
Am 02.05.2025
Allgemeine BerichteIFT-Experten schlagen Hotel und Tagungen vor
Eine Zukunftsperspektive für die Stadthalle Heimathaus
Neuwied. Normalerweise verirren sich nur selten und ganz vereinzelt Bürger in die Ausschusssitzungen der Stadt Neuwied. Anders am vergangenen Mittwoch, als die Zukunft des Heimathaus auf der Agenda der Ausschüsse für Planung und Hochbau stand.
Die Verwaltung hatte die Neuwieder ausdrücklich eingeladen, um sich die Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie anzuhören und Fragen zu stellen. Jan-F. Kobernuß und Katja Stefanis von der IFT-Freizeit und Tourismusberatung GmbH schlagen einen kompletten Neubau der Stadthalle, inklusive Hotel und den Ausbau als Tagungsstandort vor.
Beigeordneter Ralf Seemann, kritisierte die Darstellung in der Tagespresse und wies ausdrücklich darauf hin, dass es sich lediglich um ein Konzept handelt, von dem man noch sehr weit entfernt sei. Und ob es überhaupt in dieser Form umgesetzt wird, sei ebenfalls völlig offen.
Der Stadtvorstand rief aus der Bürgerversammlung im Oktober in Erinnerung: „Wenn wir schon 16 Mio. Euro oder allein nur 5 Mio. Euro für den Brandschutz zur Aufrechterhaltung des Betriebs investieren, sollten wir uns grundsätzliche Gedanken machen“.
Genau hier setzt die Machbarkeitsstudie an. „Das Einzugsgebiet aus 30 Minuten liegt bei 710.000 Menschen, innerhalb von 60 Minuten bei 4 Mio.“, erklärte Jan-F. Kobernuß. Eigentlich ein schönes Potential, wenn da nicht gleichzeitig ein sehr starker Wettbewerb wäre.
Der IFT-Geschäftsführer verwies auf die Großräume Köln/Bonn, Rhein/Main aber auch auf die umliegenden Städte Koblenz und Andernach. Daher sehen die Experten wenig Potential im Veranstaltungsbereich. Stattdessen mangele es in Neuwied an Räumlichkeiten für Tagungen und Kongresse. Die wiederum bedürfen Übernachtungskapazitäten. „Hier haben wir einen Fehlbedarf“, erklärte Katja Stefanis und erklärte damit die Notwendigkeit eines kompletten Neubaus der Stadthalle mit Hotel. Derzeit gebe es in der Stadt rund 850 Betten und mit 63.000 Übernachtungen sei der Trend rückläufig.
Neuwied Schlusslicht der Region
Neuwied sei das Schlusslicht in der Region. Selbst in Andernach und Montabaur übernachten mehr Menschen als in Neuwied. „Das Heimathaus wirkt in die Jahre gekommen“, berichtete Katja Stefanis und erläuterte den Anspruch an moderne Veranstaltungsstätten. Diese müssten flexibler einzusetzen und mit mehr Räumen ausgestattet sein sowie eine bessere Technik bieten.
Ein Argument, dass in der späteren Fragerunde geteilt wurde. Ingo Bischoff berichtete, dass die Andienung an die Bühne unüblicherweise und sehr aufwendig durch die komplette Halle erfolgen muss. Der Vorschlag der IFT sieht daher den Neubau mit einer Bühne zum Vorplatz hin. Das Gebäude soll eine Kapazität für bis zu 600 Personen haben, Säle und Tagungsräume vorhalten und komplett vom historischen Gebäudeteil in der Schlossstraße abgekoppelt sein. Auf diese Weise könnte die Anzahl an Veranstaltungen von 94 auf 250 pro Jahr erhöht werden. Mit insgesamt 450 Belegtagen errechnen die Experten Mieterlöse von jährlich 250.000 Euro. Derzeit liegen sie bei 33.000 Euro/Jahr.
Jan-F. Kobernuß und Katja Stefanis sehen ausreichend umliegende Flächen, die mit einbezogen werden könnten. Ausdrücklich auch die Luisenstraße. Einem Bürger, der auf fehlende Parkplätze und zusätzliche Bedarfe für den Hotelbetrieb verwies, entgegnete Oberbürgermeister Jan Einig, dass ein mehrgeschossiges Parkhaus die Lösung sein könnte. Zu dem Hotel führte Jan-F. Kobernuß aus, dass sich ein „Green Design Hotel“ mit 100 Zimmern plus 20 Boardinghouse-Apartments und hohen ökologischen Standards anbietet. So etwas gebe es in Neuwied noch nicht. Um die bestehende Gastronomie zu stärken, denken die Planer an ein Hotel Garni.
Positive Aspekte für die Stadt
In ihrer Konzeption sieht die IFT jede Menge positive Aspekte für die Stadt: Die Sicherung des Kultur/Unterhaltungsprogramms, mehr Gäste und Übernachtungen durch Tagungen, eine höhere städtische Attraktivität und eine städtebauliche Aufwertung. In seinem Schlusswort unterstrich Ralf Seemann, am Anfang eines ganz langen Wegs zu stehen. Wenn das Konzept stünde, bedarf es der Architektur in Form einer Ausschreibung oder Wettbewerbs. Das dickste Fragezeichen stünde hinter der Finanzierung. Hier müssten Fördermöglichkeiten eruiert werden und möglicherweise ein Investor mit an Bord geholt werden.
Der Dezernent verwies darauf, dass angesichts knapper Kassen die Prioritäten derzeit woanders lägen. Gleichzeitig geht er davon aus, dass eine Veranstaltungshalle in der Regel nicht kostendeckend, geschweige mit einem positiven Betriebsergebnis, unterhalten werden kann. Womöglich müsse die Stadt den Betrieb bezuschussen, damit sich auch Vereine das Heimathaus leisten können.
In der abschließenden Fragerunde meldete sich unter anderem Jörg Germandi zu Wort. Zur Aufwertung Neuwieds begrüßte der Geschäftsführer des Food-Hotels den Ausbau von Übernachtungskapazitäten. Seiner Beobachtung nach sei der Tagungsbereich aber rückläufig und in Anbetracht der in Frage stehenden Betriebswirtschaftlichkeit dürfte es schwer sein, einen Investor zu finden. Weil die Zukunft des Heimathaus völlig offen ist, hat der Stadtrat grünes Licht für eine mehrjährige Übergangslösung gegeben. In der Nähe des Bahnhofs, unweit des Finanzamts, soll eine mobile Veranstaltungshalle errichtet werden. Die Halle stand bisher bei Schloss Johannisberg im Rheingau und diente dem Rheingau Musikfestival als Spielstätte.
FF

In der abschließenden Fragerunde konnten sich Ausschussmitglieder und Bürger/innen an die Autoren der Studie wenden.