Allgemeine Berichte | 10.02.2025

Der Förderverein Flüchtlingshilfe Andernach e.V stellt sich vor

Vom Kleidersammeln zum Integrationsmanagement

Die Andernacher Stadtgespräche wollen über Fluchtgründe, über die damit verbundenen individuellen Schicksale und über Integrationsprozesse informieren. Authentische Berichte von Schutzsuchenden sensibilisieren für einen verständnisvollen Umgang miteinander.  Fotos:privat

Andernach. Der Förderverein Flüchtlingshilfe Andernach e.V. setzt sich mit großem Engagement für die Unterstützung und Integration von Geflüchteten ein. Gegründet aus einer zunächst spontanen Hilfsbereitschaft, hat sich die Arbeit des Vereins in den letzten Jahren enorm weiterentwickelt. Während es anfangs vor allem darum ging, gespendete Kleidung und notwendige Alltagsgegenstände bereitzustellen, hat sich das Tätigkeitsfeld mittlerweile erheblich erweitert. Heute geht es nicht mehr nur um materielle Soforthilfe, sondern um umfassende Integrationsarbeit, die von Behördengängen über individuelle Lebensplanung bis hin zu politischer Einflussnahme und Öffentlichkeitsarbeit reicht.

Berührende Schicksale

Jochen Grade, der Vorsitzende des Vereins, beschreibt seine Motivation für dieses Engagement sowohl als persönliche als auch als politische Verantwortung. Er begegnete er Menschen, die aus unterschiedlichsten Gründen ihre Heimat verlassen mussten und dringend Hilfe benötigten. Die Schicksale der Geflüchteten berührten ihn und machten ihm bewusst, dass die humanitären Grundwerte, auf denen die Demokratie basiert, zunehmend unter Druck geraten. Darüber hinaus sieht er eine Mitverantwortung des globalen Nordens für viele Fluchtursachen.

Die Ursachen für Migration sind vielschichtig und oft tief in der Geschichte verwurzelt. Grade verweist auf die europäische Kolonialzeit, in der ganze Völker versklavt, ausgebeutet und ermordet wurden. Die Grenzziehungen, die damals vor allem im globalen Süden vorgenommen wurden, sind bis heute ein Quell von Konflikten und Kriegen. Doch auch gegenwärtige Ungleichheiten in der globalen Wirtschaftsordnung und die Unterstützung autoritärer Regime tragen zur Fluchtbewegung bei. Eine der zunehmend drängenden Fluchtursachen ist der menschengemachte Klimawandel, der in erster Linie durch die Industrienationen verursacht wird, dessen Folgen jedoch besonders die ärmeren Länder im globalen Süden treffen. Wenn Lebensgrundlagen schwinden, setzen sich die Menschen in Bewegung – eine Reaktion, die jeder für sich und seine Familie nachvollziehen könnte.

Diese Fluchtbewegungen treffen in Europa auf eine Gesellschaft, die sich in einem tiefgreifenden Wandel befindet. Der Klimawandel erzwingt einen schnellen Umbau der Wirtschaft und verändere traditionelle Erwerbsmodelle. Die Globalisierung hat eine extreme Vermögensungleichheit geschaffen, die viele Menschen verunsichert und anfällig für autoritäre Strömungen macht. In diesem Klima der Verunsicherung setzen europäische Staaten zunehmend auf Abschottung und eine sogenannte „neue Härte“ in der Migrationspolitik, so Grade. Die Folgen dieser Entwicklungen sind täglich spürbar.

Integration aufkommunaler Ebene

Während migrationspolitische Rahmenbedingungen auf internationaler und nationaler Ebene entschieden werden, findet Integration vor allem auf kommunaler Ebene statt. Hier setzt die Arbeit des Fördervereins Flüchtlingshilfe Andernach an. Die ehrenamtlichen Mitglieder begleiten Geflüchtete nicht nur bei der Erstversorgung, sondern vor allem bei der Orientierung in der neuen Umgebung. Sie bieten Unterstützung im „Behördendschungel“, helfen bei der individuellen Lebensplanung und setzen sich für eine stärkere Vernetzung von Geflüchteten mit der lokalen Gemeinschaft ein. Zudem engagieren sie sich politisch, um die Rahmenbedingungen für eine gelungene Integration zu verbessern. Dabei sieht sich der Verein nicht als Ersatz für staatliche Strukturen, sondern als deren Ergänzung. Ohne staatliche oder staatlich geförderte Einrichtungen wäre eine erfolgreiche Integration nicht möglich. Doch durch ihre ehrenamtliche Arbeit erreichen die Mitglieder der Flüchtlingshilfe Andernach viele Menschen direkter und persönlicher, als es den Behörden möglich ist. Sie besuchen regelmäßig die Sammelunterkünfte der Stadt, sprechen mit den Bewohnern, nehmen ihre Sorgen und Wünsche auf und begleiten sie zu Lösungen. Durch diese aufsuchende Betreuung entsteht Vertrauen, das oft den entscheidenden Unterschied macht. Gleichzeitig erhält der Verein auf diese Weise wertvolle Einblicke in die Situation der Geflüchteten, die auch für staatliche Stellen von Nutzen sein könnten.

ErheblicheHerausforderungen

Dennoch gibt es erhebliche Herausforderungen, die die Arbeit erschweren. Ein großes Problem ist die fehlende institutionelle Verankerung des Ehrenamts in der Integrationsarbeit. Die Zusammenarbeit zwischen haupt- und ehrenamtlichen Strukturen ist in den bestehenden Prozessen nicht vorgesehen. Datenschutzrechtliche Hürden erschweren zudem den Austausch zwischen Behörden wie der Stadtverwaltung, der Ausländerbehörde oder dem Jobcenter. Der Verein fordert deshalb eine bessere Verzahnung von staatlicher und ehrenamtlicher Arbeit. Gute Beispiele, wie das Lotsenhaus in Koblenz, zeigen, dass solche Kooperationen möglich sind. Neben der direkten Unterstützung für Geflüchtete sieht der Verein seine Arbeit auch als Teil der zivilgesellschaftlichen Kontrolle staatlicher Entscheidungen. Da die Mitglieder keiner politischen Weisung unterliegen, können sie die Situation aus der Perspektive der Geflüchteten betrachten. Jochen Grade und seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter empfinden ihre Arbeit trotz aller Herausforderungen als unglaublich bereichernd. In diesem Zusammenspiel aus persönlicher Hilfe, politischem Engagement und gesellschaftlicher Verantwortung finden sie eine tiefe Erfüllung. Sie hoffen, dass sich noch mehr Menschen in ihrer Stadt und darüber hinaus für diese wichtige Aufgabe begeistern lassen und sich aktiv für eine solidarische Gesellschaft einsetzen.

Weitere Informationen

Weitere Informationen über die Arbeit des Fördervereins Flüchtlingshilfe Andernach e.V. sind unter www.fluechtlingshilfe-andernach.de zu finden.

ROB

Begegnungen schaffen ist das gemeinsame Ziel der beteiligten Einrichtungen. „Wenn sich Bürger und Schutzsuchende kennen, werden Stereotype überwunden und fremdenfeindliche Einflüsse verlieren an Gewicht“, meint Jochen Grade.

Begegnungen schaffen ist das gemeinsame Ziel der beteiligten Einrichtungen. „Wenn sich Bürger und Schutzsuchende kennen, werden Stereotype überwunden und fremdenfeindliche Einflüsse verlieren an Gewicht“, meint Jochen Grade.

Die Andernacher Stadtgespräche wollen über Fluchtgründe, über die damit verbundenen individuellen Schicksale und über Integrationsprozesse informieren. Authentische Berichte von Schutzsuchenden sensibilisieren für einen verständnisvollen Umgang miteinander. Fotos:privat

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