Neue Vorschriften der Landesregierung belasten Bendorfer KiTas mit erheblichem Mehraufwand. Foto: GM

Am 13.05.2019

Politik

Bendorfer Stadtrat moniert bürokratische und finanzielle Mehrbelastung

Kindertagesstätten müssen Notfallplan für personale Engpässe vorhalten

Verwaltung stellt kurzfristig zusätzliche Vertretungskräfte ein

Bendorf. Die Stadt Bendorf als Träger der Kindertagesstätten kann sich mit der neuesten Vorgabe der Landesregierung zum Umgang mit Personalunterschreitungen in den Einrichtungen nicht anfreunden. Bürgermeister Kessler teilte in der letzten Sitzung dem Stadtrat mit, dass nach vier Monaten Umgang mit den Vorschriften festgestellt werden kann, dass entgegen der bekundeten Absicht, nämlich Vereinfachung des Verwaltungshandelns und Verringerung der Belastung der Fachkräfte zu erreichen, gegenteiliges festzustellen ist. Die Mitarbeiter haben ein Mehr an Bürokratie zu bewältigen und Personalausfälle bei faktisch leergefegtem Arbeitsmarkt führen zu Konflikten mit den Eltern.

Aufgrund der Tatsache, dass sich eine Personalgewinnung im Bereich der Kindertagesstätten wegen des vorhandenen Fachkräftemangels immer schwieriger darstellt, kritisiert Kessler auch die Absicht der Landesregierung, eine vollständige Streichung der Landesmittel für Personal vorzunehmen, wenn dieses nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung steht. Der Bürgermeister: „Diese Art, mit uns als Gemeinden und Trägern umzugehen, nicht nur in Bendorf, das geht nicht.“

Worum geht es?

2018 wurde vom Landesjugendamt RLP ein Rundschreiben zum „Einrichtungsspezifischen Stellenplan sowie Handlungsplan bei Personalausfällen“ an die Träger der Kindertagesstätten übersandt. Diesem Schreiben war u.a. der sogenannte Handlungsplan zur Dokumentation des Umgangs mit Personalunterschreitungen beigefügt. Durch dieses Verfahren soll dem Träger der Kindertageseinrichtungen sowie dem Träger der Jugendhilfe eine größere Handlungssicherheit, Transparenz und Berechenbarkeit in Bezug auf die Prüfung der Personalkostenförderung und den Umgang mit Personalunterschreitungen gegeben werden. Mit einem weiteren Rundschreiben vom 24. Mai 2018 teilte das Landesjugendamt RLP mit, dass alle Kindertagesstätten bis zum 31. Dezember 2018 einen Handlungsplan bei Personalausfällen vorhalten müssen, der mit dem jeweiligen Jugendamt sowie dem Landesjugendamt abzustimmen ist. Ausdrücklich wurde darauf hingewiesen, dass eine vollständige Kürzung der Landesmittel für die Einrichtung erfolgt, wenn kein Handlungsplan existieren oder dieser nicht eingehalten werden sollte.

Durch diese Vorgabe des Landes muss jede Kindertageseinrichtung seit dem 1. Januar täglich eine Berechnung des tatsächlichen Personal-IST-Schlüssels in den KiTas vornehmen und diese dann in Abgleich mit den aktuell anwesenden Kindern unter drei und über drei Jahre bringen. Für jede Kindertageseinrichtung hat das Land im Vorfeld bereits einen sogenannten einrichtungsspezifischen SOLL-Stellenplan (ESSP) definiert; dieser errechnet sich anhand der Gruppen bzw. der Kinder, die die Kindertageseinrichtung maximal besuchen können. Darüber hinaus gibt es Zuschläge für verlängerte Öffnungszeiten, Ganztagsplätze, Leitungsfunktion, interkulturelle Arbeit etc. Ist der vom Land vorgegebene notwendige SOLL-Stellenanteil des Personals an einem Tag oder über einen längeren Zeitraum nicht gegeben zum Beispiel wegen Urlaub von Mitarbeiterinnen, Krankheitsausfälle, Weiterbildungsmaßnahmen usw. ist die KiTa verpflichtet, umgehend entsprechende Maßnahmen einzuleiten, um diesem Ausfall zu begegnen, außerdem ist dies auch zu dokumentieren.

Bereits vor dem 1. Januar wurden in solchen Situationen Maßnahmen zur Sicherstellung des Kindeswohls und der Aufsichtspflicht eingeleitet. Neu ist jedoch, dass das Land nun fordert, tatsächlich eine konkrete Berechnung durchzuführen, in welcher Stellenanteile und Gruppen/Kinderzahlen exakt zusammenpassen müssen. Zukünftig darf also kein einziges Kind mehr betreut werden, als der aktuelle IST-Personalstand am Tag X hergibt.

Diese neuen Vorgaben bedeuten einen erheblichen Mehraufwand für die tagtägliche Arbeit der KiTa-Leitung. Der erste Schritt, den jede Leitung demnach tagtäglich zu erfassen hat, ist festzustellen, welche Mitarbeiter/Innen mit wie vielen Stunden an dem jeweiligen Tag fehlen, dies in die entsprechenden Stellenanteile umzurechnen und in die entsprechende Dokumentation „Stellenbesetzung / anwesende Kinder“ einzutragen. Gleichzeitig erfasst und dokumentiert sie, wie viele Kinder unter und über drei Jahren im Haus sind. Hieraus ergibt sich für diesen Tag der jeweilige IST-Personalschlüssel, der besagt, wie viele Kinder der jeweiligen Altersklasse betreut werden können. Abweichungen vom definierten SOLL-Wert erfordern immer Maßnahmen, die eingeleitet und dokumentiert werden müssen. Die nachfolgenden Entscheidungen sind zwingend zu treffen:

• Welches Kind kann/darf/soll wieder nachhause geschickt werden

• Wie sind die Eltern zu erreichen um ihr Kind abzuholen

• Wie sind die Eltern zu informieren die ihr Kind gerade bringen, sie es aber wieder mit nachhause nehmen müssen

• Wie sind die kommenden Tage zu planen

• Welche pädagogischen Angebote müssen eventuell heute ausfallen

• Welche Gruppen müssen unter Umständen zusammengelegt werden

• Welche Termine müssen möglicherweise abgesagt werden

Sofern Personalvakanzen über längere Zeit anhalten, muss zudem ein Aufnahmestopp verhängt werden und Eltern, die auf einen Betreuungsplatz angewiesen sind, müssen längere Verzögerungen in Kauf nehmen. Es muss zudem eine Information an den Träger erfolgen, der wiederum das Kreisjugendamt und das Landesjugendamt informiert. Außerdem muss die Leitung all diese Maßnahmen transparent für das Landesjugendamt dokumentieren, obwohl sie eventuell aufgrund der Personalsituation an diesem Tag im Gruppendienst aushelfen muss.

Erheblicher Mehraufwand

Die tägliche Umsetzung der geforderten Maßnahmen ist sehr komplex und bedeutet eine weitere zusätzliche Aufgabe sowohl für die Leitungsebene als auch für den Träger. Dieses neue Konstrukt stellt für die KiTa-Einrichtungen einen erheblichen täglichen Mehraufwand dar. Die oftmals notwendigen und vorgegebenen Maßnahmen treffen sowohl die Eltern als auch die Kinder.

Das Landesjugendamt hat deutlich gemacht, dass ausreichendes Vertretungspersonal durch den Träger vorzuhalten ist. Es erkennt lediglich Personal als Erziehungskräfte an, welches eine Ausbildung nach der „Fachkräftevereinbarung für Kindertagesstätten“ vorweisen kann. Nichtfachkräfte können nur zur Überbrückung und über einen kurzen Zeitraum beschäftigt werden.

Bisher waren von Seiten der Stadt als Träger der vier kommunalen Einrichtungen insgesamt drei Vertretungs-/Springerkräfte eingeplant. Die Dokumentation für das 1. Quartal 2019 weist jedoch daneben einen Fehlbedarf von durchschnittlich täglich sieben bis acht Kräften aus. Teilweise fehlten an einigen Tagen in den vier Einrichtungen bis zu fünfzehn Erzieher/innen. Die Verwaltung beabsichtigt daher weiteres Vertretungspersonal entsprechend dem erforderlichen Bedarf einzustellen. Dieses zusätzliche Personal soll schnellstmöglich gewonnen werden und zwar zunächst im Rahmen eines Zeitvertrages, weil der Rat bereits einen Stellenplan für das Jahr 2019 beschlossen hat, in dem diese zusätzlichen Kräfte nicht vorgesehen sind. Im Stellenplan für das Haushaltsjahr 2020 sollen diese Stellen dann mit eingeplant und in normale unbefristete Stellen umgewandelt werden. Der Eigenanteil des kommunalen Trägers an den Personalkosten beträgt 12,5 %, bei durchschnittlichen Bruttokosten für eine ausgebildete Fachkraft von jährlich etwa 50.000,00 Euro liegt hier der städtische Eigenanteil bei rund 6.250,00 Euro pro Fachkraft.

Nach ausführlicher Diskussion beschließt der Stadtrat mit großer Mehrheit eine gemeinsame Resolution aller Fraktionen:

„Wir fordern die Landesregierung auf, den erheblichen Mehrbedarf der durch die mit den Rundschreiben des Landesjugendamtes vom Dezember 2018 und Mai 2019 erzwungenen ESSP den Verwaltungen und Trägern von Kindertagesstätten entsteht, anzuerkennen und die angedrohten Zwangsmaßnahmen bei Nichteinhaltung der rigiden Anforderungen umgehend ersatzlos zu streichen.

Weiterhin fordern wir die Erarbeitung von Kompensierungsvorschlägen von Seiten der Landesregierung um diesen von den hochgeplagten Kommunen nicht zu leistenden Mehraufwand zeitnah durch die adäquate Förderung von entstehenden Personalkosten auszugleichen.“

Sodann hat er Rat einstimmig beschlossen, die Verwaltung zu beauftragen, kurzfristig zusätzliche Vertretungskräfte für die Kindertagesstätten der Stadt Bendorf, entsprechend dem notwendigen Bedarf im Rahmen von zunächst befristeten Arbeitsverträgen einzustellen sowie die erforderlichen Stellen im Stellenplan für das Haushaltsjahr 2020 mit einzuplanen.

Neue Vorschriften der Landesregierung belasten Bendorfer KiTas mit erheblichem Mehraufwand. Foto: GM

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