Stadt Meckenheim erinnert an die fürchterlichen Ereignisse am 9. November 1938
Würdevolles Gedenken an die Reichspogromnacht
Meckenheim. In tiefer Ehrfurcht und Demut hat Bürgermeister Sven Schnieber der unzähligen Opfer und der Toten der Reichspogromnacht des 9. Novembers 1938 gedacht. Gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern des Konrad-Adenauer-Gymnasiums erinnerte er an die fürchterlichen Ereignisse von damals und mahnte zur Wachsamkeit. Auch die Ehrenvorsitzende der Synagogengemeinde Bonn Dr. Margret Traub wandte sich mit eindringlichen Worten an die Bürgerinnen und Bürger, die sich am Gedenkstein am Synagogenplatz in der Meckenheimer Altstadt eingefunden hatten. Im Anschluss an die Kranzniederlegung setzte sich ein Schweigemarsch zum jüdischen Friedhof in Bewegung. Dort fand die städtische Gedenkstunde mit dem Entzünden der Kerzen und einem Gebetsvortrag von Oleg Holoborodski von der Synagogengemeinde Bonn ihren würdevollen Abschluss.
In seiner Ansprache vergegenwärtigte Sven Schnieber die Wichtigkeit des Gedenkens an die Pogromnacht und an den durch die Nazis verübten Massenmord an den Jüdinnen und Juden. „Die Weitergabe der Geschichte an die nächsten Generationen gewinnt sogar an Bedeutung, denn die letzten Überlebenden und Zeitzeuginnen und Zeitzeugen von damals werden nicht mehr lange unter uns weilen. Somit nehmen wir, die wir die grausame Geschichte kennen, eine bedeutende Rolle ein, um die Vergangenheit als abschreckendes Kapitel deutscher Historie in die Zukunft zu tragen.“ Dass viele Menschen der Konfrontation mit der furchtbaren Wahrheit über die eigene Vergangenheit zunehmend überdrüssig seien und einen Schlussstrich ziehen wollten, kritisierte der Bürgermeister als fatale Fehleinschätzung. Es dürfe niemand irrtümlich annehmen, dass eine Wiederholung der schrecklichen Verbrechen automatisch gewährleistet sei. „Gerade deshalb ist es absolut notwendig, das Wissen darüber zu bewahren und weiterzugeben.“
Sven Schnieber verdeutlichte: „Antisemitische Gewalt begegnet uns heute leider wieder zunehmend und of in neuen Formen – online wie offline, subtil oder offen, mit alten Motiven, aber neuen Strategien.“ Er verwies darauf, dass viele junge Menschen wenig über den Holocaust wissen. So hatte erst kürzlich die Tagesschau getitelt und sich auf eine Umfrage der Jewish Claims Conference bezogen. Der neue Digital-Report ‚Der Holocaust als Meme‘ der Bildungsstätte Anne Frank analysierte sogar, wie in digitalen Räumen die NS-Geschichte umgedeutet wird. „Obacht, die perfide Umkehr der Historie hat längst eingesetzt“, warnte der Bürgermeister. Besonders die jüngere Generation sei anfällig für Geschichtsverdrehung. „Sie nutzt vermehrt TikTok, Instagram, KI und Co. Als vermeintlich seriöse Informationsquelle, noch bevor das Thema in der Schule auf dem Stundenplan steht“, deutete Sven Schnieber auf zweifelhafte History-Accounts auf Social-Media-Plattformen hin. Laut Bildungsstätte Anne Frank versorgen diese Quellen junge Menschen mit verzerrten oder falschen Fakten. „Das digitale Angebot an niederschwelligen Informationen, aufbereitet in verständlicher Sprache, ist riesig und wächst weiter. Damit steigt zusehends die Gefahr, Verzerrungen und revisionistischen Umdeutungen von Geschichte zu erliegen. Rechtsextreme Influencerinnen und Influencer wissen längst um diese Möglichkeiten – um diese Macht. Sie sind im Netz äußerst präsent und aktiv und verstehen es, junge Nutzerinnen und Nutzer auf ihre politische Agenda einzuschwören“, mahnte Sven Schnieber.
Er wertete es als gemeinsame Verantwortung und Bürgerpflicht, Antisemitismus entschieden entgegenzuwirken, die Erinnerung an die Opfer der Reichspogromnacht lebendig zu halten und für eine offene, tolerante und humane Gesellschaft einzutreten. „Jede und jeder von uns muss wachsam sein, sich gegen jede Form der Ausgrenzung stellen und für Demokratie und Menschlichkeit einstehen, damit sich jene Nacht vom 9. auf den 10. November niemals wiederholt. Denn die Geschichte lehrt uns: Gleichgültigkeit und Ignoranz sind der Nährboden für Hass und Gewalt.“
Seine Rede beendete der Bürgermeister mit dem Zitat einer bedeutenden Persönlichkeit und engagierten Zeitzeugin, die den Holocaust als einzige aus ihrer Familie überlebte und in diesem Jahr im Alter von 103 Jahren in Berlin verstorben ist: Margot Friedländer. „Sie hat die Menschen durch die Schilderungen ihres ganz konkreten Schicksals berührt und wachgerüttelt - und uns eine eindringliche Botschaft hinterlassen: ‚Wir sind alle gleich. Seid Menschen!‘
Pressemitteilung
Stadt Meckenheim
