150 Besucher bei der Informationsveranstaltung der Bürgerinitiative „Wir lieben Sinzig“

Die Bürger sind wütendüber die Planungen auf dem Rickgelände

Die Bürger sind wütend
über die Planungen auf dem Rickgelände

Die Moderation hatte Nikolaus Wilhelmy übernommen. RÜ

Die Bürger sind wütend
über die Planungen auf dem Rickgelände

Die Bürger sind wütend
über die Planungen auf dem Rickgelände

Sinzig. Volles Haus in Freiwegheim: Über 150 Sinziger waren zur ersten Informationsveranstaltung der Bürgerinitiative „Wir lieben Sinzig“ gekommen.

Ein klares Ziel

Die Zielsetzung der Bürgerinitiative ist klar: „Wir wollen das Nahversorgungszentrum verhindern und stehen für eine umweltverträglich schonende Nutzung des Areals etwa mit Wohnbebauung,“ unterstrich einer der Sprecher der Initiative, Andreas Geron noch einmal. Und die Bürgerinitiative hat eifrig Unterschriften gesammelt. Über 3.000 waren es am Tag der Veranstaltung.

Emotional besetztes Thema

Es wurde deutlich, dass die Planungen für ein Nahversorgungszentrum auf den 22.000 Quadratmeter großen Rickgelände die Bürger wütend machen. Warum ausgerechnet dieses Thema so emotional besetzt ist, ist teilweise schwer verständlich. Die Bürgerinitiative selbst bemühte sich, die Veranstaltung ruhig und sachlich über die Bühne zu bringen. Dies galt für die Stellungnahmen einiger Mitglieder der Initiative zu Beginn der Veranstaltung. Aber auch für die Moderation des Abends. Denn die Moderation hatte Nikolaus Wilhelmy übernommen, den man sich sozusagen beim Bürgerforum ausgeliehen hatte. Der Moderator bekam die Veranstaltung so gut es eben ging in den Griff. Und Wilhelmy hatte durch Abfragen per Hand heben auch eine ganze Reihe Grundsatzfragen geklärt. Die Gegner des Projekts, die an diesem Abend natürlich einmal mehr deutlich in der Überzahl waren, sind eben nicht nur Anlieger des Dreifaltigskeitsweg oder der Albert Schweizer Straße. Der überwiegend größere Teil kommt aus dem gesamten Stadtgebiet. Vertreten waren am Abend auch viele Gewerbetreibende und viele Mitglieder der städtischen Ausschüsse, des Ortsbeirates und des und Stadtrates. Die hatten es allerdings schwer: Denn sowohl Karl-Heinz Arzdorf und Pia Wasem von der CDU als auch Hartmut Tann sowie Felix Blaich von der SPD kamen mit ihren Stellungnahmen nicht an. Zusammengefasst führten die Ratsmitglieder aus. „Wir haben die Bauleitplanung auf den Weg geschickt, um offene Fragen beantwortet zu bekommen die Diskussion im Rat bleibt vollkommen ergebnisoffen“. Die Reaktionen waren aus Sicht der Kommunalpolitiker mit Sicherheit nicht fair.

Engagiert doch befangen

Der Abend brachte aber eine ganze Reihe neuer Informationen und anderer Sichtweisen. Dazu hatte sich die Bürgerinitiative „Wir lieben Sinzig“ fachkundige Hilfe geholt. Grundsatzreferate gab es von Dr. Hans-Otto Sprengnetter von der gleichnamigen weltweit tätigen Immobilienbewertungsfirma und Uli Braun vom Einzelhandelsinstitut Stadt und Handel aus Dortmund. Beide erklärten offen und ehrlich, dass sie durchaus befangen in ihren Vorträgen gehen. Sprengnetter etwa durch viele verwandtschaftliche Verbindungen an die Familie Rick und Ulf Braun räumte ein, dass seine Firma die vorgestellte Studie im Auftrag von Rewe durchgeführt hat. Sprengnetter etwa lieferte ein fast einstündiges Grundsatzreferat zur rechtlichen und planrechtlichen Situation rund um das Rickgelände. Er tat dies engagiert und teilweise wohl auch bewusst provokativ in Richtung Stadtpolitik und Stadtspitze. „Das Einkaufszentrum schädigt viele Bürger und schafft Unfrieden und diese auf Jahre hinaus“, so Sprengnetter weiter, der eine Flut von Klagen gegen einen Bebauungsplan oder eine etwaige Baugenehmigung prophezeite. „Das Eigentums und Planungsrecht verbieten die Etablierung eines Einkaufszentrums an dieser Stelle“, so Sprengnetter weiter. Und es kam noch mehr Klartext. Von „städtebaulichen Unsinn“ und der Tatsache, dass das Projekt verantwortungslos betrieben und durchgepaukt wird, war die Rede. „Die gesamte Planung ist wahrscheinlich rechtswidrig“, so der Stadtplaner, der sich sicher ist, dass das Vorhaben letztlich von den Gerichten entschieden werden wird. Und es ging auch um die finanziellen Aspekte ein. Er nannte die Zahl 800.000 Bau als Grundstückswert, dem eine Wohnbebauung auf rund 1,2 Millionen Euro steigern würde. Mit einem Einkaufszentrum läge der Grundstückswert aber dann gar bei vier oder fünf Millionen Euro.

Ungeahnte Auswirkungen

Ein vollkommen anderes Szenario als Dr. Thomas Schwarz aus Münster, bei seiner Vorstellung der Erweiterung des Nahversorgungsgebietes in Sinzig zeichnete, lieferte Ulf Braun vom renommierten Unternehmen „Stadt und Handel“. Hatte Schwarze das erschreckende Szenario an die Wand gemalt, das Edeka und Aldi, die Stadt verlassen könnten, wenn sie sich an ihrem bisherigen Standorten nicht erweitern durften, so sah der Mann von "Stadt und Handel" dies vollkommen anderes. Für Braun ergeben sich mit einer Realisierung dieses Projekts ungeahnte Auswirkungen auf die Innenstadt. Denn in einer Grobrechnung kam er zu dem Schluss, dass 2,7 bis 3 Millionen aus der Innenstadt und aus den Kassen der großen Lebensmittelhändler abgesaugt werden könnten. „Das sorgt für negative städtebauliche Auswirkungen“, so Braun weiter. Er nannte eine Schließung des Rewe Standortes in Sinzig unter diesen Voraussetzungen für sehr wahrscheinlich und hielt eine Abwanderung von Kaufland für möglich. Zudem könnten viele Sinziger kleine Einzelhändler von Großprojekt mit der Umsiedlung von Aldi, Rossmann und Edeka sowie eines neuen Getränkemarktes und eines Textilgeschäftes betroffen sein. Die Erweiterung des Nahversorgungsbereichs von Sinzig hin zum Rickgelände nannten die Dortmunder wenig plausibel. Letztlich sei das Gelände fußläufig zu weit von der wirklichen Innenstadt entfernt, hieß es. Deutlich feststellbar: die Gegner des Nahversorgungszentrums hatten weder bei der zweiten Bürgerversammlung den Ausführungen von Dr. Schwarze geglaubt, noch sorgten die Ausführungen von Braun für Erschrecken. Im Freiwegheim betrachtete man den Istzustand des Einzelhandels in Sinzig als ideal und will keine großen Veränderungen.

Bauleitplanung zur Einsicht

Seit dem 25. Juni und noch bis zum 24. Juli liegt die Bauleitplanung zu jedermanns Einsicht in Zimmer 102 der Sinziger Verwaltung aus. Dort können auch Einsprüche und Einwände angebracht werden. Die Diskussionen rund um das Nahversorgungszentrum werden wohl noch munter weiter gehen, auch weil die Bürgerinitiative „Wir lieben Sinzig“ mehr und mehr Zuspruch in der Bevölkerung findet. Vor allen Dingen für die Mandatsträger im Ortsbeirat und Stadtrat dürften angesichts des riesengroßen Drucks die Entscheidungen nicht einfach werden. Im Internet sind die Unterlagen der Bauleitplanung unter http://www.sinzig.de/rathaus-sinzig/downloads/informationen/offenlagen/ für jeden einsehbar.