Zwischen Traum und Job: BLICK aktuell stellt berufliche Erfahrungen (außer)gewöhnlicher Menschen vor

„Die Natur ist unser größter Lehrmeister“

Interview mit Gary Blackburn vom Baumdienst Siebengebirge – Expertise aus England nutzt hiesigen Bäumen

05.06.2020 - 10:34

Kretzhaus. In der Reihe „Zwischen Traum und Job: Mein Beruf“ stellt BLICK aktuell die ganz persönlichen beruflichen Erfahrungen einzelner Menschen vor. Diese Woche beantwortet Gary Blackburn den Fragebogen zu seinem Beruf. Die große Frage: Eher Traum oder eher Job?

BLICK aktuell: Welchen Beruf üben Sie aus?

Gary Blackburn: Gemeinsam mit meinen Söhnen leite ich den Baumdienst Siebengebirge. Das Motto unserer Firma lautet: Für ein sicheres Leben der Bäume. Wir unterstützen Gemeinden, Firmen und Privatkunden bei der Erhaltung von Bäumen, bei schwierigen Baumfällungen auf engstem Raum und bei der Planung von klimaresistenten Neuanpflanzungen, die wegen der Sommerdürren immer häufiger notwendig werden.

BLICK aktuell: Warum haben Sie sich für diesen Beruf entschieden?

Gary Blackburn: Ich habe als Jugendlicher das große Glück gehabt, im Sherwood Forest – also in dem Wald von Robin Hood – die Kunst der Baumpflege erlernen zu dürfen. Für mich gibt es nichts Schöneres, als an einem Baum arbeiten zu können, der schon über die Jahrhunderte von früheren Experten gepflegt wurde. Die Kunst der Baumpflege hat in England eine sehr lange historische Tradition.

BLICK aktuell: Was überrascht die Menschen an Ihrem Beruf, wenn Sie davon erzählen?

Gary Blackburn: Ein guter Baumchirurg muss ein ebenso guter Kletterer, erfahrener Handwerker aber auch Künstler sein. Wir müssen exakt abschätzen können, wie sich der Baum in den kommenden Jahren entwickeln wird. Das macht die Qualität eines professionellen Schnitts der Krone aus. Dazu klettern wir immer wieder zum Boden, um die Form der Krone aus der Entfernung erneut zu beurteilen und den Schnitt dann im Baum fortzusetzen.

BLICK aktuell: Gibt es bestimmte Momente, in denen Sie immer wieder aufs Neue davon überzeugt werden, dass genau dies der richtige Beruf für Sie ist?

Gary Blackburn: Für viele Menschen ist der vertraute Baum im Garten über die Jahre ein Familienmitglied geworden. Oder sie verbinden einen Baum mit besonderen persönlichen Erinnerungen. Umso schmerzlicher ist es dann, wenn ein Baum erkrankt und im schlimmsten Fall sogar gefällt werden muss. Oft gelingt es uns aber, Bäume noch zu retten, die von anderen Firmen bereits aufgegeben worden sind. Wenn dies Erfolg hat, dann sind die Menschen oft sehr froh und dankbar. Dann wissen wir, dass wir unseren Beruf mit keiner anderen Aufgabe tauschen würden.

BLICK aktuell: Gibt es etwas an Ihrem Beruf, das Sie überrascht hat? Wurde Ihre Vorstellung, wie es sein würde, diesen Beruf auszuüben, bestätigt, oder sieht der Alltag doch teilweise anders aus, als Sie es erwartet hatten? 

Gary Blackburn: Viele unserer Kletterer und Baumchirugen kommen aus England, wo das Berufsbild des „Treeworkers“ bereits eine lange Tradition hat. Meine Söhne haben die Baumpflege teils in Deutschland und teils in England erlernt. Der „Brexit“ hat den bewährten Austausch der Baumexperten zwischen Deutschland und England leider erheblich erschwert. Ich bin ebenso überzeugter Engländer wie Europäer mit jetzt auch deutschem Pass und bedauere diese Entwicklung sehr.

BLICK aktuell: Was würden Sie gerne ändern: Womit verbringen Sie im Beruf mehr Zeit, als Sie es sich wünschen, und wofür haben Sie zu wenig Zeit?

Gary Blackburn: Wir bieten allen Interessenten eine kostenlose Beratung vor Ort. Wir verbringen also relativ viel Zeit im Auto unterwegs auf der Straße von Termin zu Termin. Ich liebe das Gespräch mit den Menschen. Denn jeden Tag lerne ich neue Menschen kennen und oft sehr spannende Geschichten. Nahezu immer finden wir zu allen Baumfragen eine gute Lösung. Wir haben für die Fahrten zu den Beratungsterminen bereits auf E-Autos umgestellt und laden diese mit umweltfreundlicher Sonnenergie. Wenn wir uns aber zum Kunden „beamen“ könnten, statt viel Zeit auf der Straße zu verbringen, wäre dies eine noch bessere Lösung.

BLICK aktuell: Hat sich Ihr Beruf im Laufe der Jahre stark verändert?

Gary Blackburn: Als ich in den Achtzigerjahren von England nach Deutschland kam, war der Beruf des Baumpflegers hier kaum bekannt. Mittlerweile gibt es die europaweit einheitliche Ausbildung zum „European Treeworker“, zu deren Gründung ich in Brüssel habe beitragen dürfen. Dies war ein wesentlicher Schritt zu einer umfassenden Ausbildung. Wer heute einen Baumdienst beauftragt, der sollte unbedingt kritisch nachfragen, inwieweit der Anbieter tatsächlich ausgebildet ist. Leider ist der Begriff „Baumdienst“ oder „Baumpflege“ nicht geschützt. Aber nur umfassend ausgebildete und erfahrene Baumprofis können Sicherheit tatsächlich gewährleisten.

BLICK aktuell: Würden Sie heute einem Berufseinsteiger, der Sie um Rat bittet, dazu raten, eine Karriere in diesem Bereich anzustreben?

Gary Blackburn: Wer die Natur liebt, wer Bäume pflegen und erhalten möchte und noch dazu klettern kann und schwindelfrei ist, der ist für diesen Beruf sicher geeignet. Ganz wichtig ist Teamwork. Die Arbeit des Teams am Boden ist nicht weniger wichtig als die des Kletterers in der Krone. Jeder muss sich auf den anderen verlassen können. Jeder ist für die Sicherheit des anderen verantwortlich.

BLICK aktuell: Welchen Rat geben Sie diesem jungen Menschen mit auf den Weg?

Gary Blackburn: Die Natur ist unser größter Lehrmeister. Wir sollten lernen, in Harmonie mit der Natur zu leben. Statt Steingärten anzulegen, sollten wir unsere Gärten mit Wildblumen bepflanzen. Statt Bäume bis zur Wurzel zu fällen, sollten wir unseren Kunden empfehlen, Teile des Stamms stehen zu lassen als ein Biotop für Vögel und Insekten. Es gäbe noch viele weitere Beispiele und Ich hoffe so sehr auf ein Umdenken und erwarte, dass gerade junge Menschen diese Ideen weiter voranbringen.

BLICK aktuell: Und zum Abschluss die ganz persönliche Stimmungsfrage: Ist Ihr Beruf momentan eher Traum oder eher Job?

Gary Blackburn: Es ist für mich ein Albtraum, durch die Wälder im Westerwald, der Eifel und im Siebengebirge zu gehen und dem Baumsterben bedingt durch den Klimawandel zusehen zu müssen. Es macht mir viel Hoffnung, dass wir täglich Kunden bei einer ökologischen Neubepflanzung von Gärten und Parks beraten dürfen und sich die Erfolge bereits zeigen. Insekten und Vögel kehren dorthin zurück und beleben die Landschaft. Die Natur braucht nicht uns, aber wir brauchen die Natur. Mehr und mehr Menschen begreifen dies. Und das macht mir Hoffnung. -MX-

→ Weitere Beiträge der Reihe „Zwischen Traum und Job: Mein Beruf“

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