Juden und Christen gedachten der Opfer der Pogromnacht und zogen zum Hauptbahnhof
Laufschrift erinnert an Deportierte
Koblenz. „Von diesem Bahnhof sowie dem ehemaligen Güterbahnhof Koblenz-Lützel wurden während der Terrorherrschaft des Nationalsozialismus weit über eintausend Juden, Sinti und Roma, Kommunisten, Sozialdemokraten, Gewerkschafter, engagierte Christen, Bürgerliche, katholische und evangelische Geistliche, Zeugen Jehovas, Emigranten, Zwangsarbeiter, Homosexuelle, Kriegsdienstverweigerer und andere Opfer verschleppt. Fast immer stand am Ende ihrer Reise der Tod.“ Diese Erinnerung an die schrecklichen Ereignisse während der Nazi-Herrschaft ist in einer Laufschrift am Koblenzer Hauptbahnhof zu sehen. Sie wurde gestartet durch Mitglieder der Christlich-Jüdischen Gesellschaft für Brüderlichkeit in Koblenz, die nach einer Gedenkstunde in der Synagoge am Moselufer gemeinsam mit Besuchern und Gästen zum Hauptbahnhof gegangen waren.
Anlass war der 75. Jahrestag der Reichspogromnacht, bei der die Nazi-Verbrecher 191 Synagogen anzündeten, 76 völlig vernichten, mehrere Hundert weitere Synagogen und Betstuben völlig demolieren und etwa 7000 Geschäfte jüdischer Einzelhändler zerstörten. In Koblenz erlitten fast alle jüdischen Mitbürger den Terror der NS-Schergen, die auch die Synagoge am Florinsmarkt demolierten.
Bei der Gedenkstunde in der überfüllten Synagoge am Moselufer sang zur Eröffnung Stefanie Maltha „Ich wandre durch Theresienstadt“. Sie wurde am Klavier begleitet von P. Alban Rüttenauer. Der Kantor der Jüdischen Kultusgemeinde Joseph Pasternak begrüßte die Gemeinde, unter ihnen zahlreiche Gäste u.a. von der Stadt Koblenz.
Die Jüdische Kultusgemeinde Koblenz umfasst die kreisfreie Stadt Koblenz, die Landkreise Mayen-Koblenz, Cochem-Zell, Rhein-Hunsrück, Rhein-Lahn, Westerwald, Altenkirchen und Neuwied. Ihr obliegt ihre eigene Selbstverwaltung, der jüdische Kultus, das jüdische Bestattungswesen, die jüdische Fürsorge sowie die jüdische Bildung, Lehre und Unterhaltung. Ferner betreut die Kultusgemeinde, sie hat fast 1000 Mitglieder, die rund 100 jüdischen Friedhöfe, die fast alle unter Denkmalschutz stehen.
Der Vorsitzende der Christlich-Jüdischen Gesellschaft Hans-Werner Schlenzig erinnerte an die Reichspogromnacht vor 75 Jahren. Auch die Christen tragen eine Mitverantwortung und Schuld an der Schoah: der Verfemung, Verfolgung und Ermordung der Juden im Dritten Reich. Angesichts der 2000-jährigen Leidensgeschichte des jüdischen Volkes hat in den christlichen Kirchen eine Neubesinnung begonnen.
Nach Gebeten, auch in hebräisch, biblischen Lesungen und Ansprachen, die von zwei Liedern der Sängerin und des Pianisten unterbrochen wurden, machte sich die Gemeinde auf zum Koblenzer Hauptbahnhof, um ein Menetekel zum Gedenken an die Transporte der vom NS-Regime Verfolgen und Ermordeten in Betrieb zu nehmen.
Musikalisch begleiteten Stefanie Maltha und P. Alban Rüttenauer die Gedenkstunde.
