Kerstin Sievert, Inhaberin der Eckladen 1910 in Remagen

„Meine Umsätzetendieren gegen Null“

„Meine Umsätze tendieren gegen Null“

Kerstin Sievert. Foto: privat

BLICK aktuell: Der Lockdown geht erneut in die Verlängerung. Wie beurteilen Sie die Maßnahme?

Kerstin Sievert: Die erneute Verlängerung des Lockdowns ist nur schwer zu ertragen – was fehlt, ist vor allem eine Perspektive der Öffnung. In den zurückliegenden Wochen wurde in der öffentlichen Diskussion gerne pauschal der Handel als mögliche Ansteckungsquelle genannt. Ich habe allerdings keine belastbaren Zahlen gefunden, die dies belegen. Gleichzeitig boomt der Onlinehandel. Meine Sorge ist, dass es schwierig wird, diesen sich verfestigenden Trend wieder umzukehren.

BLICK aktuell: Wie hoch sind die finanziellen Einbußen in den letzten Monaten?

Sievert: Durch die verfügte Schließung zum 15.12.2020 fehlen dem Einzelhandel einige der umsatzstärksten Tage. Im Weihnachtsgeschäft wird normalerweise das Polster gebildet, dass man für die ruhigen Monate am Anfang des Jahres braucht. Mein Geschäft lebt sehr stark davon, dass die Kunden in Ruhe stöbern können und von der persönlichen Beratung. Beides darf derzeit nicht stattfinden. Dementsprechend tendieren meine Umsätze im Januar und Februar gegen Null.

BLICK aktuell: Wie steht es um die Hilfszahlungen der Politik? Kommen die an und wie hoch sind die bürokratischen Hürden? Sievert: Für die Corona-Hilfen, die dem Einzelhandel in der Zeit seit dem 15.12.2020 helfen sollen zu überleben, kann man erst seit dem 11.02.2021 Anträge stellen. Dabei musste ich schon zum zweiten Mal in diesem Lockdown Miete, Strom usw. bezahlen – ohne Umsätze in meinem Geschäft. In einer ersten Information zu den aktuellen Corona-Hilfen habe ich gelesen, dass Fixkosten bis maximal 90 Prozent ersetzt werden sollen. Woher – und für wie lange – sollen die mindestens fehlenden 10 Prozent kommen? Zum Thema „Unternehmerlohn“ habe ich in dieser Information übrigens auch nichts gefunden. Dass die Antragstellung über die Steuerberater laufen soll, mag ja sinnvoll sein, verursacht aber auch Kosten. Ich habe glücklicherweise einen Steuerberater, der mir die Antragstellung abnimmt.

BLICK aktuell: Können Sie die Umsatzausfälle kompensieren, zum Beispiel durch ein Onlineangebot?

Sievert: Erste Analysen des vergangenen Jahres zeigen, dass nur die großen Bestellplattformen vom Onlinehandel-Boom profitieren konnten. Ich bin zwar online präsent, halte mich aber bewusst von den Riesen fern, weil man als kleiner Händler kaum Möglichkeiten hat, sich gegen die Geschäftspraktiken dieser „Global Player“ zur Wehr zu setzen. Entsprechend niedrig ist mein Online-Umsatz und auch „click & collect“ o.ä. wird nicht stark genutzt. Manche Stammkunden versuchen mich mit positiven Rückmeldungen aufzumuntern. Dafür möchte ich mich ganz herzlich bedanken.