Andreas Wittpohl wünscht sich ein International Crisis Center Ahr für das Ahrtal
Katastrophen verständlich machen
Kreis Ahrweiler. Die Flutkatastrophe liegt nun über ein Jahr hinter den Menschen im Ahrtal. Die Narben, die das Unglück hinterlassen hat, sind noch überall sichtbar und die Menschen sind für das Thema Naturkatastrophe sensibilisiert. Das weiß auch Andreas Wittpohl. Der Touristikfachmann stellte nun kürzlich ein Konzeptpapier zum Projekt ICCA vor. Die Abkürzung steht für „International Crisis Center Ahr“ und somit einem Ort, an dem an Lösungen von Katastrophen und Krisen gearbeitet werden kann.
Das Konzept stellt sich Wittpohl so vor: Etwa 30 Prozent des ICCA sollen sich thematisch um die Flutkatastrophe im Ahrtal drehen. Somit soll weder ein reines Museum noch eine schiere Dokumentationsstätte werden. Dennoch sollen großflächige Ausstellungen die Macht der Naturgewalt anschaulich darstellen. Dazu sollen Trümmerteile der Flut - verbogene Schienenstränge, Autowracks oder komplette entsorgte Hausstände ausgestellt werden. Auch die Solidarität der Helfer soll thematisiert werden. Von dem Ausmaß der Katastrophe berichten Film- und Fotopräsentationen. Zudem soll es ein großes Modell des gesamten Ahrtals von Blankenheim bis Sinzig geben, an dem die Geschehnisse des 14. und 15. Juli im Zeitraffer dargestellt werden. Auf weiteren 30 Prozent soll es Wechselausstellungen zum Thema Katastrophen im Allgemeinen geben. Mögliche Themen sind hier Dürreperioden, das Ansteigen des Meeresspiegels, aber auch Terror- oder Cyberangriffe. Dazu sollen Foren und Workshops veranstaltet werden um die dargestellten Themen für das Publikum verständlich und zukunftsorientiert aufzuarbeiten. Die restlichen 40 Prozent der Fläche soll Raum für Lehre und Forschung bieten sowie Verwaltungseinrichtungen, Sanitärräume und vielem mehr.
Ambitionierte Pläne
Andreas Wittpohl denkt dabei in großen Maßstäben: 5000 Quadratmeter Ausstellungsfläche bräuchte es zur Realisierung des ICCAs, weitere 2000 Quadratmeter sollen im Außenbereich zusätzlich für Ausstellungen nutzbar sein. Für die Realisierung sollen renommierte Architekten gewonnen werden. Geht nach es nach Wittpohl, könnte ein solches Krisencenter bereits 2026 - und somit fünf Jahre nach der Flut - eröffnet werden. Der Vorteil läge laut Wittpohl auf der Hand: „Das Ahrtal, der Kreis Ahrweiler, das Land Rheinland-Pfalz, der Bund sowie unsere Gesellschaft und Umwelt per se würden mit diesem internationalen Treffpunkt im Ahrtal zu den genannten hochaktuellen und wichtigen Themen auch als Think-Tank und Wissenszentrum inhaltlich, ethisch und moralisch sowie wirtschaftlich profitieren“, ist er sich sicher. Und: „im Ahrtal kann ein Ort geschaffen werden, der all diesen Themen einen Sitz, eine Heimat gibt. Authentisch – am Ort der Flutkatastrophe – kann an Lösungen zu Katastrophen und Krisen gearbeitet, geforscht, präsentiert und kommuniziert werden, um Katastrophen, die in Zukunft immer häufiger auftreten werden, zu verhindern, vorherzusagen oder zumindest abzuschwächen.“ Als Standort sollte eine Fläche im Überflutungsgebiet nahezu unter der A 61 - Autobahnbrücke und zum Teil „schwebend“ über der Ahr gewählt werden. Auf Stelzen oder Stützen wäre das ICCA dann hoch genug, um von etwaigen weiteren Hochwassersituationen nicht gefährdet zu werden.
Aufschwung für die Wirtschaft erhofft
Durch den Anspruch, ein internationaler Treffpunkt mitten im Ahrtal zu schaffen, könnte auch die Wirtschaft angekurbelt werden und die könnten Übernachtungszahlen steigen. Ein Faktor, der die Lebensqualität der Menschen im Ahrtal nachhaltig verbessern soll. Bevor sich ein ICCA rentiere, müsse zunächst investiert werden. Wittpohl rechnet mit einem Kostenpunkt von einem zweistelligen Millionenbereich.
ICCA könnte Vorteile bringen
Aber wie denken die lokalen Akteure aus Wirtschaft und Tourismus über den ambitionierten Plan? Jörg Schäfer ist Vize-Präsident der IHK Koblenz und zeitgleich Vorsitzender des Regionalbeirats der IHK im Kreis Ahrweiler. „Ein Projekt wie das ICCA wäre sicherlich eine Bereicherung für die gesamte Region“, so Schäfer. Man müsste allerdings über eine Machbarkeitsstudie herausfinden in welcher Größenordnung eine Realisierung durchführbar wäre Dazu gehöre auch, das man die nötige Fläche zur Verfügung habe, was generell nicht so einfach sei, wie Schäfer unterstreicht. „Erfahrungsgemäß seien diese Studien auch nicht ganz billig“, fügt er hinzu. Aber: „Für die Bereiche Wirtschaft, Tourismus und Bildung könnten durchaus für die gesamte Region, Vorteile entstehen.“
Studie muss her
Auch Christian Lindner, Vorsitzender des Ahrtal-Tourismus, hat eine Meinung zu dem Projekt ICCA. „Die Idee des ICCA, auch in den angedachten Dimensionen, wäre selbstredend ein großer Gewinn für die Region. Wenn mir morgen jemand sagen würde: „Das kommt und es ist alles geregelt“, würde ich das sicher unterschreiben“, sagt Lindner. „Allerdings sehe ich das persönlich momentan noch nicht. Vielleicht wäre eine hochprofessionelle Machbarkeitsstudie ein Weg, hier Licht ins Dunkel zu bringen und die großen Fragen, die ein solches „Mammut-Projekt“ mit sich bringt, zu beleuchten und zu einer klaren Empfehlung zu kommen.“
Der Ahrtal-Tourismus könnte eine Studie weder begleiten, noch finanzieren. „Dafür sind die momentanen Aufgaben, die wir uns auch selber auferlegt haben - zum Beispiel mit der Erarbeitung des „Nachhaltigen Tourismuskonzepts Ahrtal 2025“ - zu groß“, so Lindner. ROB
