Antrittsbesuch der Deutschen Weindreigestirns im Ahrtal

Winzer sind trotz Flutschäden optimistisch

23.04.2022 - 08:00

Kreis Ahrweiler. Es waren bedrückende Zahlen, die Peter Kriechel als Vorsitzender des Vereins Ahrwein beim Antrittsbesuch der Deutschen Weinkönigin Sina Erdrich aus Baden mit ihren Prinzessinnen Saskia Teucke aus der Pfalz und Lokalmatadorin Linda Trarbach aus Dernau vorlegte. Von einst rund 560 Hektar Rebfläche der Ahr als nördlichstem Rotweinanbaugebiet hat die Flut im Juli vergangenen Jahres zehn Prozent komplett zerstört. „Und nicht überall dürfen wieder neue Reben gepflanzt werden“, sagte Kriechel im gleichnamigen Weingut in Ahrweiler dem Trio im Beisein von Kreisstadt-Bürgermeister Guido Orthen sowie Dr. Gerhard Kreuter und Paul Gieler vom Gesprächskreis Ahrwein. Der Mut und der Wille zum Wiederaufbau sei da. Doch erst die Zukunft werde zeigen, wie es wirtschaftlich aussehe. Denn, so Kriechel, auch bei schneller Wiederbepflanzung „fehlt der Ahr in den nächsten vier Jahren zusammengerechnet eine halbe Jahresproduktion an Wein“.

Der Besuch des Weindreigestirns sei „als Zeichen der Solidarität“ zu verstehen, machte Sina Erdrich deutlich, zeigte sich sichtlich bedrückt ob der Bilder des Ausmaßes der Flutschäden,die Linda Trarbach ihr und ihren beiden Kolleginnen bei der Fahrt durch das Ahrtal vor den Eintragungen in die Goldenen Bücher der Verbandsgemeinde Altenahr und der Kreisstadt aus erster Hand erläuterte.

„Den Kopf nicht in den Sand stecken“, ist trotz immenser Flutschäden, die Devise, die Peter Kriechel, dessen Familie seit 1555 Weinbau betreibt, für seine Winzerkollegen im gebeutelten Ahrtal ausgibt. In seinem Betrieb sei er, was die Anbaufläche angeht, „glimpflich davongekommen“. Lediglich 80 Ar seiner 28 Hektar Rebfläche seien durch die Wassermassen am 14./15. Juli 2021 zerstört worden. Im Weinkeller eines der größten Weingüter der Ahr hingegen habe es böse ausgesehen. „Da haben wir aus Tanks und Fässern rund 40000 Liter Wein verloren, an bereits abgefüllten Flaschen waren es 20000“, rechnete 39-Jährige vor. Hinzu komme der Totalschaden der Technik und der komplette Verlust des Winzerhauses in Marienthal, das bereits abgerissen ist. „Das bauen wir wieder auf“, sagte Kriechel, der, ganz Optimist, im Wiederaufbau auch Chancen sieht. Darin ist er sich einig mit Bürgermeister Guido Orthen, der in Anlehnung an die Wein-Sprache hofft: „Wenn wir die seit der Flut erfahrene Solidarität auch in den kommenden Jahren weiter gemeinsam leben, wird daraus ein ganz großes Gewächs.“

Positiv zu denken hat sich auch Wolfgang Schulze-Icking vom Weingut Max Schell in Rech auf die Fahne geschrieben. Seine Familie betreibt das Weingut in dritter Generation. Mit Tochter Annika als Weinbau-Studentin in Geisenheim steht bereits die vierte Generation in den Startlöchern. Der Neustart nach der Naturkatastrophe birgt für die Schulze-Ickings jedoch auch massive Probleme. „Wir haben ein Drittel unserer 3,2 Hektar Rebfläche durch die Flut verloren. Wir wissen noch nicht, wo wir wieder neu pflanzen dürfen oder nicht“, so Schulze-Icking. Schon vor der Flut sei es schwierig gewesen, an neue Rebflächen heran zu zukommen. Dennoch wolle er alles daransetzen, auch dieses Problem zu lösen. Denn eine Lehre hätten er und seine Familie gezogen: „Spontane Entscheidungen zu treffen.“ Den Schaden in seinem Keller beziffert der 56-Jährige mit rund 6000 Litern. Doch fast wie durch ein Wunder hätte eine Handvoll Barriquefässer „überlebt“. In diesen reift ein Spätburgunder des Jahrgangs 2020 aus dem Ahrweiler Rosenthal heran, ein Wein, der als „Grand Max S“ demnächst auf Flasche gezogen werden soll. Es wird ein Majestätenwein, denn das Deutsche Weintrio hat bei seinem Antrittsbesuch im Ahrtal den Premiumwein nicht nur verlostet, sondern auch eines der geretteten Fässer signiert. Dies mit einem zur aktuellen Situation Goethe-Zitat: „Für Sorgen sorgt das liebe Leben, Sorgenbrecher sind die Reben.“ „Das passt“, sagte denn auch Georg Knieps, der als erster Beigeordneter der Verbandsgemeinde Altenahr für die jungen Damen das Goldene Buch aus dem Altenahrer Rathaus zur Eintragung mitgebracht hatte. GS

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