Autofaster berichten über ihre Erfahrungen
Heilsam für Leib und Seele
Koblenz. „115 Frauen und Männer haben in diesem Jahr in der Region Koblenz beim Autofasten mitgemacht - das sind noch mal zwölf mehr als 2012“, freut sich Dekanatsreferent Hans-Peter Kuhnen. Er hat die Aktion, die in diesem Jahr zum 16. Mal stattgefunden hat, von Seiten der Veranstalter begleitet. Die Aktion wird getragen von der Katholischen und Evangelischen Kirche im Südwesten Deutschlands, von der katholischen Kirche in Luxemburg, von Umweltorganisationen und Verkehrsverbünden. Jedes Jahr lädt sie dazu ein, neue Formen der Mobilität auszuprobieren. Viele Teilnehmer hätten ihm geschrieben, wie sie die Zeit erlebt, gestaltet und verbracht haben, sagt Kuhnen. Annette Bossmann aus Bendorf-Sayn berichtet, sie habe möglichst oft versucht, auf die andere Rheinseite nach Andernach mit dem Fahrrad zu fahren. Dabei sei ihr aufgefallen, wie oft sie viele Strecken immer noch mit dem Auto gefahren sei. „Die Alternative zum Rad bei Schneewetter, öffentlicher Nahverkehr vom Hinterland nach Andernach ist nur mit Riesenzeitaufwand wegen nicht abgestimmter Busverbindungen zu schaffen und damit wirklich ein Opfer ohne Reiz.“ Die Schönstatt-Schwester Marié Munz wertet ihr Autofasten als „Geschenk und Herausforderung“. Ihr sei bewusster geworden, welche Wege wirklich nötig sind und welche nicht. Der Prozess der Verlangsamung des Alltags durch „Geh-Zeiten“ sei heilsam für Leib und Seele gewesen. In den Bussen und Bahnen sei sie in „sehr gute Gespräche“ gekommen, buchstäblich über Gott und die Welt. Der Koblenzer Walter Weber schreibt, er sei an 19 von 30 Tagen ohne Auto ausgekommen und sei „per pedes“ und mit dem Fahrrad dank des trockenen Wetters gut zurecht gekommen. An den autofreien Tagen habe er die vielen Gespräche mit Bekannten, die er traf, sehr genossen. Ellen Kübler empfindet als besonders positiv, dass sie gemerkt habe, wie entspannt Bus- und Bahnfahren sein kann und wie viele Wege „zu Fuß gar nicht so weit sind, wie sie scheinen“. Auch der 57- jährige Pastoralreferent Günter Leisch aus dem Dekanat Maifeld-Untermosel wollte „mal ausprobieren, ob das auch auf dem Land geht“. Viele Fahrten habe er nicht mit Bus oder Bahn bewältigen können, aber „heute bin ich von Saffig aus mit dem Fahrrad nach Andernach und von dort aus nach Koblenz mit dem Zug gefahren“. Bei jeder Zugfahrt habe er den Ausblick auf die Landschaft genossen, gelesen und erfahren, dass es durchaus Alternativen zum Auto gebe. Seine drei Kinder hätten ihn während der vier Wochen genau beobachtet, wie oft er Fahrrad fuhr oder zu Fuß ging. Auch Bekannte hätten ihn immer wieder auf das Autofasten angesprochen. Er habe Fahrten und Ausflüge genauer planen müssen, aber er habe auch eigene Gewohnheiten hinterfragt und verändert. „Ich werde mein Auto nicht abschaffen, ich brauche es, aber ich sehe genauer hin, ob ich Auto fahre oder es in der Garage stehen lasse.“ Einige Teilnehmer regen an, das Leitwort „Autofasten“ zu überdenken. Es sei negativ besetzt. Dekanatsreferent Kuhnen widerspricht dem: Es sei wichtig, den Begriff zu erklären und ins Bewusstsein zu rücken, dass „Fasten“ nicht zwingend gänzlichen Verzicht, sondern lediglich bewussteres Tun bedeute. Da stimmt Stephan Pauly, Geschäftsführer des Verkehrsverbundes Rhein-Mosel (VRM) zu. Er freut sich, dass viele Autofaster ein verbilligtes Ticket gekauft hatten. „Ich würde mich freuen, wenn es noch mehr wären. Da wünsche ich mir einfach noch mehr Werbung und Unterstützung in und aus den Kirchengemeinden.“ Der VRM-Geschäftsführer kündigt an, auch im nächsten Jahr wieder mitzumachen - und das sage er auch als überzeugter Katholik und nicht nur, weil er sich vom Autofasten mehr Fahrgäste erhofft.
