Die Rauhnächte
„Zwischen alten Nächten und neuen Hoffnungen – die Rauhnächte neu entdecken“
Wenn das Jahr sich dem Ende neigt und die Nächte länger werden, beginnt eine Zeit, die seit Jahrhunderten Menschen fasziniert: die Rauhnächte. Zwischen dem 25. Dezember und dem 6. Januar liegt eine ganz besondere Phase — zwölf Nächte, die oft als „Zwischen den Jahren“ gelten, eine Zeit des Übergangs, des Innehaltens und des Neubeginns.
Was viele nicht wissen: Bevor die Rauhnächte beginnen, gibt es die sogenannten Sperrnächte. Sie starten in diesem Jahr am 8. Dezember und führen bis zur Wintersonnenwende am 21. Dezember. Ab diesem Tag kehrt das Licht zurück, ganz langsam, Minute für Minute.
Und weil diese Zeit auf das Wiederkommen des Lichts zuläuft, geht es in den Sperrnächten vor allem um eines: loslassen.
Ich mag diese Vorstellung. Nicht erst am Jahresende aufzuräumen, sondern Schritt für Schritt innerlich Platz zu schaffen: unnötige Gedanken aussortieren, Dinge loslassen, Notizen machen, die man nicht mit ins neue Jahr nehmen möchte.
Es ist erstaunlich, wie befreiend es sein kann, einmal aufzuschreiben, was man hinter sich lassen möchte – und es damit auch innerlich „abzusperren“.
Wenn dann am 25. Dezember die Rauhnächte beginnen, öffnet sich ein anderer Raum: ein Raum fürs Wünschen, Hoffen und Neuorientieren.
Besonders berührend finde ich das 13-Wünsche-Ritual. Alle Wünsche werden positiv formuliert.
Wer nachzählt, merkt schnell: zwölf Nächte – aber dreizehn Wünsche.
Zwölf davon werden in den Rauhnächten verbrannt, ungelesen, jeder für eine Nacht.
Ein Wunsch bleibt übrig.
Und genau diesen darf – oder besser: muss – man sich im neuen Jahr selbst erfüllen.
Ich sammle meine Wünsche nicht erst kurz vorher. Ich beginne schon jetzt damit.
Das Schöne daran: Man merkt, wie sich die eigenen Gedanken sortieren, was wirklich wichtig ist – und was nur laut war, aber nicht wesentlich.
Es ist kein großes Ritual, eher ein kleines Werkzeug, das mich erinnert:
Das neue Jahr beginnt nicht erst am 1. Januar.
Man kann schon vorher damit anfangen, Licht zu suchen.
Vielleicht liegt genau darin der Zauber dieser Zeit:
dass in der dunkelsten Phase des Jahres etwas wächst, das uns leise in Richtung Hoffnung schiebt.
Nadine Kreuser
