Jahresempfang der Mittelstands- und Wirtschaftsunion im Weingut Kloster Marienthal

Für ein Gleichstellung von Meister und Master

Für ein Gleichstellung von Meister und Master

Begrüßung mit Vorstand und Blanc de Noir: (von links) Elmar Lersch, Gereon Haumann, Wolfgang Bosbach, Harald Monschau, Detlef Odenkirchen und Werner Jung. Fotos: GS

Für ein Gleichstellung von Meister und Master

Ausschnitt des Podiums: (von links) Horst Gies, Elmar Lersch, Wolfgang Bosbach, Petra Schneider und Gereon Haumann.

Marienthal. Es sind alles andere als rosige Zeiten für die mittelständische Wirtschaft im Kreis Ahrweiler. Die Folgen der Flut haben viele Betriebe ernsthaft in ihrer Existenz bedroht, große Arbeitgeber verlassen angestammte Standorte und zahlen künftig andernorts ihre Gewerbesteuer. Lieferengpässe beim Material und Handwerkermangel bringen den Wiederaufbau ins Stocken. Von 2021 versprochener schneller und unbürokratischer Hilfe kann nicht mehr die Rede sein. Typisch deutsche Antrags- und Formularwut lässt den von Bund und Land großspurig angekündigten Intercity zum Bummelzug mutieren.

All das wissen die Mitglieder der Mittelstand- und Wirtschaftsunion (MIT) im Kreis Ahrweiler, die Vorsitzender Elmar Lersch aus Bad Breisig zum traditionellen Jahresempfang im Weingut Kloster Marienthal begrüßte. Motto des Abends: Zukunftsperspektiven für den Mittelstand. Dazu gab es ein Podium mit Gastredner und langjährigem Bundestagsabgeordneten Wolfgang Bosbach, den Landtagsabgeordneten Petra Schneider und Horst Gies, dem MIT-Landesvorsitzenden und Präsident des Hotel- und Gaststättenverbandes Rheinland-Pfalz, Gereon Hausmann und der Landesinnungsmeisterin der Fleischer, Dagmar Groß-Mauer aus Kempenich.

„Was braucht der Mittelstand?“, könnte man die Fragen von Moderator Elmar Lersch zusammenfassen. Da herrschte Einigkeit bei den Forderungen. Der Mittelstand brauche Energiesicherheit und Strom, der bezahlbar sei. Fachkräfte würden ebenso gesucht wie Auszubildende - eine schon dramatische Situation, denn allein in Rheinland-Pfalz seien im vergangenen Sommer 13000 Ausbildungsplätze nicht besetzt worden. Letzteres habe seinen Ursprung in Fehlern bei der Bildungspolitik. Es sei in der Vergangenheit zu viel auf Akademisierung gesetzt worden. Als Lösungsansätze müsse die Zahl der Azubis dadurch gesteigert werden, dass es nach der zehnten Klasse wieder ein qualifiziertes Abschlusszeugnis gebe und der Meistertitel müsse Mastern im Studium gleichgestellt werden. Und Mitarbeiter könnten durch neue Wege bei der Arbeitskräfteeinwanderung gewonnen werden. Dies auf ganz unbürokratische Art und Weise: Wer von außerhalb der Europäischen Union, in der sowieso freier Arbeitsplatzwahl gilt, kommt und einen gültigen Ausbildungs- oder Arbeitsvertrag hat, darf automatisch rein. Bei der humanitären Zuwanderung sei wichtig, auf Sprache als Integrationsmittel zu setzen.

Vor der Podiumsdiskussion hatte Wolfgang Bosbach trotz ernsten Themen in seiner bekannt locker-rheinischen Art zum politischen Rundumschlag von Russland und Rente bis zu Energie und Gesundheitssystem ausgeholt. Und zum Wiederaufbau im Ahrtal erklärte Bosbach: „Wenn mir einer mit schnell und unbürokratisch kommt, weiß ich genau, dass das nichts wird.“

Bosbach sieht aktuell in vielen Bereichen Ideologie vor Wirklichkeit, fordert dazu auf, „den Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher und sozialer Leistungsfähigkeit“ nicht aus den Augen zu verlieren. Dazu gehöre auch, zu erkennen, dass sich in der Wirtschaft eine Wandlung vollziehe. In den sogenannten alten Industrien wie Chemie oder Premium-Autos sei Deutschland Weltklasse, werde jedoch in vielen anderen Bereichen wie zum Beispiel Kommunikationsgeräte ausgebootet. „Dabei wurde das Telefon in Deutschland erfunden“, so Bosbach. Wissenschaft sei die neue Industrie. Und dafür müssten Bildungschancen und Schulsystem ebenfalls an die Weltspitze.