Gefahren durch illegale Hausbesetzer in Spanien und juristische sowie präventive Maßnahmen
Koblenz. In Spanien stellt die Problematik illegaler Hausbesetzungen – bekannt als „okupas“ – seit Jahren ein ernstes und viel diskutiertes Thema dar: Besonders betroffen insbesondere sind Eigentümer von Zweitwohnungen, Ferienimmobilien oder leerstehenden Häusern, die über längere Zeit unbeaufsichtigt bleiben.
Während Hausbesetzer in vielen Fällen als gesellschaftlich benachteiligte Gruppen wahrgenommen werden, gibt es ebenso organisierte Gruppen, die systematisch leerstehende Immobilien besetzen, teils mit betrügerischer Absicht.
Für Haus- und Immobilienbesitzer bedeutet dies nicht nur einen massiven Eingriff in ihr Eigentumsrecht, sondern oft auch erhebliche finanzielle und emotionale Belastungen.
Die Gefahren für Haus- und Immobilienbesitzer
1. Verlust der Verfügungsgewalt über das Eigentum
Wird eine Immobilie in Spanien besetzt, verliert der Eigentümer faktisch die Kontrolle über sein Eigentum. Selbst wenn Eigentumsnachweise klar sind, darf die Polizei nicht in allen Fällen sofort eingreifen, insbesondere wenn die Besetzung als „Wohnsitz“ des Besetzers interpretiert wird.
2. Hohe Kosten und langwierige Gerichtsverfahren
Die Räumung eines besetzten Hauses kann Monate, in manchen Fällen sogar Jahre dauern. Während dieser Zeit kann der Eigentümer keine Mieteinnahmen generieren, keinen Verkauf tätigen und muss im schlimmsten Fall Schäden am Objekt selbst bezahlen.
3. Sachschäden und Wertverlust
Illegale Hausbesetzer hinterlassen Immobilien häufig in schlechtem Zustand: Vandalismus, Diebstahl, unrechtmäßige Strom- und Wasseranschlüsse sowie Vermüllung sind keine Seltenheit. Die Kosten für Instandsetzung trägt in der Regel der Eigentümer.
4. Risiko für Nachbarn und Umgebung
Besetzte Häuser ziehen oft zwielichtige Gestalten oder kriminelle Aktivitäten an. Dies kann das Sicherheitsgefühl in der Nachbarschaft beeinträchtigen und den Immobilienwert in der Umgebung senken.
Juristische Maßnahmenbei Hausbesetzung
In Spanien ist die Gesetzeslage komplex und unterscheidet zwischen verschiedenen Formen der Hausbesetzung:
• Einbruch in bewohnte oder regelmäßig genutzte Immobilien (Hausfriedensbruch): Hier greift Artikel 202 des spanischen Strafgesetzbuchs (Código Penal). Die Polizei kann sofort handeln und die Besetzer entfernen, sofern es sich nachweislich um eine dauerhaft genutzte Immobilie handelt.
• Besetzung leerstehender oder ungenutzter Immobilien: Dies fällt häufig unter zivilrechtliche Streitigkeiten und nicht unter das Strafrecht. Hier ist der Weg über ein gerichtliches Räumungsverfahren notwendig.
In diesem Zusammenhang ist die wichtige gesetzliche Neuerung hervorzuheben, wonach die Straftatbestände Hausfriedensbruch (allanamiento de morada, Artikel 202 des Código Penal) sowie widerrechtlichen Aneignung (usurpación, Artikel 245 des Código Penal) künftig im Rahmen eines abgekürzten Strafverfahrens (juicio de procedimiento abreviado) behandelt werden. Diese Verfahren sollen in einem Zeitraum von maximal 7–8 Tagen abgeschlossen werden. Auch die Durchführung der Zwangsräumung soll dadurch beschleunigt erfolgen. Diese Maßnahme stellt eine Verbesserung des Rechtsschutzes für Eigentümer dar, die von illegaler Besetzung betroffen sind.
Schritte zur Rückgewinnung der Immobilie
1. Anzeige erstatten: Unverzügliche Anzeige bei der Polizei ist mitentscheidend. Je früher der Vorfall gemeldet wird, desto größer ist die Chance auf schnelle Räumung.
2. Anwalt einschalten: Ein erfahrener Anwalt für Immobilienrecht in Spanien sollte mit der Einleitung eines zivilrechtlichen Räumungsverfahrens beauftragt werden. Es handelt sich dabei um eine sogenannte demanda de desahucio por precario (Klage auf Räumung wegen ungerechtfertigter Nutzung).
3. Einstweilige Verfügung: In dringenden Fällen kann das Gericht eine einstweilige Maßnahme zur Räumung erlassen, insbesondere wenn der Eigentumsnachweis klar ist und die Immobilie nicht als regulärer Wohnsitz der Besetzer gilt.
4. Sonderregelungen für Privatpersonen: Seit 2018 ermöglicht das spanische Gesetz 5/2018 („Anti-Okupa-Gesetz“) eine beschleunigte Räumung, wenn Privatpersonen betroffen sind. Nach Vorlage eines Eigentumsnachweises können Gerichte eine Zwangsräumung binnen weniger Wochen anordnen – theoretisch. In der Praxis ist die Umsetzung jedoch nicht immer wirklich zügig.
Präventive Maßnahmen zur Vermeidung von Hausbesetzungen
Da die juristische Rückgewinnung oft langwierig ist, gewinnt Prävention zunehmend an Bedeutung:
1. Alarmanlagen und Überwachungskameras
Moderne Sicherheitstechnik schreckt potenzielle Besetzer ab. Besonders Systeme mit direkter Verbindung zu einer Sicherheitsfirma oder zur Polizei bieten hohen Schutz.
2. Regelmäßige Kontrolle durch Nachbarn oder Verwalter
Leerstehende Immobilien sollten regelmäßig überprüft werden – durch Freunde, Nachbarn oder professionelle Immobilienverwalter. Das signalisiert „Aktivität“ und verringert das Risiko einer Besetzung.
3. Vermietung oder Zwischennutzung
Eine regelmäßig genutzte Immobilie wird seltener besetzt. Kurzzeitvermietung oder Zwischennutzung durch Bekannte kann daher eine sinnvolle Zwischenlösung sein.
4. Deutlich sichtbare Eigentumshinweise und Warnschilder
Auch rechtliche Hinweise und Kontaktinformationen an Fenstern oder Türen können im Ernstfall helfen, Eigentumsansprüche nachzuweisen.
Besonderheit: Schutz bei Erbfällen
Gerade Immobilien, die im Rahmen einer Erbschaft übernommen werden, sind gefährdet, wenn sie über längere Zeit leer stehen. In Spanien dauert die Erbabwicklung häufig Monate, in denen die Immobilie formal noch keiner Person „zugewiesen“ ist. Dies nutzen Besetzer gezielt aus.
Empfehlungen für Erben
• Schnelle Annahme der Erbschaft: Durch ein Europäisches Nachlasszeugnis (ENZ) und/oder zügige notarielle Erbschaftsannahme kann die Immobilie rechtlich und vorbereitend gegen illegale Nutzung gesichert werden.
• Zwischenzeitliche Überwachung: Noch vor Abschluss des Erbverfahrens sollte die Immobilie regelmäßig besucht oder durch z.B. einen Verwalter betreut werden.
• Eintrag ins Grundbuch aktualisieren: Nach Erbschaftsannahme sollte der neue Eigentümer so schnell wie möglich im Grundbuch eingetragen werden (Registro de la Propiedad), um juristisch handlungsfähig zu sein.
Illegale Hausbesetzungen sind für Eigentümer in Spanien ein reales und oft unterschätztes Risiko. Besonders bei Zweit- oder Erbimmobilien können die Folgen gravierend sein. Umso wichtiger sind frühzeitige juristische Absicherung und vorbeugende Maßnahmen. Eigentümer sollten über geeignete Sicherheitslösungen nachdenken, im Ernstfall rechtliche Schritte rasch einleiten und sich idealerweise von einem landeskundigen Anwalt unterstützen lassen. Letztlich gilt: Vorbeugen ist einfacher und günstiger als rückgängig machen.
Rechtsanwalt und Abogado, Fachanwalt für Erbrecht
Dr. Markus Artz, Koblenz/Barcelona