Fotograf Ralf Schuhmann entführt in der Galerie M.A.SH zu ungeahnten Stellen, die Schönheit entfalten

Was in der Stadt zu entdecken ist

Was in der Stadt zu entdecken ist

Ralf Schuhmann: Der Moment des Entdeckens ist das Wichtigste“. Fotos: HG

Was in der Stadt zu entdecken ist

Schwarz-weiß und farbig: Blick in die neue Ausstellung.

Remagen. Die Kunst rührt sich wieder. Mit Ralf Schuhmann und seinen unter dem Titel „Urban“ vereinten Fotos zieht nach einer Ausstellungspause erneut eine Präsentation in der Galerie Modern Art Showroom, M.A.SH., ein. Zuletzt waren dort Fotomontagen von Almuth Leib zu sehen. Die Galeristin freut sich über die Fortsetzung durch den neuen Aussteller. Ebenso begrüßt es Schuhmann, in der Galerie seine Arbeiten zu zeigen. „Es ist ein schöner Raum“, sagt der Künstler. Nachdem er dort eingeräumt hat, wirkt die Galerie im besten Sinne aufgeräumt. Schwarz-Weiß-Fotos hängen doppelt gereiht in gleichgroßen Rahmen. Dass deren Passepartout mal ein, mal zwei oder gar vier Fotografien fassen, lockert die Strenge auf. Dafür sorgen gleichfalls weitere Formate mit Farbbildern. Wer glaubte in der „Urban“-Ausstellung womöglich großen Architekturen zu begegnen, der wird im M.A.SH. eine Überraschung erleben. Denn Fotograf Ralf Schuhmann blickt nicht auf Skylines. Er sucht auch keine Industriestandorte auf oder fokussiert bekannte Sehenswürdigkeiten. Vielmehr führt der 1962 in Leipzig geborene und seit einigen Jahren in Remagen lebende ausgebildete Fotograf und studierte Künstler zu Impressionen im Alltag, die ihre ganz eigene Schönheit entfalten. Wie passt da eine südfranzösische Palme zwischen Dünen hinein? Aufgepasst, es sind gar keine Dünen, sondern Zick-Zack-Mauern, hinter denen Treppen verborgen sind. Ansonsten geht Schuhmanns Blick nach oben zu Hauswänden, aber oft auch nach unten, wo er etwa die Spiegelung eines Radfahrers in der Pfütze aufgreift. Auf der Straße fängt er Beine samt ihrer mehr Mensch abbildenden Schattenwürfe ein.

Mysteriöse Asphaltflecken

Einige verharren, wie zwei Männerbeine in Stoffhose auf einer gepflasterten Fläche, in der unvermittelt der Schatten eines Fahrradsattels auftaucht. Die meisten sind in Bewegung: betreten den Bürgersteig vorbei an einem Gully Deckel, eilen über Straßenbahnschienen. Unangestrengt vermittelt sich dem Betrachter, was stadttypisch ist: dass viele unterwegs sind, ihren jeweiligen Zielen entgegen, ohne miteinander in Berührung zu kommen. Überwiegend kommen die Fotos ohne Menschen aus. Es faszinieren mysteriöse Asphaltflecken in körnigem Schwarz auf abgefahrenen glänzenden Basaltsteinen oder eine helle, vielfach geborstene Flickstelle aus Zement, die sich zauberhaft auf dunklem Grund ausnimmt. Einen eigenen Kosmos bilden auch jene im Rund sich kreuzenden Reifenspuren im Schnee vom Wendehammer im Remagen-Kripper Neubaugebiet „Lange Fuhr“. Schön kross zeichnen sich die Profile im angefrorenen Weiß ab. Eine gelungene Momentaufnahme. „Ich habe immer eine kleine Kamera dabei. Denn wenn man wiederkommt, findet man vielleicht die Stelle nicht wieder, das Licht ist anders und die ganze Situation ist vorbei“, sagt Schuhmann.

Lust am Sehen

Natürlich geht der Profi auch geplant auf Fotopirsch. Doch wenn er unbeabsichtigt auf spannende Motive stößt, steht für ihn nicht einmal das Foto-Ergebnis an erster Stelle. „Man sieht diesen Schatten, da ist man gefesselt. Dann macht man ein oder zwei Aufnahmen, der Moment des Entdeckens ist das Wichtigste“, betont Schuhmann. Die ausgewählten Bilder, lauter Sehfunde, aufgegriffen im städtischen Umfeld von Leipzig, Berlin und Bonn, Remagen, Koblenz und New York, für deren Zusammenstellung es keinen Masterplan gab, wollte der Fotograf „mal alle zusammen an der Wand sehen“. Vorhaben geglückt. Ob er Bilder von der Straße eingefangen hat, Fassadengliederungen, eine malerische Brandmauer aus Backsteinen oder Stapel zart lila verpackter Baumaterialien von annähernd skulpturaler Wirkung: es lohnt sich immer zweimal hinzuschauen, um den Strukturen und Kontrasten, der Stimmung von Licht und Schatten nachzuspüren und schlichtweg Schuhmanns Einladung zu folgen, sich der Lust am Sehen hinzugeben. Die Ausstellung in der Kirchstraße 25 hat bis 4. Oktober geöffnet: immer samstags und sonntags von 14 bis 17 Uhr.