Freilichtbühne am schiefen Turm

Sozialkritische Powerim Sommernachtstheater

Sozialkritische Power
im Sommernachtstheater

Das Ensemble der Kaisersescher „Freilichtbühne am schiefen Turm“ begeisterte auch heuer beim seinem Sommernachtstheater.

Sozialkritische Power
im Sommernachtstheater

Heulen und Zähneknirschen ist angesagt. Die Schuld für schlechte Noten muss bei der Lehrerin liegen.

Sozialkritische Power
im Sommernachtstheater

Ein Techtelmechtel unter anderweitig verheirateten Elternteilen geht natürlich niemand etwas an.

Sozialkritische Power
im Sommernachtstheater

Frau Müller versteht die Welt nicht mehr. Sie versteht sich als gute Pädagogin und kommt mit den Kids klar.

Sozialkritische Power
im Sommernachtstheater

Der Elternbeirat der Schule ist sich bei seinem Treffen zunächst sicher: „Frau Müller muss weg..!“

Kaisersesch. „Wenn die eigenen Kinder in der Schule nicht die erwarteten Leistungen bringen, ist heutzutage zunächst mal der unterrichtende Pädagoge schuld!“ So jedenfalls die Auffassung des Elternbeirats, dessen fünfköpfiges Scharmützel (weitere Eltern wollten sich nicht daran beteiligen) diesbezüglich die Klassenlehrerin Sabine Müller zu einem Elternabend in den Musikraum der Schule zitiert haben. Hier beeindruckt zum Auftakt Mandy (Alina Spieß), als Anführerin der Gymnasium-Putzkolonne, mit der Gesangseinlage „I got a feeling“.

„Frau Müller muss weg“, lautet danach der Tenor der eintreffenden Eltern Jessica Höfel (Simone Spieß), Wolf Heider (Stephan Hilken, Thomas Ellerich), Katja Grabowski (Kirsten Roscher), Marina Jesko (Nadine Gründer, Daniela Gödert), sowie Patrick Jesko (Gerd Röser, Walter Loreth). Vielleicht bis auf Katja, die im Prinzip keine Einwände gegen die Klassenlehrerin hat.

Die muss sich in der Folge einem wahren Spießrutenlauf mit haltlosen Vorwürfen unterziehen, die von den schlecht argumentierenden Elternteilen als cholerische Breitseite abgeschossen werden und dabei auch heftig die Gürtellinie unterschreiten. Allen voran Schreihals Wolf Heider, der sich als Wüterich der schlimmsten Art offenbart und auf diese Weise versucht, alle anderen von seiner Meinung zu überzeugen.

Dabei ergeht er sich auch in Kraftausdrücken, die eines korrekt erziehenden Vaters keinesfalls würdig sind. Frau Müller ist ob der unzutreffenden Vorwürfe zunächst sprachlos und total von den Socken, als sie sich der Schimpfkanonade und der Forderung der Eltern, als Klassenlehrerin zurückzutreten, ausgesetzt sieht. Dann platzt ihr schließlich der Kragen, und sie macht die elterlichen Ankläger/innen mit den wahren Unzulänglichkeiten ihrer verwöhnten Bälger bekannt. Danach verlässt sie wütend die Örtlichkeit, um den Kopf frei zu bekommen.

Nach anfänglichem Zögern geraten sich jetzt besagte Eltern in die Haare und ergehen sich hier in gegenseitigen Schuldzuweisungen, die nicht nur die Kindeserziehung, sondern auch ihr eigenes Fehlverhalten innerhalb der Gesellschaft schamlos offenbaren. Mit einbezogen und künstlich aufgebauscht wird dann auch noch der allseits gegenwärtige Ossi-Wessi-Konflikt, da die jeweiligen Familien aus unterschiedlichen Bundesländern stammen. In dessen Verlauf scheut man auch vor einer handgreiflichen Auseinandersetzung nicht zurück. Als man entdeckt, dass Lehrerin Müller ihre Schultasche zurückgelassen hat, wird diese zwecks Informationsfindung augenblicklich durchstöbert. Hier trifft man auf ein erstelltes Zensurenblatt für die Kids der Anwesenden, das offensichtlich gute Noten verspricht. Augenblicklich dreht sich der Wind bezüglich der An- und Absichten über Frau Müller und man kommt schließlich überein: „Frau Müller muss bleiben..!“

Als diese wieder auf der Bildfläche erscheint, um ihre vergessene Tasche aufzunehmen, will sie wegen Verstoßes gegen ihre eigenen Prinzipien tatsächlich ihren Posten räumen. Jetzt ist vonseiten der Eltern Schleimen, Arschkriechen und Beschwichtigung mit Engelszungen angesagt, um Frau Müller zum Bleiben zu bewegen - was ihnen schließlich auch gelingt. Finaler Höhepunkt ist dann die abschließende Erkenntnis, dass es sich bei dem in der Tasche aufgefundenen Blatt um die Noten für ein altes Halbjahreszeugnis gehandelt hat. Resümierend eine sozialkritische Power-Satire mit Message, die mit überzeugenden Charakteren von trefflich aufspielenden Darstellern begeistern kann, allerdings nichts für Zartbesaitete ist. Hier wird kein Blatt vor den Mund genommen, und der Egotrip mancher Eltern im Bezug auf die Zukunft ihrer Kinder, sowie das typische kleinkarierte und vorurteilsbeladene Denken der Spezies Mensch, schamlos und mit klaren Worten in Stein gemeißelt.