Enthaltung der AfD bezeichnete René Bringezu als „Warnschuss“ an Michael Mang. Sollte die juristische Aufarbeitung Verfehlungen attestieren, erwarte er den Rücktritt des Bürgermeisters. Genau das versprach Michael Mang im Anschluss an die Sitzung: „Sollten die laufenden Verfahren zu dem Ergebnis kommen, dass mir tatsächlich schwerwiegende Fehler oder entsprechende Verfehlungen in der Amtsführung vorzuwerfen sind, so werde ich daraus die politischen Konsequenzen ziehen. Aber eben nach dem Abschluss des Verfahrens, ganz im Sinne der rechtsstaatlichen Prinzipien“. Rücktrittsforderungen der Antragsteller, gleich im Anschluss an die Sitzung, wies der Bürgermeister umgehend zurück. Gleichwohl zeigte er sich enttäuscht über das Zustandekommen des Ergebnisses: „Ich hätte mir mehr Unterstützung von den Parteien wie den Grünen, der Linken oder Ich tu´s gewünscht“. Neben der SPD hatten lediglich zwei Ratsfrauen der Grünen gegen den Antrag gestimmt. Fraktionschefin Regine Wilke war nicht anwesend.

Kleine Fraktionen einig

„2014 waren wir schon einmal das Zünglein an der Waage“, leitete Dr. Jutta Etscheidt (Ich tu´s) ihre Rede ein und verwies darauf, dass seinerzeit Michael Mang durch sie und die Linken knapp zum Beigeordneten gewählt wurde. Auch am Donnerstag war erwartet worden, dass die Bürgerliste und die Linken wieder die ausschlaggebenden Stimmen sein werden. Und hätte es keine überraschende Kehrtwende der AfD gegeben, hätten deren Stimmen auch das Aus für den Bürgermeister bedeutet. „Die Vorwürfe aus den Gutachten reichen uns nicht“, sagte Tobias Härtling. Die Unterstützung für den Abwahlantrag erklärte er mit Hinweis darauf, dass sich an der gegenwärtig schlechten Situation höchstwahrscheinlich nichts ändern wird. Das Vertrauen in der Verwaltung zum Bürgermeister sei zerstört, und innerhalb des Stadtvorstands gebe es unüberwindbare Gräben. Mit der Abwahl werde „Druck aus dem Kessel gelassen“. Dennis Mohr (FDP) äußerte zwar ähnliche Kritik, ließ aber nicht unerwähnt, dass es durchaus Mitarbeiter gibt, die zufrieden mit Michael Mang seien. Als „Sauerei“ bezeichnete er den Umgang mit dem Bürgermeister in den vergangenen Monaten. Mit einem gewissen Wohlwollen habe Parteikollege Dietrich G. Rühle ein Gutachten erarbeitet, um auch entlastendes zu finden. Zwar war dies auch der Fall, am Ende überwiegen aber die Vorwürfe und das verlorene Vertrauen. Die Abwahl sei somit absolut gerechtfertigt. Weil die juristischen Themen strittig seien, hätte „Ich tu´s“ diese außen vor gelassen.

„Erschütternde Gespräche“

Zur Abwahl bewogen habe die Fraktion „erschütternde Gespräche“ mit den Mitarbeitern der Stadtverwaltung. Michael Mang attestierte Dr. Jutta Etscheidt große Defizite im Umgang mit den Mitarbeitern. Deren Arbeit sei durch Frustration, Misstrauen und Angst geprägt. Ebenfalls nicht einverstanden sprach sich die Fraktionsvorsitzende mit dem Umgang mit Michael Mang aus. In der öffentlichen Vorverurteilung seien dessen Wohl und Würde verletzt worden. Ruth Köfer (CDU) untermauerte die Kritik am Verhalten des Bürgermeisters: „Die Menschen in der Verwaltung leiden unter dem Führungsstil ohne Bodenhaftung“. Ebenfalls verwies sie auf das verlorengegangene Vertrauen zur Politik. Mehrfach habe der Bürgermeister bei seinen Entscheidungen den Aufsichtsrat der GSG übergangen und den Stadtrat außen vor gelassen. Vom „Machtmenschen“ Mang, mit zwei unterschiedlichen Charakteren, sprach Wolfgang Rahn. „Wir müssen die Arbeits- und Handlungsfähigkeit von Politik und Verwaltung wiederherstellen, begründete Karl-Josef Heinrichs den Abwahlantrag. „Die SPD hätte andere Optionen nicht genutzt und Michael Mang nicht in den Spiegel gesehen“. Mehrfach habe der Bürgermeister gegen Rechtsvorschriften verstoßen. Über die Optionen für die SPD echauffierte sich Sven Lefkowitz. Angebote für einen Dolchstoß seien alles andere als vertrauensbildend. Seiner Ansicht spielen die Antragsteller die Vertrauenskarte, weil die Faktenlage keine Abwahl hergibt. Dabei stimme aber die Verhältnismäßigkeit nicht. Scharf ging der SPD-Chef mit der seiner Ansicht nach gezielt einseitigen Berichterstattung in der Tagespresse ins Gericht. Interessen seien gezielt lanciert worden, um den Bürgermeister politisch und menschlich zu demontieren. Sven Lefkowitz bedauerte, dass es zu keinem fairen und transparenten Aufklärungsversuch gekommen sei. Die „unfaire Kommunikationsform“ koste der Politik nun Ansehen und Geld.

Jubel vor der Halle

Als Oberbürgermeister Jan Einig das Abstimmungsergebnis verkündete, brach vereinzelt im „Sitzungssaal“ aber massiv vor der Turnhalle Niederbieber Jubel aus. Die rund siebzig Bürger/innen freuten sich über den gescheiterten Antrag. Ihre Kritik richtete sich gegen die Vorverurteilung des Bürgermeisters. Außerdem koste die Abwahl die Stadt einen hohen sechsstelligen Betrag. „Die Mehrheitskoalition tut das gleiche, was sie dem Bürgermeister vorwirft. Sie führt der Stadt einen wirtschaftlichen Schaden zu“, erklärten die Organisatoren schriftlich. Die nach eigenen Aussage „parteipolitisch unabhängigen Bürger“ fordern eine faire und unabhängige Aufarbeitung der Vorwürfe, die für die Menschen transparent und nachvollziehbar ist.